Berlin. Die Omikron-Variante könnte die Anpassung der Impfstoffe gegen das Coronavirus notwendig machen. Doch wie lange könnte das dauern?

Virologen und Immunologen halten es nach Auswertung erster wissenschaftlicher Daten für notwendig, die Coronaimpfstoffe an die Omikron-Variante anzupassen. Doch wie lange würde es dauern, bis eine weitere Impfkampagne beginnen könnte? Ein Überblick.

Was sagen die Hersteller?

Eines vorweg: Für den Hersteller Biontech/Pfizer ist es noch nicht ausgemacht, dass es wirklich einen an Omikron angepassten Impfstoff braucht. Zunächst müssten in den nächsten Wochen weitere Ergebnisse aus Laboruntersuchungen sowie Erfahrungen über die tatsächliche Ausbreitung der Variante abgewartet werden, sagt Vorstandschef Uğur Şahin.

Gleichwohl arbeite Biontech weiter „mit voller Geschwindigkeit“ an der Anpassung. Die Produktion werde nicht komplizierter als bei dem jetzigen Impfstoff. Biontech stehe mit Blick auf die neuen Varianten-Studien in ständigem Kontakt mit den Zulassungsbehörden.

Innerhalb von sechs Wochen, erklärte Biontech, könnte das Vakzin angepasst sein und bei Genehmigung innerhalb von 100 Tagen erste Chargen ausgeliefert werden. Dafür seien bereits klinische Studien mit variantenspezifischen Impfstoffen gestartet worden, um Daten zur Sicherheit und Verträglichkeit zu erheben.

Biontech-Vorstand Ugur Sahin lässt mit Hochdruck an einer Anpassung des Vakzins arbeiten. Ob dies auch produziert wird, sei aber noch offen, sagte er.
Biontech-Vorstand Ugur Sahin lässt mit Hochdruck an einer Anpassung des Vakzins arbeiten. Ob dies auch produziert wird, sei aber noch offen, sagte er. © dpa | Frank Rumpenhorst

Diese könnten im Fall einer Anpassung bei den Behörden als Musterdaten vorgelegt werden. Die erwarteten Produktionsmengen von vier Milliarden Dosen des Impfstoffs im Jahr 2022 würden sich auch bei einer nötigen Anpassung nicht ändern.

Neben Biontech arbeiten eigenen Angaben zufolge auch die Hersteller Moderna, Johnson & Johnson und das Biotech-Unternehmen Novavax an angepassten Vakzinen. Der Corona-Impfstoff von Novavax wird aktuell von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA für eine Zulassung in der EU geprüft. Moderna geht laut der Nachrichtenagentur Bloomberg davon aus, Anfang 2022 eine neue Version seiner Impfung zur Verfügung zu haben. Konkreter wurde das Unternehmen bisher nicht.

Wie laut die Zulassung der angepassten Impfstoffe?

Die EU-Kommission hat bereits im März eine beschleunigten Zulassung von angepassten Covid-19-Impfstoffen beschlossen. Diese könnten zugelassen werden, „auch wenn der Europäischen Arzneimittel-Agentur nur in geringerem Umfang zusätzliche Daten vorgelegt werden“, teilte die Kommission mit. Das Verfahren biete schnelle und flexible Lösungen für beschleunigte Zulassungen ohne Abstriche bei Sicherheit und Wirksamkeit, versprach die für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständige EU-Kommissarin Stella Kyriakides.

Die EMA legte bereits Ende Februar Richtlinien für die Hersteller modifizierter Impfstoffe vor. Wenn der Mutter-Impfstoff bereits die Zulassung bekommen hat, dann muss der veränderte Wirkstoff nicht erneut das gesamte Verfahren durchlaufen. Eine klinische Testreihe über die Wirksamkeit mit einer geringen Zahl von Probanden sei ausreichend.

Die Hersteller sollen die Bildung von Antikörpern testen und auch die Wirkung von nur einer verabreichten Dosis des modifizierten Impfstoffs bei Personen untersuchen, die zuvor bereits mit dem Original-Vakzin geimpft worden sind. Alle Qualitätsstandards bei der Herstellung und Sicherheit müssten dieselben sein, betonte die Behörde in Amsterdam. Die Zulassung könnte trotzdem drei bis vier Monate dauern, erklärte Direktorin Emer Cooke in einer Fragerunde des Europäischen Parlaments.

Wann könnte die Impfkampagne in Deutschland starten?

Nach Zulassung und Auslieferung könnte es bei negativer Entwicklung eine weitere Impfkampagne brauchen, um Omikron zu stoppen. Diese könnte auf die Erfahrungen mit den ersten Auffrischungsimpfungen aufsetzen. Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) ist dafür nicht notwendig, die Politik kann das allein entscheiden.

Brauche es einen angepassten Impfstoff, werde Deutschland im kommenden Jahr die Impfkampagne damit fortsetzen, sagte der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch. „Wir werden so lange boostern und impfen, bis wir die Pandemie zu Ende gebracht haben.“