Berlin. Verschiedene Länder in Europa wollen einen Urlaub trotz Corona ermöglichen. Wie hoch ist die Infektionsgefahr bei Anreise im Flugzeug?

  • Die Europäische Agentur für Flugsicherheit hat Vorschläge zur Corona-Sicherheit in Flugzeugen erarbeitet
  • Bei Einhaltung des Mindestabstands drohen teure Ticketpreise
  • Filter von Klimaanlagen in Flugzeugen versprechen Sicherheit

Griechenland, Italien und Kroatien haben angekündigt, Sommerurlaub in ihrem Land trotz Coronavirus bald wieder möglich zu machen. Im Zuge dessen wird auch der Flugverkehr in diese Länder wiederaufgenommen.

So hat die Lufthansa bekannt gegeben, bis Ende Juni wieder 1800 wöchentliche Flüge zu 106 Zielen in Deutschland und Europa anzubieten. Doch wie sicher ist das Reisen in Zeiten der Corona-Pandemie eigentlich per Flugzeug?

Laut einer Studie des Instituts für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gaben 570 von 1000 Befragten an, dass sie sich wegen Corona unwohler fühlen, mit einem Flugzeug zu reisen. 380 Befragte versahen ihre Aussage sogar mit dem Prädikat „deutlich“.

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Corona: Gutachten mit Vorschlägen für Sicherheitsmaßnahmen im Flugzeug

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hatte bereits im April ein Papier mit Vorschlägen für Sicherheitsmaßnahmen für Fluggesellschaften während der Corona-Pandemie vorgelegt. Auf Wunsch der EU-Kommission ist daraus ein Gutachten entstanden, dass am 21. Mai veröffentlicht wurde.

Mithilfe entsprechender Hygiene-Konzepte möchte die EU-Kommission den Tourismus innerhalb Europas vorsichtig wieder ankurbeln. Sichere Hygieneregeln seien ein „entscheidender Faktor“ für die Wiederaufnahme kommerzieller Flüge, sagte EASA-Chef Patrick Ky.

Das Gutachten, dass auch in Zusammenarbeit mit der EU-Krankheitsbekämpfungsbehörde (ECDC) entstand, rät vor allem zur Einhaltung des Mindestabstands in Flugzeugen. Um dies gewährleisten zu können, schlägt die EASA vor, jede zweite Reihe oder einen Sitz pro Dreier-Reihe freizulassen – solange dies die Auslastung zulässt.

Weitere Vorschläge der EASA:

  • Mundschutzpflicht für Reisende und Angestellte. Auf Langstreckenflügen sollte der Mundschutz alle vier Stunden ausgetauscht werden.
  • Es sollten die allgemein bekannten Hygieneregeln zur Hust- und Niesetikette sowie Handhygiene befolgt werden
  • Für die Reinigung des Flugzeugs soll auf die gleichen Reinigungsmittel zurückgegriffen werden, die sich schon während des Ausbruchs von SARS und MERS erfolgreich bewährt hätten
  • Der Service während des Flugs sollte auf ein Minimum reduziert werden
  • Passagiere sollten nicht länger als eine halbe Stunde in einem ungelüfteten Flugzeug verbringen

Abstandsregelungen im Flugzeug in der Kritik

Die Internationale Luftverkehrsvereinigung (IATA) hat die Vorschläge zu Abstandsregelungen in Flugzeugen mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit von Flugreisen abgelehnt. Anfang Mai hatte die IATA „dramatische Kostensteigerungen“ bei den Tickets vorhergesagt, sollten die Abstandsregelungen befolgt werden.

Wie aus einer Pressemitteilung der Lufthansa Group, zu der unter anderem Eurowings, Swiss und Condor gehören, hervorgeht, werden in der Economy und Premium Economy Class aktuell keine Nachbarsitze mehr prinzipiell freigelassen.

„Da durch das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung ein ausreichender Gesundheitsschutz besteht“, heißt es in der Pressemitteilung. Bei geringer Auslastung würden die Passagiere dennoch so weiträumig wie möglich in der Kabine verteilt. Der Mundschutz ist auf Flügen der Lufthansa-Group seit dem 4. Mai Pflicht.

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    Klimaanlagen: Virenschleudern oder Sicherheitsfaktor?

    Ein weiteres großes Thema, um das Infektionsrisiko auf Flügen einzuschätzen, ist die Luftfilterung in Flugzeugen. Weil die Luft in großen Höhen für den Menschen bezüglich Ozon-Konzentration, Druck oder Temperatur tödlich ist, muss Sie für den Flugzeuginnenraum aufbereitet werden.

    Die entsprechenden Klimaanlagen beziehen die Luft aber nicht nur von außen, sondern bereiten auch durchgehend einen Teil der bereits im Flugzeug vorhandenen Luft wieder auf – und in welcher sich auch Coronaviren befinden können. Könnten diese sich also über die Klimaanlage im ganzen Flugzeug verteilen?

    Luftfilter wie im OP-Saal und Atomkraftwerk

    Flugzeugbauer nennen zwei Hauptargumente, die dagegen sprechen. Airbus Chefingenieur Jean-Brice Dumont weist einmal daraufhin, dass die Luftströmungen in einem Flugzeug nur vertikal verlaufen. Die Luft strömt von der Decke herab und wird am Boden wieder abgesaugt. Viren dürften also nicht zum Sitznachbar geblasen werden.

    Das zweite noch viel gewichtigere Argument sind die in den Klimaanlagen verbauten Filter. In den meisten Flugzeugen handelt es sich dabei um „High Efficiency Particulate Air Filter“, kurz HEPA-Filter. Diese Filter werden auch in OP-Sälen oder in Atomkraftwerken zur Luftaufbereitung eingesetzt.

    Coronavirus: Partikelgröße ist entscheidend

    „Die Luft im Flugzeug ist bei der Landung sauberer als nach dem Schließen der Türen beim Start“, sagt Jean-Brice Dumont. Laut Airbus würden diese HEPA-Filter das Coronavirus mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,97 Prozent aus der Kabinenluft entfernen.

    Entscheidend dabei ist die Partikelgröße des Coronavirus. Die liegt laut Untersuchungen von Medizinern der Universität Hongkong bei 60 bis 140 Nanometer. Die US-Behörde zum Schutz der menschlichen Gesundheit Enviromental Protection Agency (EPA) gibt an, dass HEPA-Filter Partikel mit einer Größe von 300 Nanometern zu 99,97 Prozent Wahrscheinlichkeit aus der Luft filtern. Bei Partikeln die kleiner sind, wie die des Coronavirus, liege die Wahrscheinlichkeit sogar noch höher.

    Coronavirus-Pandemie in Deutschland und der Welt:

    (jas/dpa/afp)