Berlin. Sollten große Wohnungskonzerne in Deutschland gegen eine Entschädigung enteignet werden? Nein, sagt eine Mehrheit der Bundesbürger.

Eine Mehrheit der Bundesbürger ist der Meinung, dass eine Enteignung großer Wohnungskonzerne gegen Entschädigung falsch ist. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag unserer Redaktion.

Demnach lehnen 52 Prozent der Befragten den Vorschlag grundsätzlich ab (Stand Dienstag. 9. April, 13 Uhr). Rund 40 Prozent der Deutschen befürworteten laut der Umfrage die Idee der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, die zurzeit bundesweit für Schlagzeilen sorgt.

70 Prozent der Linken-Anhänger für Enteignung

Je nach Wahlverhalten unterscheidet sich die Einstellung der Befragten stark. Befürworter für die Enteignungs-Idee finden sich erwartungsgemäß vor allem im linken Lager: Mehr als 70 Prozent der Linken-Anhänger, mehr als 60 Prozent der Grünen-Anhänger und rund 58 Prozent der SPD-Anhänger halten die Enteignung großer Wohnungskonzerne gegen Entschädigung grundsätzlich für richtig.

Bei Anhängern der AfD sind hingegen nur etwa 17 Prozent dieser Meinung, bei Unions-Anhängern bewerten etwa 15 Prozent Enteignungen als richtig und bei den FDP-Anhängern sind es rund 11 Prozent.

Eine Rolle bei der Beurteilung der Frage spielt auch die Bevölkerungsdichte. In Gegenden mit sehr niedriger Bevölkerungsdichte sind mehr als 60 Prozent der Auffassung, die Enteignung gegen Entschädigung wäre grundsätzlich falsch. In Gegenden mit sehr hoher Bevölkerungsdichte sagen das nur rund 43 Prozent.

Für die repräsentative Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Civey 5000 Teilnehmer befragt. Das Ergebnis ist repräsentativ für Deutsche ab 18 Jahren. Ihnen wurde die Frage gestellt: „Wäre die Enteignung großer Wohnungskonzerne gegen Entschädigung Ihrer Meinung nach grundsätzlich eher richtig oder falsch?“

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Weiter geschürt hatte die Debatte der Grünen-Chef Robert Habeck. Er hatte am Wochenende in einem Interview gesagt, dass er sich Enteignungen unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen könne. „Es wäre doch absurd, wenn wir das nur anwenden, um neue Autobahnen zu bauen, aber nicht, um gegen die grassierende Wohnungsnot vorzugehen“, hatte Habeck der „Welt am Sonntag“ gesagt.

Bundesweit hatten am Samstag Zehntausende gegen steigende Mieten demonstriert. Die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ strebt ein Volksbegehren an mit dem Ziel, dass das Land Berlin alle Wohnungen der großen Konzerne aufkauft – das wären rund 15 Prozent des Mietwohnungsbestandes der Hauptstadt.

Altmaier- Enteignungs-Debatte ist überflüssig wie ein Kropf

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    Angesichts stark steigender Mieten will die Initiative Unternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen gegen Entschädigung „vergesellschaften“. Sie beruft sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der unter Bedingungen die Überführung von Grund und Boden oder Produktionsmitteln in Gemeineigentum zulässt, aber noch nie angewandt wurde.

    Der Vorstoß zielt vor allem auf den Konzern Deutsche Wohnen ab, der in Berlin rund 112.000 Wohnungen besitzt und wegen seines Umgangs mit Mietern häufig in der Kritik steht. (les)