Wolfsburg. Steigende Preise treffen Rentner hart. Herbert Grunert aus Wolfsburg hat aus Angst vor der Energieabrechnung drastische Einschnitte vorgenommen.

Die Kühltruhe hat er schon abgeschaltet, mit dem Auto fährt er nur noch „notwendige Strecken“, zum Arzt etwa, und den Regler der Heizung haben seine Finger in diesem Jahr noch gar nicht berührt. Herbert Grunert muss mit einer schmalen Rente auskommen. Die hohen Lebenshaltungskosten, die derzeitige deutschlandweite Inflationsrate von 7,9 Prozent und die stetig steigenden Energiepreise treffen den 67-Jährigen doppelt hart.

„Am meisten Angst habe ich vor der Jahresabrechnung für Strom und Gas in diesem, aber vor allem im nächsten Jahr“, gesteht der gelernte Heizungsbauer. Grunert war einer von 50 Teilnehmern, die am Samstagvormittag in den Mala-Zimetbaum-Raum im Gewerkschaftshaus gekommen waren: In Wolfsburg fand erstmals nach zweijähriger Corona-Zwangspause wieder das Erwerbslosenfrühstück der IG Metall statt, das es seit 2011 gibt und das vor der Pandemie zwei Mal jährlich angeboten wurde.

Um mit seinem geringen Budget auszukommen, hat es sich Herbert Grunert zur Aufgabe gemacht, jeden Prospekt der Lebensmittelmärkte nach Angeboten zu durchforsten. Dann hat er sich eine Laufroute zusammengestellt und ist mit seinem Rucksack losgezogen. Doch diese Vorgehensweise hat mehr oder weniger ausgedient. „Momentan ist überall alles gleich teuer. Selbst der Preis fürs Mineralwasser aus dem Discounter ist um 30 Prozent gestiegen. Und einfrieren kann ich auch nichts mehr, da ich den Strom für die Kühltruhe sparen möchte“, erläutert der Rentner sein Dilemma.

Wenig duschen, nicht heizen, Kühltruhe aus: So spart ein Wolfsburger Rentner

Zur Tafel, wo er sich sonst zusätzlich mit Lebensmitteln versorgt hat, kann er auch nicht mehr gehen: „Wenn ich da ankomme, ist meistens nichts mehr da.“ Er hat schon von Bekannten gehört, die sich jetzt bewusst „auf Diät“ gesetzt haben, aus dem traurigen Grunde, um Geld zu sparen.

Herbert Grunert selbst versucht bei sich, vor allem in Sachen Energie den Hahn zuzudrehen. War ihm in den vergangenen Monaten kalt, hat er die Wolljacke in der Wohnung angezogen, statt die Heizung aufzudrehen. Statt täglich zu duschen, hat er die Körperhygiene auf ein Minimum reduziert – nur, um Wasser zu sparen. „Als Rentner erhalte ich nicht einmal die 300 Euro Energiepreispauschale, denn die Bundesregierung hat uns Rentner bei der Pauschale nicht bedacht. Das ist doch ein Hohn“, findet der Wolfsburger.

Notgroschen ärmerer Wolfsburger schwinden dahin

„Es wird Menschen in unserer reichen Stadt geben, die werden am Ende des nächsten Winters ihre gesamten Notgroschen aufgebraucht haben“, mutmaßt der Sprecher des Arbeitskreises „Arbeitslos nicht wehrlos“, Michael Melcher. Die vom Bundesverfassungsgericht 2014 geforderte Anpassung des Hartz-IV-Regelsatzes ist darum aus seiner Sicht nicht nur für Strom „überfällig“. Zudem sollte es nach Melchers Meinung ein Verbot von Strom- und Gassperrungen für Privathaushalte und eine Kostenübernahme beim Kauf von energiesparenden Geräten geben.

Das Erwerbslosenfrühstück des Arbeitskreises dient Erwerbslosen und weiteren interessierten Gästen nicht nur dazu, sich satt zu essen, sondern auch zum Austausch und zur Information. „Denn im Rahmen des Frühstücks werden vor allem auch politische Themen angesprochen“, so Melcher.

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