Brüssel/Amsterdam. In der Europäischen Union kann es nun in wenigen Tagen mit den Corona-Impfungen losgehen. Die EU-Kommission hat den ersten Impfstoff zugelassen. In den Ländern laufen die Vorbereitungen.

Fast zehn Monate nach Ausbruch der Corona-Pandemie in Europa kann es jetzt auch in der Europäischen Union mit den Impfungen losgehen. Die EU-Kommission erteilte dem Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer die Marktzulassung.

"Heute fügen wir dem Kampf gegen Covid-19 ein wichtiges Kapitel hinzu", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. Zuvor hatte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) grünes Licht für die Zulassung gegeben. Damit steht dem Beginn der Impfungen in der EU nichts mehr im Wege.

In Deutschland sollen die ersten Dosen am kommenden Sonntag (27. Dezember) gespritzt werden. Bis dahin soll das bundeseigene Paul-Ehrlich-Institut die Impfchargen prüfen und freigeben. Die erste Lieferung von Impfdosen von Biontech soll am Samstag (26. Dezember) in Deutschland eintreffen. Erwartet werden 151.125 Impfdosen, wie die Berliner Gesundheitsverwaltung mitteilte, nachdem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Gesundheitsministerkonferenz informiert hatte.

Spahn erklärte auf Twitter, bis Ende dieses Jahres sollten insgesamt mehr als 1,3 Millionen Impfdosen an die Bundesländer ausgeliefert und von diesen an Impfteams verteilt werden. Im Januar würden dann jede Woche mindestens weitere 670 000 Dosen ausgeliefert. Pro Person sind zwei Impfungen vorgesehen. Als erstes sollen die über 80-Jährigen, Personal und Bewohner von Pflegeheimen sowie auch Gesundheitspersonal mit sehr hohem Infektionsrisiko geimpft werden. Nach den klinischen Studien gibt Biontech die Wirksamkeit des Impfstoffs mit 95 Prozent an.

Die Hersteller Biontech und Pfizer stehen nach eigenen Angaben in den Startlöchern: "Wir sind bereit, mit der Auslieferung der ersten Impfstoffdosen in der EU zu beginnen, sobald wir grünes Licht erhalten", sagte Biontech-Chef und Mitgründer Ugur Sahin am Montag vor der Entscheidung der EU-Kommission. Spahn sprach von einem "Meilenstein in der Pandemiebekämpfung". Impfen ebne den Weg aus der Krise. "Und wir tun alles dafür, diesen Weg so schnell wie möglich zu gehen."

EMA-Direktorin Emer Cooke sagte in Amsterdam: "Das ist wirklich eine historische wissenschaftliche Leistung." Sie warnte aber davor, dass der Wendepunkt der Pandemie noch nicht erreicht sei. Die Behörde rechne aber damit, dass der Impfstoff auch gegen die neu aufgetretene Coronavirus-Variante wirksam ist. "Zu diesem Zeitpunkt gibt es keinen Beweis für die Annahme, dass der Impfstoff nicht gegen die neue Variante wirken könnte", sagte die Direktorin. Darüber müssten aber noch mehr Informationen gesammelt werden.

Der Impfstoff ist bereits unter anderem in Großbritannien, den USA und Kanada zugelassen. Er hat nach Angaben der EMA eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent und wird für Personen ab 16 Jahren empfohlen. Nach Angaben der EMA wurden bereits rund 270.000 Personen mit dem Stoff geimpft, und es habe bislang nur vereinzelt Fälle von allergischen Reaktionen gegeben, meist mild.

Die Experten der EMA hatten bereits seit Wochen die Daten und Resultate der klinischen Tests der Hersteller geprüft. Die bedingte Zulassung in allen 27 EU-Staaten verpflichtet die Hersteller, auch danach noch Daten etwa zur Langzeitwirkung an die EMA zu übermitteln. Auch Angaben zu möglichen Nebenwirkungen oder allergischen Reaktionen werden weiterhin geprüft.

Die Experten bekräftigten, dass bei der Prüfung der Daten keinerlei Abstriche bei der Sicherheit gemacht worden waren. Es sei klar, dass es Sorgen wegen der Geschwindigkeit der Zulassung gebe, sagte Harald Enzmann, der Vorsitzende des Ausschusses für Humanarzneimittel. Aber: "Die analysierten Daten entsprechen den Standards der Verlässlichkeit und Qualität." Nicht zuletzt sei es einer der größten Impfstofftests der Geschichte gewesen.

Im Januar könnten nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums drei bis vier Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Im ersten Quartal rechnet Spahn mit 11 bis 13 Millionen Impfdosen. Da das Präparat zweimal verabreicht werden muss, würde diese Menge in etwa für 5,5 bis 6,5 Millionen Menschen reichen. Insgesamt hat sich der Bund über einen EU-weiten Schlüssel und nationale Vereinbarungen bisher mehr als 300 Millionen Dosen gesichert - von Biontech und anderen Herstellern.

In anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien wird das Präparat von Biontech/Pfizer bereits auf Grundlage einer Notfallzulassung genutzt. Voraussichtlich am 6. Januar will die EMA auch den Weg frei machen für die Zulassung des zweiten Impfstoffes, dem Präparat vom US-Konzern Moderna.

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