München/New York. Weltweit suchen Ärzte und Pharmakologen nach einem Medikament gegen das Coronavirus. Manche Hoffnung hat sich bereits zerschlagen. Nun gibt es Wirbel um ein vielleicht vielversprechendes Ebola-Medikament.

Bei der Behandlung der Lungenkrankheit Covid-19 geben erste Erfahrungen mit einem ursprünglich gegen Ebola entwickelten Medikament Anlass zu vorsichtiger Hoffnung.

Das US-Präparat Remdesivir wird derzeit in weltweiten Studien untersucht. Kurzfristig sorgten Berichte für Wirbel, nach denen das Mittel keinen Erfolg brachte. Hersteller wie Mediziner warnen vor voreiligen Schlüssen in beide Richtungen. Das Medikament habe bei Patienten in der München Klinik Schwabing erste Erfolge gebracht, sagte Clemens Wendtner, Chefarzt der an der Studie beteiligten Klinik für Infektiologie.

Nach zurückhaltenden Schätzungen habe die Hälfte der damit behandelten Patienten profitiert, sagte Wendtner, der keine Zahl nannte. Es sehe danach aus, dass schwer Erkrankte früher von den Beatmungsmaschinen genommen werden könnten. Auch in den USA berichteten Ärzte von ersten ermutigenden Erfahrungen. Medien zufolge wurden in Chicago 125 Corona-Patienten mit dem Medikament behandelt. Dem Vernehmen nach will die Herstellerfirma in Kürze eine Interimsanalyse bei 400 Patienten mit schwerem Verlauf veröffentlichen.

Am Donnerstag sorgte dann überraschend eine Veröffentlichung für Wirbel, nach der eine chinesische Studie mit Remdesivir enttäuschende Ergebnisse gebracht haben soll. Das antivirale Medikament habe sich als Flop erwiesen, hieß es in Berichten über ein auf der Seite der Weltgesundheitsorganisation WHO veröffentlichtes Dokument - das allerdings nach kurzer Zeit wieder entfernt wurde.

Die US-Herstellerfirma Gilead Sciences wies die Berichte zurück, die prompt auf den Aktienkurs des Unternehmens durchschlugen. Die Aktie drehte deutlich ins Minus. Es habe keine Genehmigung zur Veröffentlichung der Ergebnisse gegeben, erklärte das Unternehmen. Die Studie sei aufgrund geringer Beteiligung vorzeitig abgebrochen worden, daher könnten keine statistisch aussagekräftigen Schlussfolgerungen gezogen werden. "Insofern sind die Studienergebnisse nicht schlüssig, obwohl Trends in den Daten einen potenziellen Nutzen für Remdesivir nahe legen, insbesondere bei Patienten, die früh in der Krankheit behandelt werden", teilte Gilead Sciences mit. Ergebnisse weltweiter Studien mit schwer sowie moderat erkrankten Patienten würden Ende Mai erwartet.

In Deutschland beteiligen sich an den Studien neben der Schwabinger Klinik unter anderem das Münchner Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München, das Hamburger Uniklinikum Eppendorf und das Uniklinikum Düsseldorf. Noch sei es zu früh für eine abschließende Bewertung, sagte Wendtner, der im Januar die bundesweit ersten Coronafälle behandelt hatte. Rund 7600 Patienten sollen weltweit an den Studien teilnehmen. "Wir haben noch nicht einmal die Hälfte davon rekrutiert."

Zu der umstrittenen chinesischen Studie sagte Wendtner, dort sei lediglich knapp die Hälfte von der angestrebten 453 schwer erkrankten Patienten mit dem Medikament behandelt worden. Dies lasse keine belastbare Aussage zu. Zudem sei nicht definiert worden, was als schwere Covid-19-Erkrankung gewertet wurde. Die letztlich nicht belastbaren chinesischen Zwischenergebnisse dürften nicht die Fortführung der laufenden Studien gefährden.

Es müsse "ganz in Ruhe" abgewartet werden, was diese erbrächten, sagte Wendtner. Ende Mai sollen Daten vorliegen, "die dann ein finales Statement bezüglich Remdesivir zulassen werden". Derzeit allerdings gelte: "Es gibt nach wie vor kein Medikament, bei dem erwiesen ist, dass es bei Covid-19 wirkt." Umso wichtiger sei es die Gefahren ernst zu nehmen und sich an Schutzmaßnahmen zu halten.

Andere schon bestehende Medikamente, darunter ein Malariamittel sowie ein HIV-Medikament, hätten keine Erfolge gebracht: Das gegen Malaria eingesetzte Chloroquin, das US-Präsident Donald Trump als Wundermittel gegen Covid-19 gepriesen hatte, habe keine Erfolge gebracht. Eine Studie legt sogar nahe, dass das Mittel, das je nach Dosierung schwere Nebenwirkungen haben kann, die Sterberate bei Covid-19-Patienten nach oben trieb. Ohne Wirkung sei einer anderen Studie zufolge wiederum ein HIV-Medikament geblieben, auf das er selbst zunächst Hoffnung gesetzt hatte, sagte Wendtner.