Berlin. Wer einen Kredit möchte, braucht eine gute Schufa-Auskunft. Jetzt lassen sich die Daten einsehen – aber viele Fragen bleiben offen.

Für viele Menschen verbreitet die Schufa Angst. Ein Datenkrake, dessen Bewertung darüber entscheidet, ob jemand einen Kredit aufnehmen, einen Mobilfunkvertrag abschließen oder eine Wohnung mieten kann. Das Wiesbadener Unternehmen gilt als undurchsichtig, ebenso der Score, der bewertet, wie kreditwürdig jemand ist. Das soll sich ändern: Ein zentraler Wert lässt sich ab sofort digital einsehen. Der sogenannte Basisscore ist kostenlos und rund um die Uhr verfügbar. Doch: Verbraucherschützer sind skeptisch.

Ein Score gibt mit einem Wert zwischen 0 und 100 an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, das jemand seine Finanzverpflichtungen erfüllt. 97 Prozent ist ein hoher Wert, 50 ein eher schlechterer. Die Schufa nutzt nach eigenen Angaben bis zu rund 100 Merkmale, um einen Score zu berechnen. Es gibt mehr als 160 verschiedene, der wichtigste ist der Bankenscore. Der Basisscore, der jetzt digital abrufbar ist, ist eine Art Durchschnittswert. Er wird jedes Vierteljahr neu ermittelt.

Mehr als 10.000 Firmen – Banken und Onlinehändler – fragen Scores bei der Schufa ab, um einschätzen zu können, ob sie Geschäft mit einer Kundin oder einem Kunden machen wollen. Viele Abfragen laufen inzwischen standardisiert. Täglich sind es bei der Schufa etwa 300.000, an Spitzentagen wie dem Online-Rabatt-Tag Black Friday auch bis zu einer Million. Die Schufa hat über die Jahre Daten von rund 68 Millionen Bundesbürgern und sechs Millionen Firmen gesammelt.

Schufa: So funktioniert die neue Auskunfts-App Bonify

Bereits jetzt ist die Schufa verpflichtet, den Basisscore und eine Datenübersicht kostenlos mitzuteilen. Dafür ist allerdings eine schriftliche Anfrage nötig. Für das neue Angebot muss man sich bei Bonify, das zu einem Tochterunternehmen der Schufa gehört, im Internet anmelden. Nötig ist dafür ein Personalausweis oder Aufenthaltstitel. Geprüft wird automatisiert über den Dienstleister IDNow.

Hintergrund:Schufa-Revolution: Was Verbraucher jetzt wissen müssen

Künftig soll auch der elektronische Personalausweis zur Anmeldung möglich sein. Man kann sich auch mit einem Bankkonto anmelden, muss dann aber Bonify 90 Tage Zugriff gewähren. Das soll sich noch ändern, wie Schufa-Chefin Tanja Birkholz sagt.

Mit der neuen App Bonify kann man seine persönlichen Schufa-Daten abrufen.
Mit der neuen App Bonify kann man seine persönlichen Schufa-Daten abrufen. © dpa | Peter Kneffel

In einem zweiten Schritt muss noch klar zugestimmt werden, dass Bonify die entsprechenden Scoredaten von der Schufa abrufen darf. Dann wird nicht nur der persönliche Basisscore angezeigt, sondern auch mit den Werten im Bundesland und in ganz Deutschland verglichen. Nach und nach sollen noch weitere Daten angezeigt werden, etwa Informationen zu Verträgen, Bonitätsanfragen oder aus öffentlich zugänglichen Registern, zum Beispiel zu einer Privatinsolvenz, wie Bionify-Chef Andreas Bermig sagt.

Schufa: Die Organisation hütet ein Geheimnis

Warum bietet die Schufa den digitalen Einblick nicht selbst an? „Wir sind so ein Jahr schneller“, sagt Birkholz. Eine Schufa-App, mit der die Information direkt abgerufen werden kann, wird gerade mit Schuldnerberatungen getestet. Sie soll 2024 starten. Dann entfällt der Umweg über Bonify. Der Online-Zugriff ist Teil der neuen Transparenzstrategie.

Seit zwei Jahren versucht die Schufa bereits, offener zu werden. Seit vergangenem Herbst lässt sich mit dem Score-Simulator selbst ausprobieren, wie sich die Zahl der Kreditkarten, Umzüge und Hypotheken auf die Kreditwürdigkeit auswirkt. Der Simulator ist stark vereinfacht, aber nah an der Realität. Schufa-Chefin Birkholz sagt, dass 60 Prozent der Nutzer beim Ausprobieren dort landeten, wo ihr Score auch tatsächlich liege. Bei weiteren 38 Prozent sei der echte Score sogar besser. Wie genau der Wert berechnet wird, verrät die Schufa nicht – Betriebsgeheimnis und Kern des Geschäftsmodells.

Interessant auch:Tagesgeld im Vergleich: Online-Rechner zeigt beste Zinsen

Im kommenden Jahr sollen die Bundesbürger zudem die Chance bekommen, ihren Score selbst zu verbessern – in dem sie der Schufa freiwillig Daten überlassen, die das Unternehmen bisher nicht hat, etwa über das Einkommen, oder die es löschen musste, etwa über lange Jahre geführte Girokonten oder getilgte Immobilienkredite. Das Konzept dazu steht noch am Anfang, wie Schufa-Chefin Birkholz sagt.

Schufa: Das kritisieren Verbraucherschützer

Verbraucherschützer sind nicht begeistert: „Aus unserer Sicht ist Bonify ein trojanisches Pferd: Die Schufa versucht, Verbraucherinnen und Verbrauchern mit eventuell sinnvollen Funktionen die App unterzujubeln – um ihnen dann Angebote zur Verbesserung ihres Scores zu machen, etwa durch einen Kontoeinblick“, sagt Michael Möller, Fachreferent für Verbraucherschutz der Bürgerbewegung Finanzwende. „Wenn die Schufa endlich neue Möglichkeiten schafft, den Score einzusehen, hat das noch nichts mit Transparenz zu tun. Es wird weiter nur die Bewertung übermittelt, nicht die Berechnungsmethode.“

Hintergrund:Umfrage: Die Schufa ist bei den Deutschen unten durch

Bonify ist ein Produkt der Berliner Firma Forteil, die seit Ende 2022 zur Schufa gehört. „Fintech trifft auf ältere Dame“, sagt Schufa-Chefin Birkholz. Bonify bietet unter anderem einen Einblick in den Score der Schufa-Konkurrenz Creditreform-Boniversum. Auch untersuchen die Berliner auf Wunsch das Finanzverhalten und schlagen vor, was sich verbessern lässt. Dafür muss die Kundin oder der Kunde Zugriff auf ein Bankkonto gewähren. Zudem vermittelt Bonify Kredite; nach eigenen Angaben auch, wenn eine Schufa-Auskunft negativ ist.

Die Schufa wurde 1927 als Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung gegründet und ist die größte und wichtigste Auskunftei dieser Art in Deutschland. Sie gehört zu jeweils mehr als einem Viertel den Genossenschaftsbanken und den Sparkassen. Den Rest halten vor allem Geschäftsbanken.