Berlin. Die EZB erhöht erneut die Leitzinsen. Doch viele Anleger bei Sparkassen und Volksbanken gehen leer aus. So kommt man an höhere Zinsen.

Der Schritt kommt nicht überraschend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zum siebten Mal binnen eines Jahres die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent erhöht. Banken erhalten ab sofort 3,25 Prozent, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. „Die Gesamtinflation ist in den letzten Monaten zurückgegangen, der Preisdruck ist jedoch nach wie vor hoch“, begründete die EZB-Präsidentin Christine Lagarde die Entscheidung. Weitere Zinsschritte schließt sie nicht aus. Ziel sei es, die hohe Inflationsrate auf 2 Prozent zu drücken.

Zinsen auf das Tagesgeld: Über 200 Banken geben Zinserhöhung nicht weiter – wer betroffen ist

Doch obwohl die Notenbanker die Zinsen weiter nach oben klettern lassen, profitieren viele Anleger noch nicht davon. Im Gegenteil: Viele Institute erhöhen die Sparzinsen nur wenig oder gar nicht. Andere verteuern wiederum Ratenkredite deutlich. Konkret geben über 200 Banken in Deutschland weiter keine Zinsen auf das Tagesgeld. Beide Fälle gehen zu Lasten der Klienten.

So bezahlen mindestens 222 Banken und Sparkassen ihren Kundinnen und Kunden aktuell noch gar keine Tagesgeldzinsen. Dies hat eine Auswertung von 688 Banken und Sparkassen durch das Vergleichsportal Verivox ergeben. Damit gehen die Kunden bei fast jedem dritten der untersuchten Geldinstitute leer aus. Besonders betroffen sind Verbraucher, die ihre Konten bei Sparkassen und regionalen Genossenschaftsbanken haben. Was Kunden jetzt wissen sollten:

EZB-Präsidentin Christine Lagarde will weiter gegen die hohe Inflation ankämpfen und verkündet eine erneute Erhöhung der Leitzinsen im Euroraum.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde will weiter gegen die hohe Inflation ankämpfen und verkündet eine erneute Erhöhung der Leitzinsen im Euroraum. © Boris Roessler/dpa

Diese Banken bezahlen aktuell besonders wenig Zinsen auf das Tagesgeld

Laut Verivox zahlen 34 Prozent von 283 Sparkassen keine Tagesgeldzinsen. Unter 332 Genossenschaftsbanken – wie örtliche Volks- und Raiffeisenbanken sowie die PSD- und Sparda-Banken - bezahlen sogar 37 Prozent noch keine Zinsen. Viele der Institute befinden sich in kleineren Städten. Anders verhält es sich bei den Konditionen von bundesweit aktiven Banken: Von 73 untersuchten Kreditinstituten zahlen lediglich 4 Institute keine Zinsen – und damit nur 5 Prozent, so Verivox.

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Auch beim Zinsniveau gibt es große Unterschiede. Bei deutschlandweit aktiven Banken erhalten Sparer im Schnitt 0,97 Prozent Zinsen auf ihr Tagesgeld. Damit sind die durchschnittlichen Zinsen fast fünf Mal so hoch wie bei den Sparkassen mit 0,22 Prozent oder bei Volks- und Raiffeisenbanken mit 0,19 Prozent.

„Viele Sparkassen und Volksbanken lassen sich reichlich Zeit damit, die steigenden Zinsen an ihre Kunden weiterzugeben“, sagt Oliver Maier Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. „Die Kreditinstitute streichen künftig satte 3,25 Prozent Zinsen ein, wenn sie Spargelder ihrer Kunden bei der Zentralbank hinterlegen.“

Sparkassen und Volksbanken zahlen niedrige Zinsen auf das Tagesgeld – Sprecher nennt Grund

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken verweist darauf, dass die Institute eher langfristig orientiert seien. So würden beispielsweise bei Immobilien und Investitionen mit vielen Kreditnehmern langfristig niedrige Zinsen vereinbart. „Das sichert einerseits Berechenbarkeit und Stabilität für alle Beteiligten, es schließt im Gegenzug aber auch aus, dass die Einlagenzinsen ebenso schnell wie die Leitzinsen steigen können“, so der Verband. Die 357 Sparkassen in Deutschland legen jeweils eigenständig ihre Zinsen fest. Die Zinsen sollen auf der Einlagenseite aber perspektivisch wieder steigen, heißt es.

Über 3 Prozent Zinsen auf das Tagesgeld: Diese Banken locken mit Angeboten – doch es gibt einen Haken

13 Banken zahlen aktuell Tageszinsen von 3 Prozent und mehr. Die Bedingungen gelten in der Regel nur für Neukunden und sind zeitlich begrenzt. Das höchste Angebot macht die Renault Bank: Sie bietet Neukunden für drei Monate einen Zins von 3,3 Prozent auf Tagesgeld. Bestandskunden bekommen 2,3 Prozent. Barclays zahlt Neukunden 3,11 Prozent für 6 Monate, die Volkswagen Bank und PSA Direktbank jeweils 3,10 Prozent. Die Banken ING und Santander bieten jeweils 3 Prozent. Die BMW Bank bietet für alle Kunden unbefristet 3 Prozent aufs Tagesgeld bis 50.000 Euro. „Profitieren können von solchen Werbeangeboten vor allem Tagesgeldanleger, die bereit sind, ihr Geld gelegentlich umzuschichten und zur nächsten Bank zu wechseln, sobald ihre Neukundenkonditionen auslaufen“, sagt Oliver Maier.

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Niedrige Zinsen auf das Tagesgeld: Wie Sparkassen- und Volksbankkunden sich bessere Zinsen sichern

Alle Bank- und Sparkassenkunden können bei anderen Instituten ein Tagesgeldkonto eröffnen, das in der Regel kostenlos ist. Viele Online-Banken bieten Kontoeröffnungen im Internet an. Der Prozess - von der Registrierung, über die Prüfung der Identität per Video-Chat oder PostIdent-Verfahren bei der nächsten Postfiliale - dauert zwischen zwei und drei Tagen. Der Vorteil von Tagesgeldkonten: Das Geld das Kundinnen und Kunden dort einzahlen, kann jederzeit wieder abgehoben werden. Die Zinsen sind in der Regel höher als auf dem Girokonto.

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EZB hebt Leitzinssatz an: So viel mehr müssen Kunden für einen Ratenkredit bezahlen

Wer sich Geld leihen möchte, muss mit deutlich höheren Kosten für Kredite rechnen. Vor einem Jahr zahlten Kunden für einen Ratenkredit einen Zinssatz von rund 3,15 Prozent. „Bei diesen Konditionen belaufen sich die Gesamtkosten für einen typischen Kredit in Höhe von 15.000 Euro mit 5 Jahren Laufzeit auf 1214 Euro“, rechnet Verivox vor. Aktuell muss ein Kreditnehmer im Durchschnitt 6,49 Prozent Zinsen bezahlen. Damit liegen die Konditionen für die Zinskosten für den gleichen Kredit bei insgesamt 2527 Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch vor 12 Monaten. Verivox-Experte Maier rät zum Anbietervergleich: „Wer darauf verzichtet, zahlt fast immer mehr als nötig.“

EZB zieht den Leitzins an: Das ist der Grund

Die EZB strebt eine Inflationsrate von rund 2 Prozent in der Euro-Region an. Davon sind die Länder jedoch mit durchschnittlich 7 Prozent weit entfernt. In Deutschland lag die Inflationsrate im April sogar bei geschätzt 7,2 Prozent. Eine hohe Inflation verringert die Kaufkraft der Bevölkerung. Höhere Zinsen sollen Investitionen durch steigende Kreditzinsen verringern, die Nachfrage soll gebremst werden und damit auch der Preisanstieg.

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Geld auf Tagesgeldkonten: Wie sicher ist die Geldanlage?

Spareinlagen sind in der Europäischen Union bis zu 100.000 Euro pro Bank und Kunde durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt. Im Falle einer Bankenpleite würden Anleger aus dem nationalen Sicherungssystem des Staates entschädigt, in dem das Geldinstitut ansässig ist. Bei einigen deutschen Instituten geht der Einlagenschutz über eine Absicherung des Einlagensicherungsfonds des Bankenverbands teilweise sogar bis 5 Millionen Euro. Wer mehr Geld als 100.000 Euro besitzt, sollte sein Geld auf mehrere Konten verschiedener Institute bis maximal 100.000 Euro verteilen.