Berlin. Die IG BAU will mehr staatlichen Einfluss auf die Mieten. Der Bund solle sich bei Vonovia und LEG einkaufen, fordert die Gewerkschaft.

Das Verhältnis von Deutschlands größter Baugewerkschaft, der IG BAU, zum größten Wohnungskonzern der Republik, dem Bochumer Großvermieter Vonovia, ist ohnehin unterkühlt. Als Vonovia-Chef Rolf Buch im Juni gesagt hatte, dass die Mieten mit der Inflationsrate steigen müssten – eine Äußerung, von der er später zurückruderte –, nannte der IG-BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger das eine „inflationäre Unverschämtheit“.

Nun nimmt Feiger Deutschlands größten Vermieter erneut ins Visier – und fordert eine Teilverstaatlichung des Dax-Konzerns. „Es kommt darauf an, den ‚Miet-Haien‘ die Zähne zu ziehen – zumindest die schärfsten“, sagte Feiger im Vorfeld des am Montag in Kassel beginnenden Gewerkschaftstages unserer Redaktion.

Wohnen: IG BAU fordert Teilverstaatlichung von Vonovia und LEG

Dort wird Feiger den Mitgliedern nicht nur seine Forderung präsentieren, sondern auch gleichzeitig ein Konzept vorlegen, wie er sich staatlichen Einfluss auf die Wohnungskonzerne erhofft. Konkret fordert Feiger, dass der Bund ein Aktienankaufprogramm bei Vonovia und der Nummer zwei im Markt, der Düsseldorfer LEG, starten solle.

25 Prozent plus eine Aktie solle der Bund erwerben, schlägt die IG BAU vor. Damit hätte der Staat eine sogenannte Sperrminorität, könnte also strategischen Einfluss nehmen. Und sollte davon auch regen Gebrauch machen, findet Feiger. „Konkret geht es darum, den Mieten künftig einen Dämpfer zu verpassen.“

Das hätte auch Auswirkungen auf Mieterinnen und Mieter, die nicht bei Vonovia oder LEG wohnen. Denn ein Eingriff auf die Mieten der beiden Marktführer, würde auch die Mietspiegel beeinflussen, nach denen sich wiederum die Mietpreisbremse richtet. Für Feiger geht es darum, den „Mietmarkt wieder neu zu eichen – und den Anstieg der Mieten zu beenden.“

Analyse: Staatseinstieg würde 5,25 Milliarden Euro kosten

Welche finanziellen Folgen eine Teilverstaatlichung konkret hätte, das hat die IG BAU vom Hannoveraner Wohnungsmarktforschungsinstitut Pestel in einer Machbarkeitsanalyse untersuchen lassen, die unserer Redaktion vorliegt. Würde der Staat ein Viertel der Anteile an Vonovia kaufen, würde das rund 5,25 Milliarden Euro kosten, veranschlagt das Pestel-Institut.

Für die Berechnung ist das Institut vom aktuellen Aktienkurs ausgegangen – inklusive eines 20-prozentigen Handelsaufschlags. Würde der Bund die Kosten über die Ausgabe von 30-jährigen Staatsanleihen finanzieren, dann kämen an Zinskosten rund 105 Millionen Euro jährlich hinzu. Zugleich aber würde der Bund durch die Dividende jährlich rund 330 Millionen Euro einnehmen. Der Staat hätte dann Einfluss auf rund eine halbe Million Wohnungen in Deutschland.

Würde er den Bau von einer halben Million Sozialwohnungen subventionieren, müsste er dagegen mit Kosten von mindestens 62,5 Milliarden Euro rechnen, heißt es weiter.

IG-BAU-Chef Robert Feiger fordert vom Bund ein Aktienankaufprogramm bei Vonovia und LEG. So solle der Bund Einfluss auf die Mieten nehmen.
IG-BAU-Chef Robert Feiger fordert vom Bund ein Aktienankaufprogramm bei Vonovia und LEG. So solle der Bund Einfluss auf die Mieten nehmen. © imago images/Carmele/tmc-fotografie.de | imago stock

Vonovia: Marktbedingte Mietsteigerungen liegen bei 1,5 Prozent

Gewerkschaftschef Feiger kritisiert unter Verweis auf das Pestel-Institut, dass die Miete bei Vonovia zuletzt mehr als doppelt so stark im Vergleich zu anderen kommunalen oder genossenschaftlichen Trägern gestiegen sei – im Schnitt um 3,9 Prozent pro Jahr seit 2014.

Vonovia selbst weist auf Anfrage diese Rechnung zurück. So gehe das Pestel-Institut in seiner Berechnung von allen Vonovia-Mieten aus, also beispielsweise auch von Warmmieten in schwedischen Beständen. Da auch in Deutschland Bestände veräußert, aber auch neu hinzugekauft worden seien, könnten die durchschnittlichen Mieten nicht eins zu eins miteinander verglichen werden.

Auch würden Mietsteigerungen nach Sanierungen miteinbezogen. Marktbedingt seien die Vonovia-Mieten in Deutschland seit 2013 im Schnitt lediglich um 1,5 Prozent pro Jahr gestiegen.

IG BAU-Chef will Enteignungsdiskussion entschärfen

Die großen Wohnungskonzerne geraten immer wieder ins politische Kreuzfeuer. Als Vonovia im vergangenen Jahr die bisherige Nummer zwei im Markt, den Berliner Großvermieter Deutsche Wohnen, schluckte und seine Position als größter Wohnungskonzern Europas festigte, hagelte es von Mietervertretern, aber auch Politikern Kritik.

In Berlin, wo die rot-rot-grüne Landesregierung mit der Einführung eines Mietendeckels vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert war, stimmte eine Mehrheit für die Enteignung großer Wohnungskonzerne. Nun prüft eine Kommission, inwiefern das überhaupt möglich ist. Mit dem Vorschlag eines Teil-Einstiegs des Staates würde zumindest aus dieser Diskussion der Druck genommen, glaubt Gewerkschaftschef Robert Feiger.

Dieser Text erschien zuerst auf morgenpost.de.