Berlin. Was bringt ein verpflichtendes Testangebot, wenn die Beschäftigten es nicht annehmen? Nicht viel, glaubt das Handwerk - und stellt Forderungen. Die stoßen allerdings auch auf Kritik.

Unternehmen müssen ihren Beschäftigten das Angebot zu Corona-Tests machen - die Mitarbeiter müssen das allerdings nicht annehmen.

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer hält das für wenig sinnvoll und fordert eine gesetzliche Verpflichtung für Beschäftigte, sich auf das Coronavirus testen zu lassen. "Wenn es eine gesetzliche Verpflichtung gibt, dann muss diese gleichermaßen für Beschäftigte wie Betriebsinhaber gelten", sagte Wollseifer der Deutschen Presse-Agentur. "Beschäftigte, die sich nicht testen lassen, verhalten sich unsolidarisch und gefährden mit ihrem Verhalten ihre Kolleginnen und Kollegen wie auch ihre Kunden."

Eine Verpflichtung der Firmen zu Testangeboten sie nur dann sinnvoll, wenn es auch eine "Test-Wahrnehmungsverpflichtung" für die Beschäftigten gebe, sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). "Aus der eigenen Erfahrung in meinem Betrieb kann ich nur sagen: Es liegt doch im ureigenen Interesse eines jeden Betriebes, innerhalb der Belegschaften Ansteckungen zu vermeiden und damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch die Kunden zu schützen - nicht zuletzt auch, um den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten zu können."

Nach einer Branchenumfrage des ZDH liegt im Durchschnitt aller Betriebe die Beteiligungsquote der Belegschaften an Testangeboten aktuell bei 66 Prozent. Ergebnisse der Befragung lagen der dpa vor. Demnach bieten 63 Prozent der Handwerksbetriebe ihren Beschäftigten Corona-Tests an. Im März seien es 27 Prozent gewesen. Von den 37 Prozent der Betriebe, die bisher noch kein freiwilliges Testangebot für die Mitarbeiter bereithalten, beabsichtige die Hälfte, dies zeitnah zu tun.

Zuvor hatte sich schon der Verband der Familienunternehmer dafür ausgesprochen, dass Beschäftigte in Betrieben verpflichtet werden sollen, Coronatests anzunehmen. "Solange es nicht gleichzeitig auch eine Testannahmepflicht für Beschäftigte gibt, ist die Testangebotspflicht durch die Arbeitgeber eine widersprüchliche Maßnahme", sagte Verbandspräsident Reinhold von Eben-Worlée der "Rheinischen Post" (Mittwoch).

Andere Töne schlägt hingegen der Mittelstand an: "Testpflichten sind weder rechtlich noch organisatorisch zu 100 Prozent im Unternehmen durchsetzbar", sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Markus Jerger, der dpa.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht keine Rechtsgrundlage für eine Testpflicht aller Beschäftigten. "Verpflichtende Tests müssen eine grundgesetzlich schonende Rechtsgrundlage haben und dürfen kein Präjudiz für Einschränkungen in der Zukunft sein", warnte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Die Gewerkschaften riefen seit Wochen die Beschäftigten dazu auf, die Testangebote der Arbeitgeber wahrzunehmen.

Vergangene Woche hatte die Bundesregierung gegen den Willen der Wirtschaft eine Pflicht für Angebote von Corona-Tests in Unternehmen beschlossen. Firmen müssen ihren Mitarbeitern in der Regel einmal in der Woche Tests zur Verfügung stellen.

Die Wirtschaftsverbände sind nach wie vor nicht von der Testangebotspflicht begeistert. Sie halten eine solche gesetzliche Verpflichtung für eine Misstrauensbekundung. Wollseifer kritisierte etwa: Die von Teilen der Politik vorgebrachte Aufforderung, Betriebe und Unternehmen müssten jetzt endlich einmal ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bei der Pandemieeindämmung nachkommen, trage Züge eines "pauschalen Bashings".

Der Mittelstand hatte schon kurz nach der Bekanntgabe der Entscheidung angekündigt, dagegen zu klagen. Man prüfe nach wie vor rechtliche Schritte, sagte ein Sprecher des BVMW der dpa am Donnerstag.

Der DGB kann die Kritik der Arbeitgeberverbände an der Testangebotspflicht nicht nachvollziehen. Richtig sei zwar, dass viele Arbeitgeber ihren Beschäftigten solche Angebote bereits machen, sagte der DGB-Vorsitzende Hoffmann. "Jedoch gibt es immer noch zu viele Arbeitgeber, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden."

© dpa-infocom, dpa:210422-99-304267/3