Hamburg/Kiel/Freest. Die Fischfangquoten für 2021 reichen für die Ostseefischer nicht zum überleben, schätzte ein Verbandssprecher ein. Fangstopps wären erst recht das Ende des Fischereinhandwerks.

Für die deutschen Ostseefischer verschlechtert sich die Situation durch die für 2021 beschlossenen Fischfangmengen weiter.

Die Halbierung der Heringsquote ist nach Ansicht des Deutschen Fischerei-Verbandes "eine Katastrophe für die deutschen Fischer". Die EU-Fischereiminister hätten die Quote jetzt im vierten Jahr in Folge abgesenkt, sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur.

Seit 2017 sei sie um 94 Prozent reduziert worden. Das treffe besonders die Fischer in Mecklenburg-Vorpommern sehr hart, die mehr vom Hering abhängig seien als ihre Berufskollegen in Schleswig-Holstein.

"Von den Quoten kann kein Fischer leben", sagte der stellvertretende Vorsitzendes des Landesfischereiverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Michael Schütt. Positiv überrascht äußerte sich der Landesverband Schleswig-Holstein darüber, dass die Minister die Quote für Dorsch um fünf Prozent erhöhten.

Damit hielten sie sich nicht an den Vorschlag der EU-Kommission für eine erneute Quotensenkung für ihren "Brotfisch" um 11 Prozent. Allerdings bringe dies einem Betrieb bei einer Grundquote von fünf Tonnen eine Erhöhung um 250 Kilogramm und etwa 500 bis 600 Euro mehr Umsatz. Das helfe den Fischern relativ wenig, sagte Verbands-Vize Benjamin Schmöde.

Der Deutsche Fischerei-Verband kritisierte weiter, die Senkung der Heringsquote gehe einseitig zu Lasten der deutschen Fischer. So sei im vorigen Jahr die Fangquote im Kattegat und Skagerrak mit 16 Prozent weit weniger stark reduziert worden als in der westlichen Ostsee mit 65 Prozent, obwohl es sich um ein und denselben Heringsbestand handele.

Davon hätten die Fischer Schwedens, Dänemarks und Norwegens profitiert. Die Fangquoten für diese Gebiete werden mit denen für die Nordsee erst im Dezember festgelegt.

Deutschen Umweltverbänden reicht die Kürzung der Fischfangmengen für die Ostsee nicht aus. "Ein sofortiger Fangstopp für Hering und Dorsch für die nächsten Jahre wäre richtig gewesen", sagte der Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack.

Er machte die Trawler der "Industrieflotten" für die Überfischung in der Ostsee verantwortlich. Die EU sollte daher vor allem den handwerklichen Küstenfischern Überbrückungsfinanzierungen zahlen und sie auch bevorzugt mit Quoten ausstatten, wenn wieder mehr Fischerei möglich sei. Fischereiverbands-Vize Schütt hält das nicht für realistisch. Die alten Fischer würden in dem Fall aufgeben, die Jungen müssten sich andere Jobs suchen, meinte er.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Initiative Our Fish nannten die Entscheidung der EU-Fischereiminister einen ersten Schritt in Richtung nachhaltige Fangquoten. Sie kritisierten jedoch, dass den Empfehlungen von Wissenschaftlern für eine Null-Quote für westlichen Hering und östlichen Dorsch nicht gefolgt wurde. Damit würden diese Bestände weiter überfischt. Der Dorsch der östlichen Ostsee hat auch noch für Vorpommerns Fischer Bedeutung. Zudem müssten Lebensräume, Nahrungsgrundlagen und Laichplätze besser gesichert werden. Die Fischerei müsse besser überwacht und kontrolliert werden.

Der WWF bewertete die Einigung der Fischereiminister zwar weitgehend positiv, bemängelte aber ebenfalls, dass kein Fangstopp für den westlichen Hering verhängt wurde. "Der Bestand ist mittlerweile so klein, dass er sich verdoppeln müsste, um rein rechnerisch eine Überlebenschance zu haben. Dafür wäre nicht nur ein Fangstopp in der Ostsee nötig, sondern auch in der Nordsee, wo er mitgefangen werde.

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