Braunschweig. Die Dienstaufsichtsbeschwerde soll Akteneinsicht zum Fall Winterkorn erzwingen.

Im April vergangenen Jahres hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig im Zusammenhang mit dem VW-Abgas-Betrug Anklage gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und vier weitere VW-Manager erhoben. Die Vorwürfe: besonders schwerer Betrug, unlauterer Wettbewerb und Untreue. Seitdem hängt die Anklage allerdings in der Luft, zugelassen ist sie noch nicht. Offensichtlich hält das zuständige Landgericht Braunschweig die Arbeit der Staatsanwaltschaft für unzureichend. Nun hat sogar ein Richter des Landgerichts Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt. Das bestätigte eine Sprecherin des Landgerichts am Dienstag unserer Zeitung.

Zu den Inhalten der Beschwerde äußerte sie sich mit Hinweis auf das nicht-öffentliche Zwischenverfahren nicht. In diesem Zwischenverfahren prüft das Gericht, ob ein hinreichender Tatverdacht im Sinne der Anklage – also der Staatsanwaltschaft – besteht. Erst wenn diese Prüfung – das Zwischenverfahren – den Tatverdacht bestätigt, wird das Hauptverfahren gegen die Beschuldigten eröffnet. Und dieses Hauptverfahren wäre dann öffentlich. Auch eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig, die als übergeordnete Behörde über Beschwerden gegen die Staatsanwaltschaft entscheidet, äußerte sich nicht zur Dienstaufsichtsbeschwerde.

Nach Informationen unserer Zeitung geht es um unterschiedliche Auffassungen zwischen Staatsanwaltschaft und Landgericht zu einer Akteneinsicht beziehungsweise zur Herausgabe von Akten, die das Landgericht von der Staatsanwaltschaft fordert.

Wie das Onlineportal „Business Insider“ berichtete, stehen dabei Akten zum 2018 verhängten Bußgeld gegen VW im Mittelpunkt. Der Autobauer musste seinerzeit 5 Millionen Euro Bußgeld zahlen, zudem wurden vom VW-Gewinn
995 Millionen Euro abgeschöpft – in Summe zahlte das Unternehmen also eine Milliarde Euro. Beim Bußgeldbescheid sei es um Verfehlungen auf Ebene der Abteilungsleitungen gegangen, die Anklage gegen Winterkorn und die weiteren Manager ziele aber auf die Vorstandsebene. Im diesem Zusammenhang habe der Richter des Landgerichts die Bußgeldakten einsehen wollen, was ihm von der Staatsanwaltschaft verweigert worden sei. Wie es beim „Business Insider“ heißt, hat die Staatsanwaltschaft die Herausgabe der Akten mit dem Argument verweigert, dass die Informationen für das Verfahren gegen Winterkorn keinen Mehrwert brächten.

Über den Hebel der Dienstaufsichtsbeschwerde will der Richter nun offenbar die Herausgabe der Akten erzwingen. Debatte