Braunschweig. Trotz abflauender Auto-Konjunktur will das Unternehmen im neuen Jahr wachsen. Dabei setzt es auf das Gebrauchtwagengeschäft und Service-Verträge.

Obwohl die Auto-Konjunktur weltweit schwächelt, sind die VW-Finanzdienstleistungen wirtschaftlich weiter erfolgreich. Der Rekordgewinn von 2,61 Milliarden Euro im vergangenen Jahr soll in diesem Jahr noch einmal übertroffen werden. Das sagte Frank Fiedler, Finanzvorstand der in Braunschweig beheimateten VW Financial-Services AG.

Ursprünglich hatte das Unternehmen, das weltweit knapp 16.300 Menschen beschäftigt, einen Gewinn auf Vorjahresniveau angepeilt. Dass es besser lief, lag laut Lars Henner Santelmann, Vorstandschef des Unternehmens, an einem unerwartet starkem Wachstum. So sei der Vertragsbestand von 20,3 Millionen im Vorjahr auf 21,5 Millionen gestiegen.

80 Prozent der Gewinnsteigerung kommen aus dem laufenden Geschäft

Zudem profitiere das Unternehmen von einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit Widerrufsregelungen in Kredit und Leasing-Verträgen, sagte Fiedler. Das erlaube es der VW Financial-Services AG, einen Teil der 290 Millionen Risiko-Rückstellungen aufzulösen. „Daher wird das Ergebnis signifikant über dem Vorjahr liegen, das ist ein richtiger Sprung“, sagte Fiedler, ohne Zahlen zu nennen. Nur so viel: 80 Prozent der Gewinnsteigerung kämen aus dem laufenden Geschäft, 20 Prozent aus der Teil-Auflösung der Rückstellungen.

Positiv wirke sich auch das selbstauferlegte Sparprogramm aus. Im Vergleich zu 2018 wollte das Unternehmen 2025 seine Kosten um jährlich 850 Millionen Euro senken, so die Anfangsplanung. Davon seien bereits 200 Millionen Euro erzielt worden, sagte Fiedler. Das Programm laufe so gut, dass das Einsparziel auf 1,3 Milliarden Euro erhöht werden sei. Fiedler nannte drei Hebel, um die Kosten zu senken: Vertrieb, höhere Produktivität auch durch den Ausbau des Online-Angebots sowie eine weltweit vereinheitlichte IT.

VW will Vertragsbestand bis 2025 auf 30 Millionen zu erhöhen

Vorstandschef Santelmann erwartet 2020 erneut ein schwieriges Jahr. Dafür sorgten angespannte Märkte wie Argentinien, die Türkei und insbesondere China. Dennoch halte das Unternehmen an seinen Wachstumszielen fest, den Vertragsbestand bis 2025 auf 30 Millionen zu erhöhen.

Für Wachstum soll unter anderem der Ausbau des Gebrauchtwagengeschäfts sorgen. So sei die Online-Plattform Heycar mit einem Fahrzeugbestand von etwa 400.000 inzwischen nach „mobile.de“ und Autoscout die drittgrößte in Deutschland. An der Plattform ist neben VW auch Daimler beteiligt, verkauft werden aber Gebrauchtwagen vieler Marken. Nach Angaben Fiedlers teilt sich der auf Heycar angebotene Autobestand auf 50 Prozent Konzern-Fahrzeuge und 50 Prozent Fremdmarken auf. Über die Plattform biete sich die Chance, Kredit- und zunehmend Leasingverträge zu verkaufen. Vor zwei Monaten sei Heycar in Großbritannien gestartet. Bis 2025 solle es eine „gute Abdeckung“ in Westeuropa geben, sagte Santelmann. „Wir schauen uns Land für Land an.“

Fokus liegt in China aktuell auf dem Leasinggeschäft

Auf dem größten Markt China spiele das Gebrauchtwagengeschäft bisher eine untergeordnete Rolle, erläuterte Santelmann. Dort sei der Markt für Gebrauchtfahrzeuge erst im Entstehen. Grund: Autos seien oft innerhalb der Familie weitergeben worden. Ohnehin sei der Aufbau einer Plattform nach Heycar-Vorbild im Alleingang wegen der Größes des Landes kaum zu stemmen, sagte er. Daher sei ein Partner erforderlich. In China liege der Fokus aber aktuell ohnehin auf dem Leasinggeschäft, das stark wachse. China habe sich vom Barzahler- zum Finanzierungs- beziehungsweise Leasingmarkt gewandelt.

Wachstum soll außerdem der Ausbau des Flottengeschäfts bringen, also die Betreuung der Fahrzeugbestände von Großkunden. Dabei richte das Unternehmen den Blick zunächst auf Europa. Dritter Wachstumshebel ist nach Angaben Santelmanns der Ausbau des Geschäfts mit Serviceverträgen ‑ etwa für Verschleiß, Wartung oder Reifen. Dieses Segment wächst besonders stark.

VW rechnet mit 140 Millionen Parktransaktionen

Eine große Bedeutung hat für die VW-Finanzdienstleitungen zudem das Angebot digitaler Dienstleistungen wie Bezahldienste für Parkplätze oder Tankkarten. Diese Dienstleistungen, die steig erweitert werden, seien gut geeignet, Kunden zu binden, sagte Santelmann. In diesem Jahr rechne das Unternehmen zum Beispiel mit 135 Millionen bis 140 Millionen Parktransaktionen, Ziel seien 300 Millionen.

Eine Chance für den Ausbau des Geschäfts sieht Santelmann auch in der Elektro-Mobilität. Aktuell würden 60 von 100 Autos, die der VW-Konzern baut, über die Bücher der VW-Finanzdienstleitungen laufen ‑ weil sie zum Beispiel finanziert oder geleast werden. Wenn im nächsten Jahr der rein elektrische ID.3 zu den Händlern kommt, erwartet Santelmann, dass der Anteil auf 80 Prozent steigt. Grund: Kunden hätten mehr Sicherheit, wenn sie ein geleastes E-Auto nach drei Jahren zurückgeben könnten.

Die gebrauchten Stromer sollen dann über die Online-Plattform Heycar angeboten werden ‑ mit Finanzierungs-, Leasing- und oder Serviceverträgen. „So sollen die Autos so lange wie möglich in unserer Wertschöpfung bleiben“, sagte Santelmann.