Berlin. Die EU unterhält 41 Handelsabkommen mit 72 Ländern. Doch viele deutsche Unternehmen zahlen trotzdem den vollen Zoll. Warum ist das so?

Das Aushandeln von Freihandelsabkommen dauert Jahre – doch fast jedes dritte europäische Unternehmen nutzt die dadurch entstehenden Zollvorteile nicht. Laut EU-Kommission griffen im vergangenen Jahr nur 68 Prozent der Unternehmen auf die Abkommen zurück.

Der Rest zahlte den vollen Preis, den die Welthandelsorganisation (WTO) vorgibt. Damit nutzten 2018 neun Prozent weniger Unternehmen die Abkommen als noch im Jahr 2016.

Freihandelsabkommen: DIHK zeigt sich alarmiert

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zeigt sich darüber alarmiert. „In einer Zeit, in der Handelsabkommen immer wichtiger werden, werden sie nicht genutzt“, sagte Melanie Vogelbach, DIHK-Leiterin für Internationale Wirtschaftspolitik.

Die europäische Nutzungsrate sei mit der deutschen vergleichbar, heißt es vom DIHK. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) würden die Bürokratie scheuen. „Damit werden die Produkte am Ende für alle teurer – auch für die Verbraucher“, kritisiert Vogelbach.

Regelungen teilweise von 1992

Aktuell unterhält die EU 41 Abkommen mit 72 Ländern. Das jüngste Handelsabkommen mit Japan trat am 1. Februar in Kraft, derzeit verhandelt die EU unter anderem mit Neuseeland über einen Handelspakt. Doch häufig seien die Abkommen laut DIHK nicht praktikabel.

Ein Beispiel: Die Freigrenze, für die Waren nicht förmlich nachgewiesen werden, stammt noch aus dem Jahr 1992 und beträgt 6000 Euro. An der Realität der Unternehmen ginge das vorbei.

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EU-Kommission arbeitet seit zwei Jahren an einer Software

Der DIHK hat daher ein Positionspapier vorgelegt. In 18 Punkten schlägt er Empfehlungen für moderne Abkommen vor, darunter unter anderem einheitlichere Standards und den Abbau bürokratischer Hürden.

Auch drängt der DIHK darauf, dass die EU-Kommission Unternehmen eine kostenfreie Software zur Verfügung stellt, mit der Kalkulationen betrieben werden können. An einer solchen Software arbeite die EU bereits seit zwei Jahren, bisher ohne Ergebnis.