Berlin. Auf die Lufthansa kommen Streiks zu: Die Flugbegleiter wollen von Juli an die Arbeit niederlegen, hieß es seitens der Gewerkschaft.

Viele Flugreisende werden sich mit Schrecken an den vergangenen Sommer erinnern. Flugausfälle, massive Verspätungen, überfüllte Wartehallen – Chaos statt Urlaub. Wer hoffte, dass es in diesem Jahr besser wird, erhielt nun einen herben Dämpfer.

Flugreisende müssen sich mitten in der Feriensaison erneut auf Streiks einstellen: Auf die Lufthansa und ihre Kunden kommen Streiks der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo von Juli an zu. Das kündigte der stellvertretende Ufo-Vorsitzende Daniel Flohr am Donnerstag in Frankfurt an. Die Streiks sollen die Lufthansa-Töchter Eurowings und Germanwings betreffen. „Der Chaos-Sommer, der uns letztes Jahr beglückt hat, wird dieses Jahr wahrscheinlich noch mal größer“, sagte Flohr.

Streik: Erste Termine schon im Juli

Zunächst sollen Eurowings und Germanwings von der Arbeitsniederlegung des Kabinenpersonals betroffen sein. Bereits kommende Woche würden dort die ersten Urabstimmungen beginnen, teilte die Gewerkschaft mit. „Nach Abschluss der Urabstimmungen wird Ufo dann die ersten konkreten Streiktermine nennen, die noch im Juli liegen werden“, heißt es in der Ufo-Mitteilung.

Bei Lufthansa würden Streiks einige Wochen später beginnen, derzeit würden noch Tarifforderungen verfasst. Welche Forderungen Ufo genau stellt, wurde nicht bekannt.

Der Zeitpunkt für die Streiks ist empfindlich – immerhin ist bis auf Bayern und Baden-Württemberg in allen Bundesländern im Juli Ferienzeit. Diese Rechte haben Passagiere, wenn die Fluggesellschaft streikt.

Lufthansa reagierte mit Unverständnis auf die Ankündigung. Einen Streik kann es nicht geben, da es derzeit weder offene Tarifverträge noch konkrete Forderungen gibt“, teilte die Airline am Donnerstag mit. „Wir können nicht die Arbeitsbedingungen von über 20 000 Flugbegleitern ausgestalten, wenn nicht einmal die Wirksamkeit geschlossener Verträge sichergestellt ist.“


Germanwings, Eurowings, Lufthansa - Streik? Das Wichtigste in Kürze:

  • Anfang Juli wird es bei Lufthansa einen Streik geben
  • Betroffen sind die Töchter Eurowings und Germanwings
  • Bestreikt werden die Fluggesellschaften von der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo

Unerwartet kommt die Ankündigung der Gewerkschaft aber nicht. Im März kündigte die Flugbegleiter-Gewerkschaft, die 30.000 Mitglieder vertritt, einseitig die bestehenden Tarifverträge auf. Die geltenden Verträge wurden 2017 im Rahmen einer Schlichtung erzielt – mit einer Friedenspflicht bis zum 30. Juni dieses Jahres. Unter Verweis auf diese Friedenspflicht erkannte die Lufthansa die Kündigung im März nicht an.

Streit zwischen Gewerkschaft Ufo und Airlines dauert schon lange


„Wir stehen zur Tarifpartnerschaft“, hieß es nun von Lufthansa. „Hierzu brauchen wir einen zuverlässigen Tarifpartner, um gemeinsam Lösungen im Sinne der Mitarbeiter und des Unternehmens zu erarbeiten. Derzeit ist für uns nicht erkennbar, wann und wie Ufo ihrer Rolle als berechenbarer, konstruktiver Tarifpartner wieder gerecht werden kann. Daher finden aktuell keine Gespräche statt.“

Eurowings- Was man über die Fluggesellschaft wissen muss

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    Ufo wirft der Lufthansa vor, „jedes Gespräch mit der Kabinengewerkschaft konzernweit“ zu verweigern. In den letzten neun Monaten seien beide Parteien lediglich dreimal aufeinandergetroffen. Am vergangenen Freitag seien alle Gespräche mit der Ufo für beendet erklärt worden.

    Für Flohr sei das „die Spitze des Eisbergs“ gewesen, nachdem es die Lufthansa geschafft habe, „die Tarifkonflikte mit ihren Mitarbeitern bewusst eskalieren“ zu lassen. Bei der Lufthansa hat man für den Vorstoß der Gewerkschaft dagegen kein Verständnis. „Einen Streik kann es nicht geben, da es derzeit weder offene Tarifverträge noch konkrete Forderungen gibt“, teilte ein Lufthansa-Sprecher auf Anfrage mit.

    Interne Machtkämpfe bei der Gewerkschaft

    Der Streik würde wohl vor allem Mallorca-Urlauber von Eurowings treffen.
    Der Streik würde wohl vor allem Mallorca-Urlauber von Eurowings treffen. © dpa | Marcel Kusch

    Dass derzeit keine Gespräche mit Ufo stattfinden, begründet die Airline damit, dass nicht erkennbar sei, „wann und wie Ufo ihrer Rolle als berechenbarer, konstruktiver Tarifpartner wieder gerecht werden kann“, so der Lufthansa-Sprecher. Dieser Einschätzung schloss sich auch Eurowings an: „Aufgrund interner Machtkämpfe bei der Gewerkschaft hat die Lufthansa Group entschieden, konzernweit weitere Gespräche mit der Ufo vorerst ruhen zu lassen.“, heißt es in einem Statement.

    Hintergrund für die Vorwürfe ist ein Führungsstreit bei der Ufo, der im vergangenen Monat eskalierte. Der damalige Gewerkschaftschef Nicoley Baublies hatte Strafanzeige gegen seinen Vorgänger Alexander Behrens und zwei weitere Verantwortliche gestellt. Ihnen wurde Untreue vorgeworfen, daraufhin durchsuchte die Staatsanwaltschaft Darmstadt die Büroräume der Gewerkschaft.

    Die Gewerkschafter hätten sich gegenseitig vorteilhafte Anstellungsverträge ausgestellt, mit denen das Vereinsvermögen geschädigt worden sei, lautete der Vorwurf. Drei Vorstände traten zurück, ehe auch Baublies selbst beschuldigt wurde und sein Amt niederlegte.

    Mallorca-Reisende mit Eurowings müssen bangen

    „Wir haben damit natürlich ein Einfallstor geliefert“, sagte Ufo-Vorsitzende Sylvia de la Cruz hinsichtlich der personellen Querelen. Die Kritik von Lufthansa und Eurowings wollte de la Cruz dennoch nicht gelten lassen: „Der Konzern nutzt die internen Auseinandersetzungen jetzt als Feigenblatt, um sich ungeliebter Tarifverträge zu entledigen.“ Die jetzige Auseinandersetzung sei „vermeidbar“ gewesen – „allerdings verlangen unsere Mitglieder nach notwendigen Verbesserungen“, sagte de la Cruz.

    Diese Verbesserungen hätten wohl zumindest mit Eurowings erzielt werden können. Die Billigfluggesellschaft bestätigte, dass sie mit Ufo für zwei Tarifverträge in „fortgeschrittenen Verhandlungen“ gewesen sei. Ufo-Tarifvorstand Flohr geht noch weiter und spricht von „fertig verhandelten Vereinbarungen“.

    Das führe zu der „absurden Situation“, dass die Gewerkschafter nun für bereits erzielte Einigungen auf die Straße gingen. „Dieser Vorgang ist einmalig in der Geschichte der Gewerkschaften in Deutschland“, so Flohr. So müssen nun insbesondere Eurowings-Reisende, die es im Sommer auf die Ferieninsel Mallorca zieht, mit erhöhtem Streikrisiko rechnen.

    Ufo-Streik im Jahr 2015 am Flughafen in Düsseldorf.
    Ufo-Streik im Jahr 2015 am Flughafen in Düsseldorf. © dpa | Maja Hitij

    Denn neben dem Ufo-Arbeitskampf hat auch die spanische Pilotenvereinigung Sepla mit Streiks gedroht. Grund dafür seien die mittlerweile achtmonatigen Verhandlungen mit dem Flugpersonal der Eurowings-Station Palma de Mallorca. In einem Statement, das Sepla auch über die deutsche Pilotenvereinigung Cockpit veröffentlichte, heißt es, dass zwischen den Verhandlungsparteien die „Fronten extrem verhärtet“ seien.

    Bis zum 27. Juni haben beide Seiten noch Zeit, eine Einigung zu erzielen. Gelingt das nicht, stehe den Urlaubern „eine ungewisse An- und Abreise auf die Lieblingsinsel der Deutschen bevor“, heißt es in dem Sepla-Statement.