Göttingen. Agentur für Arbeit organisiert Info-Vormittag für Frauen, die sich beruflich neu orientieren wollen, am 17. Juni im Berufsinformationszentrum.

Anna Wagener, 39 Jahre alt, hat bereits geschafft, was Nadine von Roden (40) und Monika Kopyt (39) noch vor sich haben: Sie hat als Frau einen Beruf erlernt, der nach wie vor eher von Männern ausgeübt wird. Und weil sie in dem Beruf der Industriemechanikerin ihre Berufung gefunden hat, legte sie gleich noch ihre Meisterprüfung ab.

Seit elf Jahren arbeitet die Mutter dreier Kinder nun als Ausbilderin bei der GUF, der Gesellschaft für Umschulung und Fortbildung. Dort bringt sie erwachsenen Männern und Frauen, die sich beruflich neu aufstellen, die Grundlagen ihres künftigen Berufs näher. Von Roden und Kopyt sind zwei Umschülerinnen, die sich auf den Weg gemacht haben, noch weitestgehend berufliche Männerdomänen zu erobern: von Roden legt in diesen Tagen ihre Abschlussprüfung als Industriemechanikerin ab. Kopyt absolviert seit September 2018 eine Umschulung zur Elektronikerin, Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik. Beide Umschulungen dauern 28 Monate und enden mit einer Kammerprüfung. Die Herausforderung dabei ist der komprimierte Ausbildungsstoff. Denn während jugendliche Azubis den Beruf in 42 Monaten lernen, stehen erwachsenen Umschülern nur zwei Drittel der Zeit zur Verfügung.

Die Verkürzung ist die Voraussetzung dafür, dass die Bildungsmaßnahmen durch die Arbeitsagentur oder das Jobcenter gefördert werden können. „Da braucht man auch in der Familie Unterstützung und muss auch zu Hause was machen, sonst wird es schwierig“, sagt von Roden.

Während Wagener ihre Berufung bereits als Jugendliche fand – ihr Vater hatte sie mit in seinen Betrieb genommen, damit sie sich mal ein Bild von dem Beruf und dem Arbeitsumfeld machen konnte – kommen Kopyt und von Roden aus anderen Berufsfeldern. Kopyt hat Archäologie studiert und in verschiedenen Bereichen gejobbt. Über eine Anlerntätigkeit im Elektronikbereich entdeckte sie ihr Interesse an dem Berufsfeld. Nach ihrer Elternzeit bemühte sie sich vergeblich um eine betriebliche Ausbildung. Ihrer Einschätzung nach haben die Arbeitgeber einer Mutter mit kleinen Kindern die Ausbildung nicht zugetraut. „Als dann die Möglichkeit bestand, die überbetriebliche Umschulung bei der GUF zu machen, bin ich innerhalb einer Stunde direkt von der Arbeitsagentur zum Bildungsträger gefahren – mit dem Kleinen im Maxi Cosi“, lacht Kopyt.

Von Roden lernte nach der Schule Bürokauffrau, doch anschließend arbeitete die Mutter zweier Kinder berufsfremd im Verkauf und in der Kundenbetreuung. Als sie arbeitslos wurde, stand für sie fest, dass sie ihr Interesse an Handwerk und Technik zum Beruf machen wollte. Im Rahmen einer Berufsorientierung in der GUF entdeckte sie ihre Liebe zur Metallwerkstatt. Warum sie erst als Erwachsene diesen Weg gegangen ist? „Ich habe mich vorher nicht getraut“, gesteht sie.

Dass es möglich ist, Familie und Beruf oder Ausbildung unter einen Hut zu bekommen, auch in Männerberufen, zeigen die drei Powerfrauen bei der GUF. Zwar gibt es viel zu organisieren, gemeinsam mit dem Bildungsträger und den Praktikumsbetrieben finden sich aber Lösungen, um Arbeits- und Familienzeiten miteinander zu vereinbaren.

Dass Frauen keine Angst vor dem Scheitern haben müssen, weiß Ausbilderin Wagener: „Frauen sind keineswegs die schlechteren Mechaniker oder Elektroniker. Sie gehen anders an viele Dinge heran, sind oftmals strukturierter und effizienter und tauschen sich mehr untereinander aus, um ans Ziel zu gelangen.“

Frauen, die sich für einen beruflichen Neustart interessieren und mehr über technische Berufe erfahren möchten, können sich am 17. Juni von 9 bis 13 Uhr beim Info-Vormittag im Biz der Agentur für Arbeit Göttingen, Bahnhofsallee 5, informieren.