Washington. Die Börsenaufsicht will Elon Musk nach Kurs-Manipulation mit einem Berufsverbot belegen. Über Twitter habe er für viel Unruhe gesorgt.
Dem Chef des Elektroauto-Riesen Tesla droht, der Stecker gezogen zu werden. Der Milliardär Elon Musk soll Investoren mit Twitter-Ankündigungen, den Konzern von der Börse zu nehmen und zu privatisieren, in die Irre geführt haben. Die amerikanische Börsenaufsicht wirft dem gebürtigen Südafrikaner aber nicht nur Betrug vor. Musk soll – ein ungewöhnlich drastischer Schritt – an der Spitze von Tesla de facto mit einem Berufsverbot belegt werden. Die Tesla-Aktie büßte zwischenzeitlich zwölf Prozent ihres Wertes ein.
Der 47-Jährige, sonst für freche Kommentare bekannt, reagierte verschreckt auf die Attacken der „Securities and Exchange Commission“ (SEC). Die „ungerechten“ Anschuldigungen stimmten ihn „tief traurig“. Wahrheit, Integrität und Transparenz seien – im Interesse der Anleger – immer seine obersten Geschäftsprinzipien gewesen. Er werde beweisen, dass die Anschuldigungen haltlos seien.
Das sieht die SEC im Rückblick auf die spektakulären Tesla-Tage im August anders. Damals hatte Musk im Auto auf dem Weg zum Flughafen das Smartphone zur Hand genommen und an seine 22 Millionen Anhänger getwittert, er erwäge, Tesla von der Börse zu nehmen. Die Finanzierung sei „gesichert“. Anteilseigner sollten 420 Dollar pro Aktie erhalten, was seinerzeit 20 Prozent über dem aktuellen Wert bedeuteten. Konsequenz: Die Tesla-Aktie macht einen Gewinnsprung von elf Prozent.
In einem Internet-Beitrag erklärte Musk eine Woche später, der Deal werde abgeschlossen, Partner sei der Staatsfonds des Öl-Magnats Saudi-Arabien. Aber leider sei das Finanzgerüst noch nicht komplett. Nur wenig später dann der erste Rückzieher: Kommando zurück. Musk blies die Privatisierungspläne ab. Der Verbleib an der Börse sei der „bessere Weg für Tesla“, schrieb er ohne nähere Erläuterungen.
Dem Visionär sollen die Flügel gestutzt werden
Analysten in US-Medien kritisierten Musks loses Mundwerk. Sie erinnerten daran, dass die Börse Tesla immer wieder notwendiges Kapital bereitstellte und so der Aktienkurs in gigantische Höhe (derzeit etwa 50 Milliarden Dollar) steigen konnte. Obwohl der Konzern notorisch im Minus steckt und bei der Produktion seiner E-Autos regelmäßig Negativschlagzeilen schreibt.
In ihrer vor einem Gericht in New York eingereichten Klageschrift wirft die SEC Musk vor, dass seine Ankündigungen „falsch und irreführend“ gewesen seien. Weder habe es solide Gespräche zur Finanzierung einer Privatisierung gegeben noch habe er mit potenziellen Investoren verhandelt.
Mit anderen Worten: Musk, dem 20 Prozent von Tesla gehören, ist für die Börsenaufsicht ein Betrüger, der mit seinen luftigen Kommentaren den Kurs der Aktie künstlich in die Höhe getrieben hat. Dadurch seien Anleger geschädigt worden, die auf einen niedrigeren Börsenkurs gesetzt hatten.
Stephanie Avakian, Leiterin der SEC-Vollzugsdirektion, sagte gegenüber Journalisten, dass Musk untersagt werden soll, an der Spitze von börsennotierten Unternehmen stehen zu dürfen. Kurzum – dem Visionär sollen die Flügel gestutzt werden.
In den Unterlagen der SEC wird deutlich, welches Chaos in den entscheidenden August-Tagen bei Tesla herrschte. Knapp eine halbe Stunde nach der hemdsärmeligen Twitter-Meldung des Chefs fragte Finanzchef Deepak Ahuja, ob er die Belegschaft von den neuen Plänen informieren solle. Musk: „Ja, das wäre großartig.“
Das ist der neue Tesla E-Lastwagen
Auch bei der Frage, wie Musk auf den Preis von 420 Dollar pro Aktie kam, mit dem Anlegern die Privatisierung versüßt werden sollte, fand die SEC bizarre Details heraus. Die Zahl, so Musk, habe in der Marihuana-Szene eine besondere Bedeutung. Musk: „Ich dachte, dass meine Freundin das lustig finden würde.“
Debatte um neue Führung könnte Musks Absetzung beschleunigen
Für Tesla wäre Musks Absetzung ein dramatischer Schlag. Der Konzern steht gerade bei der schleppend verlaufenden Produktion des Tesla-Models 3 vor seiner größten Bewährungsprobe. Der Konzern lebte in der Vergangenheit fast ausschließlich vom schillernden Macher-Image des Tech-Tausendsassas, der nebenbei rasend schnelle Verkehrssysteme (Hyperloop) auf der Erde und ambitionierte Weltraumfahrt-Geschäfte (SpaceX) unterhält.
Andererseits gab es in den vergangenen Monaten immer wieder Momente, in denen Musk, der kaum schläft, überfordert und fahrig wirkte, weil er „auf zu vielen Hochzeiten tanzt“ (New York Times). Sinnbildlich steht dafür sein bizarrer Streit mit einem britischen Taucher, der im Sommer zur dramatischen Höhlen-Rettung eines thailändischen Jugend-Fußball-Teams beigetragen hatte. Musk beschuldigte ihn der Pädophilie.
Die Debatte um Einsetzung eines neuen Top-Managers bei Tesla könnte sich durch den Frontal-Angriff der SEC beschleunigen, zumal auch das US-Justizministerium gegen Musk ermittelt und mehrere Anleger-Klagen anhängig sind. Unterdessen gibt das Unternehmen Durchhalte-Parolen aus, damit der Tesla-Kurs (Minus von zwölf Prozent nachbörslich am Donnerstag) nicht weiter abstürzt. Man vertraue der „Integrität und Führung“ des Gründers, teilte Tesla mit.