Berlin. Die gestiegenen Auflagen für die Tierhaltung belasten viele Schweinezüchter. Die Bundesregierung will daher mehr Klarheit schaffen.

Dass sich die Schweinebauern von der Politik im Stich gelassen fühlen, mag viele Gründe haben – an der wenig pointierten Formulierung ihrer Probleme aber kann es nicht liegen: Unter dem Kürzel „3K“ – das steht für Kastenstand, Kupieren, Kastration – fassen die Bauern seit geraumer Zeit ihren Ärger zusammen.

Denn in diesen drei Bereichen erschwerten den Bauern zufolge schärfere Auflagen für die Tierhaltung das Geschäft. Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) hat nun eine alarmierende Umfrage veröffentlicht.

Demnach plant jeder Zweite der 645 befragten Schweinezüchter in Deutschland, binnen den nächsten zehn Jahren seinen Betrieb aufzugeben. Etwa jeder sechste Bauer will bereits in den kommenden zwei Jahren aussteigen. Offenbar sorgen sich die Züchter um gestiegene Auflagen für die Haltung der Tiere (70 Prozent der Befragten). Rund die Hälfte sieht Kastration oder die Vorgaben zum Kupieren als Problem. „Die Menge an komplett regional erzeugtem Fleisch vom Ferkel bis zur Schlachtung wird deutlich abnehmen“, sagte ISN-Geschäftsführer Torsten Staack. Importe von Ferkeln etwa aus Dänemark würden zunehmen.

Betäubungslose Kastration ab 2019 verboten

Tatsächlich müssen die Schweinezüchter in den nächsten Jahren zahlreiche neue Regeln umsetzen – von denen viele noch unklar sind. Etwa beim Kastenstand, einem Metallrahmen, in dem die Sauen gehalten werden, damit sie ihre Ferkel beim Säugen nicht erdrücken. Die bislang geltende Praxis hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg bereits 2016 für unrechtmäßig erklärt.

Aber die Agrarminister in Deutschland haben sich bislang nicht auf neue Regeln einigen können. Niemand weiß also, wie die Ställe der Zukunft aussehen müssen – das macht Investitionen schwer. Auch das Kupieren, also das Kürzen der Ringelschwänze, ist schon seit Längerem verboten, wird aber noch geduldet. Ein Verzicht ist für viele konventionelle Bauern schwer umzusetzen, weil sich die Tiere auf engem Raum sonst gegenseitig die Schwänze abbeißen.

Die Kastration betrifft neugeborene männliche Schweine. In der konventionellen Landwirtschaft ist es gängige Praxis, dass die jungen Tiere kurz nach der Geburt ohne Betäubung kastriert werden. So soll der von vielen Menschen als unangenehm empfundene Ebergeruch des Fleischs vermieden werden.

Die betäubungslose Kastration aber ist in Deutschland ab Anfang 2019 verboten. Welches Verfahren dann zulässig ist – auch das ist unter den Agrarministern noch umstritten. In Biobetrieben betäubt der Tierarzt die Tiere. Der ISN kritisiert, konventionelle Betriebe könnten sich das nicht leisten. Denn pro Ferkel kostet die Betäubung rund sechs Euro – der derzeitige Preis für Schweinefleisch deckt diese Kosten nicht. Ähnlich argumentiert auch der Deutsche Bauernverband.

Politik reagiert mit „Runde Tisch Sauenhaltung“

Doch es gibt auch Stimmen, die sagen, Schweinezüchter hätten sich längst auf die neuen Vorgaben zum Tierschutz vorbereiten können. „Es ist seit Jahren bekannt, wie Ställe ohne Kastenstand aussehen müssen“, sagt etwa die Biologin Edna Hillmann. Das habe zwar zur Folge, dass künftig weniger Sauen in einen Stall passten, und sei damit ein Kostenfaktor, aber „die Landwirte hatten aufgrund sehr langer Übergangsfristen auch ausreichend Zeit, sich darauf einzustellen“.

Im CDU-geführten Bundeslandwirtschaftsministerium scheint man die Rechtsunsicherheit der Landwirte nun erkannt zu haben. Ministerin Julia Klöckner habe die beteiligten Bundestagsabgeordneten und die Interessenvertreter eingeladen, die Problematik der Ferkelkastration und des Kastenstands zu besprechen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Der „Runde Tisch Sauenhaltung“ solle demnächst stattfinden.