Berlin. US-Präsident Donald Trum erwägt, Einfuhrsätze für Autos auf bis zu 25 Prozent zu erhöhen. Industrie warnt vor Schäden für Hersteller.

Kaum ein Tag ohne Überraschung aus dem Weißen Haus. Nach der Verhängung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium aus der EU lässt US-Präsident Donald Trump nun prüfen, ob seine Regierung neue Importzölle auf Autos, Lastwagen und Autoteile erheben will – und zwar in einer Höhe von bis zu 25 Prozent.

Für Pkw würde dies einen zehn Mal höheren Zollsatz bedeuten. Importwagen würden in den USA entsprechend teurer – und die Wettbewerbsfähigkeit ausländischer Hersteller sinken. Entsprechend groß ist die Aufregung in der deutschen Autoindustrie.

Wie begründet Donald Trump den Schritt?

Der US-Präsident hat sein Handelsministerium angewiesen zu klären, ob die Autoeinfuhr eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA darstelle. Denselben Winkelzug, der auf einem US-Gesetz von 1962 basiert, hatte Trump schon bei den Strafzöllen für Stahl und Aluminium angewandt. Die Entscheidung stellt eine weitere Eskalation im Konflikt der USA mit seinen Handelspartnern da.

Wie hoch sind heute die Einfuhrzölle?

Aktuell besteht ein großes Ungleichgewicht bei den Zollsätzen. Die EU belegt Autoimporte aus den USA mit zehn Prozent. Umgekehrt schlagen die US-Amerikaner für Pkw-Importe aus Europa nur 2,5 Prozent für Zoll auf den Warenwert. Ein höherer Zoll von 25 Prozent wird nur für die Einfuhr von Light-Trucks wie SUV und Pick-ups fällig.

Wie wichtig sind Autoexporte für Deutschland?

Die Ausfuhr von Autos und Zubehör sind das wichtigste Exportgut der Deutschen. Auf sie entfallen nach Zahlen von 2016 insgesamt 18,9 Prozent aller Ausfuhren, gefolgt von Maschinen (14,1 Prozent) und Chemischen Erzeugnissen (8,9 Prozent). Die meisten Güter gehen in EU-Länder, größter einzelner Handelspartner sind die USA (8,9 Prozent), nach China fließen 6,3 Prozent. Mit Warenausfuhren von 1,4 Billionen Euro ist Deutschland der weltweit drittgrößte Exporteur nach China und den USA.

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    Wie bedeutend ist der US-Automarkt?

    2017 wurden in den USA 17,25 Millionen Autos verkauft. Davon wurden 11,3 Millionen Fahrzeuge in den USA produziert – und zwar nicht nur von US-Herstellern, sondern auch von europäischen Autobauern, die fast alle Werke in den USA betreiben. Sechs Millionen Fahrzeuge – also gut ein Drittel aller verkauften Fahrzeuge – wurden importiert. Rund 1,3 Millionen Fahrzeuge wurden von der VW-Gruppe, BMW und Mercedes in den USA verkauft. Umgekehrt wurden im Vorjahr 152.000 Autos aus den USA nach Deutschland eingeführt.

    Welche Auswirkungen hätten Strafzölle für deutsche Hersteller?

    „Importzölle von 25 Prozent würden der deutschen Autoindustrie zwar keinen Todesstoß versetzen, doch wären sie eine relevante Belastung für die hiesigen Hersteller“, sagt der Autoexperte Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) dieser Zeitung. Ein Oberklasse-Wagen, der beispielsweise rund 40.000 Euro kostet, würde durch 10.000 Euro Zollbelastung teurer. Durch die Mehrkosten würde voraussichtlich der Absatz sinken.

    Auch der Direktor des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher ist überzeugt: „Strafzölle auf Autos wären für Deutschland ein Desaster. Sie würden die deutsche Volkswirtschaft empfindlich treffen und viele gute Arbeitsplätze gefährden.“

    Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des CAR-Center Automotive Research, zeigt sich zuversichtlicher. Der US-Markt werde künftig an Bedeutung verlieren und die Wachstumsmärkte China, Indien und Russland dagegen zulegen und entstehende Verluste ausgleichen.

    Welche Länder leiden am stärksten?

    Nach Berechnungen des Ifo-Instituts würden die US-Autozölle Deutschland rund fünf Milliarden Euro kosten – es wäre damit am stärksten belastet. Die Effekte durch die ab 1. Juli geltenden Zölle auf Aluminium- und Stahlprodukte wären „mit etwa 40 Millionen Euro dagegen vergleichsweise vernachlässigbar“, urteilt Gabriel Felbermayr, Leiter des ifo Zentrums für Außenhandel. Für alle 28 EU-Länder beziffert der Ökonom die Belastungen auf 8,5 Milliarden Euro. Auf Japan kämen 4,3 Milliarden Euro zu, auf Korea 2,3 Milliarden Euro und auf China 1,7 Milliarden Euro.

    Wie viele Autos produzieren deutsche Hersteller heute in den USA?

    Deutschland exportiert nicht nur Fahrzeuge, sondern zählt in den USA selbst zu den großen Arbeitgebern. BMW hat beispielsweise sein weltweit größtes Pkw-Werk in Spartanburg/South Carolina. Daimler betreibt eine Fabrik in Tus­caloosa/Alabama, VW in Chattanooga/Tennessee. In den Werken deutscher Hersteller arbeiten rund 36.500 Menschen, bei Zulieferern sind weitere 80.000 beschäftigt. Nur Porsche hat in den USA keine eigene Produktion. Die Produktion sank 2017 um gut sechs Prozent auf 804.000 Wagen. 40 Prozent davon wurden in den USA abgesetzt. Die übrigen gingen in den Export.

    Was sagen die Industrieverbände?

    Die EU-Kommission und deutsche Wirtschaft kritisieren mögliche Zollerhöhungen scharf. „Aspekte der nationalen Sicherheit als Begründung anzuführen, ist konstruiert und an den Haaren herbeigezogen“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. Investitionen und Jobs, die deutsche Hersteller schaffen, würden völlig außer Acht gelassen. Der Präsident vom Bundesverband Großhandel und Außenhandel (BGA) sieht einen „weiteren Tiefschlag in den transatlantischen Handelsbeziehungen“. Die Zölle würden sowohl der Industrie als auch den amerikanischen Verbrauchern schaden.

    Wie reagiert China im Konflikt mit den USA?

    Im Handelsstreit mit den USA hat China in dieser Woche angekündigt, die Einfuhrzölle für Autos von bislang 25 Prozent auf nur noch 15 Prozent zu senken. Die neue Regelung soll vom 1. Juli an gelten. Die Volksrepublik ist aktuell mit 28,9 Millionen verkauften Fahrzeugen der größte Automarkt der Welt.

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      Allerdings wurden 2017 davon nur 1,22 Millionen Autos importiert. Dabei handelt es sich vor allem um Limousinen der Oberklasse sowie um Geländewagen. Deutschland ist derzeit der drittgrößte Autoexporteur nach China – nach Japan und den USA. So setzte BMW rund 200.000 Autos, Mercedes fast 160.000, Porsche rund 70.000 und Audi 50.000 Fahrzeuge ab. Insofern werden von diesen günstigeren Einfuhrzöllen künftig auch die deutschen Autobauer profitieren. Gleichzeitig produzieren deutsche Hersteller in Zusammenarbeit mit chinesischen Herstellern etwa 4,9 Millionen Pkw direkt in China.