Brüssel. Die Brüsseler EU-Kommission will Dienste im Internet zu mehr Vertraulichkeit verpflichten, doch die Branche befürchtet Werbeverluste.

Für den Internet-Nutzer sind sie ein Ärgernis, für die Werbewirtschaft Ausgangspunkt lukrativer Geschäfte: Cookies, Datensammelstellen auf Internetseiten. Mit deren Hilfe kann der Betreiber nachverfolgen, wo sich ein Nutzer im Netz tummelt – wertvolles Rohmaterial fürs Marketing. So bekommt, wer nach einer Kaffeemaschine fahndet, anschließend ungefragt Reklame für Küchengeräte. Die Genehmigung hat er oft ohne klare Vorstellung von den Folgen durch einen Mausklick („einverstanden mit Cookies“) erteilt.

Das will die Brüsseler EU-Kommission durch eine Grundsatz-Entscheidung ersetzen: Der Verbraucher soll über die Einstellung seines Browsers festlegen, wie viel von seinem Nutzerverhalten er preisgeben möchte. Weiterverwendung der Daten wäre nur dann gestattet, wenn der Kunde durch Änderung der Browser-Einstellung ausdrücklich zugestimmt hat. Rein statistische Daten und Informationen zur unmittelbaren Nutzung der Seite („was ist in meinem Einkaufswagen?“), wären umgekehrt nicht mehr zustimmungsbedürftig.

Cookies verschwinden nicht

Cookies werden also nicht völlig verschwinden. Die Wirtschaft hält das Konzept der Kommission für ein Unding. Verlässliche Analysen über den Erfolg einer Web-Seite seien damit nicht mehr möglich, erklärt der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Den Schaden hätten nicht nur die darauf angewiesenen Branchen, sondern auch die Nutzer kostenfreier Netz-Dienste, die durch Werbung finanziert würden.

„Diese Verordnung stellt etablierte und von den Verbrauchern akzeptierte Geschäfts­modelle infrage“, erklärt BVDW-Vize Thomas Duhr. Die Brüsseler Kommission hält dem entgegen, Werbung und Erfassung des Nutzerverhaltens würden keineswegs untersagt. Der Nutzer müsse aber „selbst entscheiden, welche Praktiken er zulässt“. Cookie-Verweigerung schützt freilich vor Werbung nicht – sie ist dann nur nicht mehr personalisiert.

Vertrauliche E-Mails

Werbeblocker bleiben zulässig. Wer eine entsprechende Sperre installiert hat, muss damit rechnen, dass ein Seitenbetreiber Gegenmaßnahmen ergreift. Zum Beispiel durch Aufforderung, die Blockade für die Seiten dieses Anbieters aufzuheben. Auch bei Nachrichten-Diensten soll die Vertraulichkeit verbessert werden.

Mehr als 90 Prozent der EU-Bürger legen nach einer EU-Umfrage Wert darauf, dass neben der traditionellen Übermittlung per Brief oder Telefon auch vertraulich bleibt, was sie per E-Mail oder über Dienste wie WhatsApp, Skype oder Viber mit anderen austauschen. Demzufolge soll laut Kommission verbindlich gelten: Text-Nachrichten, Mails oder Sprachanrufe dürfen nicht angezapft, durchsucht oder gespeichert werden.

Nutzer gibt grünes Licht

Neben dem Inhalt sollen auch die sogenannten Metadaten einer Kommunikation (Zeitpunkt, Standort) geschützt sein, es sei denn, der Nutzer hat grünes Licht gegeben. Ausgenommen ist, was zur Erstellung von Rechnungen benötigt wird. Mehr Schutz vor Reklame sollen Auflagen für Direktwerbung und Spam (Schrott-Mail) schaffen. Wer per E-Mails, SMS oder über automatische Anruf-Systeme auf Kundenfang geht, muss nach dem Brüsseler Gesetzesvorschlag künftig das Einverständnis des Adressaten einholen.

Bei Werbung per Telefon muss die Nummer des Anrufers angezeigt werden. Mit den Vorschlägen will die Kommission ein Telekom-Gesetz von 2009 auf den aktuellen Stand bringen. Ministerrat und Europa-Parlament müssen noch zustimmen. Das Datenschutzrecht soll für alle EU-Staaten gelten und nach jetzigen Plänen möglichst bis Frühjahr 2018 in Kraft treten.