Berlin. Durch die jüngste Störung waren 1,8 Millionen Vodafone-Kunden offline. Für Betroffene gibt es Hilfe – unter bestimmten Bedingungen.

Die Entwarnung kam zu früh. Als Vodafone am Freitag um 15 Uhr die Großstörung im deutschen Kabelnetz für beendet erklärte, war längst noch nicht alles gut. Bis Sonnabend klagten viele Nutzer über tote Telefone und Internetausfälle. Am Donnerstagmittag waren die Leitungen auf breiter Front in die Knie gegangen. Offizielle Ursache: Rechnerprobleme in Berlin und Frankfurt. In der Spitze seien rund 1,8 Millionen Kunden von der Panne betroffen gewesen, hieß es. Dass die Technik auch am frühen Sonnabend noch nicht ganz rund lief, räumte eine Vodafone-Sprecherin erst auf Anfrage ein: „Bei Internetverbindungen hakt es noch ein bisschen.“ Verantwortlich dafür seien „Schnittstellenprobleme“, die aber bald behoben sein sollten.

Auch wenn es sich für Kunden anders anfühlt: Weitläufige Ausfälle wie dieser sind eher die Ausnahme. „Jenseits von Großereignissen oder Naturkatastrophen sind solche Störungen des Telefonnetzes generell sehr selten“, sagt Michael Reifenberg von der Bundesnetzagentur. Zahlen dazu gibt die Bundesnetzagentur nicht heraus. Sie nimmt zwar die Störungen auf, prüft jedoch vornehmlich, ob die Anbieter ihrer sogenannten Versorgungspflicht nachgekommen sind. Als nächster Termin steht laut Reifenberg der 1. Januar 2020 an: „Dann müssen 98 Prozent aller Haushalte erreicht werden“, sagt er. Bislang hätten die Unternehmen ihre Verpflichtung in der Regel weit vor dem Termin erfüllt.

Trotz Störungen telefonieren – über WLAN

Zwar sind Großstädte und deren Umgebung mittlerweile fast durchgehend gut vernetzt, auf dem Land oder an anderen Orten ist der Empfang aber teilweise immer noch mangelhaft. Vodafone und Telekom bieten deshalb seit einiger Zeit die Möglichkeit zu Handygesprächen über WLAN-Hotspots. Das nennt sich WLAN Call oder WiFi Calling und soll dort funktionieren, wo der normale Empfang sehr schlecht oder gar nicht möglich ist.

Welcher Anbieter häufig oder weniger häufig Netzstörungen hat, ist für den Verbraucher schwer überschaubar. Laut Bundesnetzagentur gibt es zwar im Störungsfall eine Meldepflicht für Unternehmen. Statistiken darüber gibt es, sie werden aber von der Bundesnetzagentur nicht öffentlich gemacht.

Internetseite zeigt aktuelle Störungen in Echtzeit

Wer sich selbst ein Bild von den Ausfällen der Anbieter machen will, ist auf der Seite www.allestoerungen.de im Internet richtig. Dort wird in Echtzeit gelistet, welche Unternehmen – von Mobilfunkanbietern über Social-Media-Seiten bis zu Onlineshopping-Anbietern – gerade Probleme haben. Außerdem zeigt ein wöchentlich aktualisiertes Ranking, welcher Anbieter derzeit mit den meisten Netzstörungen kämpft. Auf den vorderen Plätzen liegen meist Kabel Deutschland, Vodafone und die Deutsche Telekom.

Dennoch gilt die Telekom unter Kunden seit Jahren im Vergleich zu anderen Mobilfunkanbietern als relativ verlässlich. Ein Test, den die Fachzeitschrift Connect 2015 durchgeführt hat, bestätigt das. Zum fünften Mal in Folge geht das Netz der Telekom darin als Sieger hervor. Dabei gewinnt die Telekom – vor Vodafone – aber vor allem im Bereich der Datennutzung. Die Raten im Download fallen im Mittel fast doppelt so hoch aus wie beim Konkurrenten. Anders beim Telefonieren. Da liegt das Vodafone-Netz in Bezug auf Erfolgsraten, Sprachqualität und Rufaufbauzeiten in Großstädten leicht vorne, dafür ist der Telekom-Empfang in Kleinstädten und in Zügen der Deutschen Bahn besser. Wobei sich der Studie zufolge in der Bahn kaum etwas getan hat. Auch bei der Telekom liefen mehr als zehn Prozent der Anrufe ins Leere, bei O2 sogar nahezu ein Drittel.

Entschädigungen nur bei größerem Schaden denkbar

Solche Tests behandeln die generelle Verfügbarkeit von Netzen; über die Wahrscheinlichkeit von Großausfällen sagen sie nichts. Über Facebook und Twitter beschwerten sich bis Samstag zahlreiche Nutzer über die Vodafone-Störung. Einige forderten Entschädigungen. Ein tatsächlich durch Netzausfall entstandener Schaden kann zivilrechtlich geltend gemacht werden.

Bevor man aber gleich zum Anwalt geht, solle man erst einmal das Gespräch mit dem Unternehmen suchen und den Sachverhalt detailliert schildern, meint Carola Elbrecht vom Bundesverband der Verbraucherzentrale. Relevante Schadensfälle seien durchaus denkbar, sagt die Juristin: Der Selbstständige, dem ohne Internet ein Auftrag entgangen ist, der Privatmann, der bei Ebay seine Gebote oder Angebote nicht kontrollieren konnte, oder jemand, den in einer Vertragsangelegenheit ein wichtiger Telefonanruf nicht erreicht hat. „Man sollte die Kirche aber im Dorf lassen“, rät die Verbraucherschützerin. Forderungen, „nur weil jemand nicht googeln konnte für ein paar Stunden“, seien nicht erfolgversprechend.

Bei Netzausfällen künftig bei der Konkurrenz telefonieren?

Inzwischen verhandeln die Mobilfunkkonzerne Telekom, Vodafone und O2 offenbar über eine Allianz bei Netzausfällen. Das berichtet „Bild am Sonntag“. Demnach habe O2 nach dem Telekom-Netzausfall vor zwei Wochen vorgeschlagen, sich bei Netzausfällen gegenseitig zu helfen. Komme es zu Störungen, könnten betroffene Kunden dann die Netze der anderen Anbieter nutzen. Derzeit liefen Gespräche auf technischer Ebene. Es seien aber noch einige Probleme zu lösen. Bei Vodafone habe es geheißen, zunächst gehe es um Lösungen für kritische Infrastrukturen wie Energieversorger oder Krankenhäuser. (mit rtr)