Hamburg. . Der Ex-ARD-„Sportschau“-Moderator Gerhard Delling meldet sich als Autor zurück. In seinem Buch geht es um seine starke Großmutter.

Seine letzten Worte hatte sich Gerhard Delling gut überlegt. Der finale Satz sollte sitzen, schließlich gingen für den von seinen Kollegen „Delle“ genannten Moderator mehr als 30 Jahre ARD-„Sportschau“ zu Ende. Wie also würde er sich in seiner letzten Sendung von den Zuschauern verabschieden? Delling schaute wehmütig in die Kamera und sagte so einen typisch halbernst-süffisanten Delling-Satz: „Die Lücke, die ich hinterlasse, wird mich schon ersetzen.“ Und dann war er raus aus dem Geschäft.

Zwei Jahre ist es nun her, dass das bekennende Arbeitstier Gerhard Delling (61) Schluss machte mit dem Fernsehen und sich ins Privatleben zurückzog. Ausgerechnet er, der von sich sagt, er möge keinen Leerlauf im Leben, hat mittlerweile viel Zeit – nicht nur wegen des monatelangen Lockdowns.

Gerhard Delling: 400-Seiten Buch über die eigene Großmutter

Jetzt meldet sich Delling zurück. Mit einem Buch. Der Mann, der sich seit seiner Kindheit mit Fußball beschäftigt, überrascht mit ganz neuen Facetten: In „Ella & Co. KG“ geht es nicht um Torschützen oder Trainerweisheiten, sondern auf 400 Seiten um Dellings resolute Großmutter, die in der Nachkriegszeit einen Schrottplatz in Schleswig-Holstein betrieb. Ein Familienroman also mit autobiografischem Hintergrund. Will Delling beweisen, dass er immer noch etwas zu sagen hat – auch ohne TV-Bühne?

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Anruf bei Delling im Hamburger Norden, wo er seit 30 Jahren wohnt: Der Charmeur mit der ewig währenden Pennälerausstrahlung wirkt aufgeräumt, als er über seine frühen Jahre in Büdelsdorf spricht, einem Örtchen am Nord-Ostsee-Kanal. „Meine Großmutter war keine prägende Figur für meine Kindheit, aber sie war eine besondere Persönlichkeit, die schon Ende des Zweiten Weltkriegs und vor allem danach ihren eigenen Weg als Unternehmerin gegangen ist.“

Dellings Großmutter führte ihr Leben lang einen eigenen Schrottplatz

Im Buch schildert er, wie die beleibte Oma mit viel Fleiß den Schrottplatz führte, den später Dellings Vater übernahm und auf dem auch der junge Gerhard während des Kieler VWL-Studiums sein Taschengeld verdiente.

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Er ist dann trotzdem nicht Recyclingunternehmer geworden, sondern Journalist, was durchaus dem Einfluss seiner Großmutter zugerechnet werden kann: „Sie ist in ihrem Leben nie im Urlaub gewesen, sondern war Tag und Nacht mit ihrem Unternehmen beschäftigt – wahrscheinlich ist es das, was mich so beeindruckt hat auch für meinen Beruf: sich langfristig in etwas zu vertiefen.“

Als Autor etwa. Delling hat einige Fußballbücher veröffentlicht, aber eine Erzählung über die eigene Herkunft ist eine andere Nummer. „Ich hatte lange den Wunsch, dieses Buch zu schreiben. Schon vor Jahren habe ich damit angefangen, Fragmente der Geschichte aufzuschreiben.

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    Als dann im vergangenen Jahr Corona kam, habe ich mich an den Schreibtisch gesetzt und bin in einen Flow geraten.“ Zuerst habe er das Buch gar nicht veröffentlichen wollen – „ich habe eine spezielle Schreibe, die ist vielleicht nicht jedermanns Sache“. Ob er für das verschnörkelt formulierte Buch Kritikerpreise einheimsen wird, bleibt abzuwarten.

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    Aber Auszeichnungen hat der Vater dreier Töchter ja bereits zur Genüge bekommen, die bedeutendste war der Grimme-Preis für die frotzelnden Länderspiel-Kommentierungen an der Seite des schillernden Günther Netzer (76). Überhaupt gehören die zwölf gemeinsamen Jahre vor der ARD-Kamera mit dem früheren Spielmacher zu den erfolgreichsten in Dellings Berufsleben.

    Auch nach der Sportschau“: Der Fußball lässt Delling nicht los

    Ihre Dialoge klangen stets, als seien der Norddeutsche und der Niederrheiner hochgradig genervt voneinander. Beispielsweise wenn Delling feststellte: „Sie haben die WM doch sicher auch genossen“ – und Netzer erwiderte: „Oh ja. Und wenn Sie nicht dabei gewesen wären, noch mehr.“ Tatsächlich mögen sich die beiden Siezfreunde, Netzer war Trauzeuge bei Dellings zweiter Hochzeit, sie stehen bis heute in Kontakt.

    Gerhard Delling (links) und Günter Netzer stehen neben dem Löwen-Maskottchen der WM in Südafrika, die sie für das deutsche Fernsehen kommentierten.
    Gerhard Delling (links) und Günter Netzer stehen neben dem Löwen-Maskottchen der WM in Südafrika, die sie für das deutsche Fernsehen kommentierten. © imago/Sven Simon | imago/Sven Simon

    Der Fußball lässt Delling nicht los, auch wenn er sich nie auf die Rolle des Sportmoderators reduzieren lassen wollte. Der langjährige Reporter kann sich vorstellen, noch mal ins Scheinwerferlicht zu treten. „Es war eine sehr bewusste Entscheidung, im Fernsehen aufzuhören. Ich habe lange darauf rumgekaut“, erinnert er sich.

    „Ich sage nicht, dass ich nie wieder eine Sendung moderieren möchte. Nur: Es muss ein passendes Format sein, das mich fesselt.“ Politik interessiert ihn, Talkshows findet er spannend. Die Lücke, die er vor zwei Jahren hinterlassen hat, klafft noch immer. „Ich gucke mir weiter an, ob etwas kommt.“

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