Berlin. Die New Yorker Stil-Ikone Iris Apfel wird 100 und hat eine Botschaft: Frauen, lebt, wie ihr wollt. Welche Tipps hat sie konkret?

Sie trägt Federboa, sie trägt Brokat. Sie trägt riesige Ohrringe und bunte Armreifen. Iris Apfel, so bunt, schrill und grenzenlos, dass sie wie die Altersversion einer Lady Gaga erscheint, hatte stets eine Botschaft an die Frauen: Lasst euch nicht einengen durch ein Modediktat! Lebt, wir ihr wollt! Zieht an, was euch gefällt!

Sie selbst ist in allen diesen Dingen ein Vorbild der Extravaganz, die sie gern mit buntesten Tönen unterstreicht. „Farbe ist so wichtig. Farbe kann Tote zum Leben erwecken“, sagt die New Yorker Mode-Ikone. Der „älteste Teenager der Welt“, wie sie sich selbst gern bezeichnet, feiert am Sonntag ihren 100. Geburtstag.

Mode ist für die Innenarchitektin, die erst spät selbst zum Model wurde, immer ein Thema. Aber nicht als Dogma, sondern als Rollenspiel. Für Firlefanz von Flohmärkten lässt sie jedes Chanel-Kleid hängen, das sie sowieso nur langweilt. Auch interessant:Wie virtuelle Models Heidi Klum und Co. den Rang ablaufen

Iris Apfel hat jungen Models etwas voraus

Während die jungen Models sich für ihre Maße bis zur Schmerzgrenze und oft genug darüber hinaus disziplinieren, lebt die erfolgreiche Geschäftsfrau das große Laissez-faire. Woran es genau lag, das weiß sie selbst nicht – aber sie wurde nicht als durchgeknallt abgestempelt, sondern zur Stil-Ikone erhoben. Für die Mode-Branche, die nach Aufmerksamkeit giert, ist sie eben wie gemacht.

Bunt ist ihre Welt: Iris Apfel – das Foto zeigt sie an ihrem 99. Geburtstag – wurde im Alter von 97 Jahren noch Kollegin von Topmodels wie Kate Moss.
Bunt ist ihre Welt: Iris Apfel – das Foto zeigt sie an ihrem 99. Geburtstag – wurde im Alter von 97 Jahren noch Kollegin von Topmodels wie Kate Moss. © Midas Collection

In der Branche, die die Jugend stilisiert wie keine andere, tat man plötzlich so, als sei das Alter kein Tabu mehr. Und Iris Apfel war das willkommene Gesicht zum Trend. Sie arbeitete als Model des Münchner Labels Aigner und entwarf eine Make-up-Linie – da war sie schon über 80.

Und als sie 97 Jahre war, nahm IGM-Models sie unter Vertrag – neben Kate Moss, Gigi Hadid und Chrissy Teigen. Ein Signal sollte es sein in der Welt des schönen Scheins, in der natürlich auch weiterhin die Jugend den Ton angibt. Als „ältestes Model der Welt“ wurde Apfel zur Werbeträgerin. Die Frau, die für ihre große Klappe genauso geschätzt wird wie für ihre große Brille, nahm das mal so hin. Sie war froh, wieder im Mittelpunkt zu sein. Mehr zum Thema:97-Jährige unterschreibt ihren ersten Modelvertrag – bei IMG

Iris Apfel beriet als Innenarchitektin die Kennedys

Dass sie zum Star wurde, lag an einem Zufall. Der Kurator des New Yorker Metropolitan Museum dachte an die schrille Apfel, als er 2005 eine Modeausstellung vorbereitete. Und beim Blick in ihren Kleiderschrank, der mit buntem Zeugs gefüllt war, wie berauscht war. Die Show wurde ein Hit. „Nachdem ich in Rente gegangen war, lag mein Sozialleben am Boden“, sagte sie einmal. Sie ist ja eine Frau, die für ihren Beruf gelebt hatte. Lesen Sie hier:„Germany’s Next Topmodel“: Das Curvy Model räumt ab

Gemeinsam mit ihrem Mann Carl beriet sie gleich neun US-Präsidenten, welche Möbel zur Tapete passten. „Das war eigentlich ein ziemlich einfacher Job“, sagte sie in einem Interview. Die Geschmäcker seien alle ziemlich ähnlich gewesen. „Naja, bis Frau Kennedy kam.“ Bei ihr musste ein Pariser Designer Hand anlegen, was aber zu Entsetzensschreien der Freunde geführt habe. „Danach mussten wir es alles rausschmeißen.“

Immer wieder, erzählt Apfel, kämen Frauen auf sie zu, um ihr zu sagen, wie dankbar sie ihr sind, dass sie sie vom Modediktat befreit hat. Aber die Verfechterin des Alles-geht kann auch streng sein: Mit dem Zwanglosen würde es zu weit getrieben. Wenn sie die „fetten Touristen in kurzen Hosen und Badeschlappen“ sieht, „dann wird mir übel. Dagegen sollte es ein Gesetz geben.“

Das Alter spüre sie eigentlich nicht. Aber wenn es mal nicht so rund läuft, hat sie ein Rezept: „Manchmal, wenn es mir nicht so gut geht, gehe ich in meinen Kleiderschrank und schlagartig bin ich glücklich und hüpfe durch die Gegend, als wäre ich nicht schon über 90.“