Boston. Unsaubere Luft ist eine Gefahr für die Gesundheit. Millionen Menschen sterben jedes Jahr daran – gerade Babys sind stark betroffen.

Fast eine halbe Million Neugeborene (genauer: 476.000) sterben jedes Jahr im ersten Monat nach ihrer Geburt, weil sie unsaubere Luft einatmen. Das geht aus dem „State of Global Air Report 2020“ hervor, den das amerikanische Health Effects Institute am Mittwoch veröffentlichte.

Vor allem verunreinigte Luft in Innenräumen sei besonders gefährlich: Rund zwei Drittel der insgesamt 476.000 toten Kinder seien deshalb gestorben. Diese Luftverschmutzung sei darauf zurückzuführen, dass in vielen Familien immer noch mit Holzkohle oder Holz geheizt werde oder auf Tierdung gekocht werde.

Kinder aus Entwicklungsländern sind besonders betroffen

Dem Report zufolge ist schmutzige Luft weltweit die häufigste Todesursache von Babys im ersten Monat nach der Geburt. Besonders betroffen seien Kinder, die in Entwicklungsländern geboren werden, teilt das Institut mit. So seien allein 236.000 Neugeborene in Ländern aus Subsahara-Afrika an den Folgen der Luftverschmutzung gestorben.

„Wir reden hier nicht von der schmutziger Luft, wie wir sie aus modernen Städten [in den reichen Teilen der Welt] kennen, sondern von Luft, wie wir sie vor 150 Jahren in Metropolen wie London oder anderen Städten hatten, in denen drinnen mit Kohle geheizt wurde“, erzählt die Epidemiologin Beate Ritz dem Guardian.

Schmutzige Luft beeinflusst Kindesentwicklung schon im Mutterleib

Doch nicht nur schon geborene Kinder seien von der Luftverschmutzung betroffen. Denn Kinder, die schon im Uterus schmutziger Luft ausgesetzt sind, wiegen mit höherer Warscheinlichkeit weniger bei der Geburt – oder kommen als Frühchen zur Welt. So sind sie anfälliger für Kinderkrankheiten oder Lungenentzündungen.

Den Grund dafür verstehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Health Effects Institute selbst noch nicht vollständig: „Irgendetwas geht [im Uterus] vor sich, was das Wachstum von Kindern und ihr Gewicht bei der Geburt reduziert. Es gibt eine epidemiologische Verbindung, die sich in vielen Studien in vielen Ländern zeigt“, sagt Katherine Walker, die den Bericht mitverfasst hat.

Luftverschmutzung ist auch eine Gefahr für Erwachsene

Besonders oft sterben Neugeborene in Ländern wie Indien, Nepal oder Niger. Hier sind sie besonders vielen Schmutzpartikeln ausgesetzt. Allerdings sind nicht nur Kleinkinder betroffen. Luftverschmutzung zählt zu den stärksten Risikofaktoren für Todesfälle weltweit. Nach hohem Blutdruck, Tabakkonsum und einer schlechten Ernährung landet Luftverschmutzung auf dem vierten Platz der Risiken – 6,67 Millionen Menschen starben deshalb im Jahr 2019.

Einen kleinen Lichtblick habe es im Jahr 2020 gegeben, so das Institut. Wegen der Corona-Pandemie sei der Tourismus weltweit stark heruntergefahren worden. Das habe die Luftqualität kurzfristig stark verbessert. Davon ausgehend müsse die Menschheit darüber nachdenken, ob sie Tourismus oder saubere Luft für wichtiger hält.