Berlin. Weltweit sorgt das Coronavirus für Alarm. Dabei gerät die Grippe in Vergessenheit. Sie hat in Deutschland Hunderte Tote gefordert.
- Während sich das Coronavirus weiter ausbreitet, erkranken in Deutschland kaum noch Menschen an Influenza
- Das Ende der messbaren Grippewelle scheint nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts erreicht zu sein
- Nach dem jüngsten Bericht gab es bundesweit bislang 186.185 nachgewiesene Influenza-Fälle. 493 Menschen sind an der Erkrankung gestorben
- Typische Grippe-Symptome sind Fieber, Husten, Halsschmerzen, Schnupfen sowie Glieder- und Kopfschmerzen
- Welche Faktoren den Krankheitsverlauf beeinflussen und welche Bevölkerungsgruppe am häufigsten betroffen ist
Angesichts der Corona-Epidemie ist die öffentliche Aufmerksamkeit für die alljährliche Grippewelle erlahmt. Dabei sind seit der 40 KW 2019 in Deutschland an der Grippe nachweislich bereits 493 Menschen gestorben. Das geht aus den jüngsten Daten der Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert Koch-Institut (RKI) hervor.
Grippewelle – bisher 186.185 Grippe-Fälle in Deutschland
Da nur ausgewählte Praxen Influenzaproben an das RKI schicken, dürften die realen Fallzahlen höher liegen. Sie werden erst nach dem Ende der Grippesaison auf Deutschland hochgerechnet. Seit Oktober 2019 wurden demnach insgesamt 186.185 im Labor bestätigte Influenzafälle an das RKI übermittelt.
In diesem Grippe-Monitor finden Sie einen Überblick über alle Influenza-Fälle in Deutschland (Bei Darstellungsproblemen bitte den Link unten nutzen:
Die Grippewelle hatte in Deutschland in der zweiten Januarwoche 2020 begonnen. Die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen ist im Vergleich zur Vorwoche deutlich gesunken. „Das Ende der auf Bevölkerungsebene messbaren Grippewelle scheint erreicht zu sein“, teilt das RKI mit. Den starken Rückgang führen die Forscher auch auf die Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus zurück.
Auf eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus wird seit der achten Kalenderwoche mitgetestet. In den eingeschickten Influenzaproben wurden seitdem acht Nachweise für Sars-CoV-2-Erreger entdeckt.
Nach Schätzungen des RKI werden im Verlauf von Grippewellen bis zu 20 Prozent der Bevölkerung angesteckt. Bei heftigen Wellen erwarten Experten mehrere Zehntausend Tote. Im Winter 2017/18 lagen RKI-Schätzungen zufolge zehn Millionen Besuche bei Ärzten und Ärztinnen an der Grippe. Coronavirus und Grippe: Das sind die Unterschiede.
Grippewelle: Das sind die Symptome der Grippe und so wird sie übertragen
Eine echte Grippe beginnt oft plötzlich. Zu typischen Symptomen zählen Fieber, trockener Husten, Halsschmerzen, Schnupfen, Glieder- und Kopfschmerzen sowie ein allgemeines Krankheitsgefühl. Neben milden Verläufen sind auch Komplikationen möglich, etwa mit Lungenentzündung.
Die Grippe ist sehr ansteckend und wird von Erkrankten etwa über Tröpfchen beim Niesen, Husten oder Sprechen übertragen. Auch über Türklinken oder Haltegriffe in Bussen und Bahnen kann das Virus weitergetragen werden. Regelmäßiges und gründliches Händewaschen gilt daher als hilfreich, um einer Ansteckung vorzubeugen.
Grippewelle in Deutschland: Für die Impfung ist es zu spät
Es ist zu spät, sich jetzt noch impfen zu lassen. Denn bis der Impfstoff wirke, dauere es zehn bis 14 Tage, erklärt Professor Thomas Löscher vom Berufsverband Deutscher Internisten (BDI). Nur Risikogruppen wie chronisch Kranken, Älteren, Schwangeren oder medizinischem Personal empfiehlt er, die Impfung nachzuholen.
Allerdings hat sich der Grippe-Erreger verändert, so dass man durch eine Impfung ohnehin nicht optimal geschützt ist. Laut Paul-Ehrlich-Institut wurden mehr als 21 Millionen Impfdosen freigegeben.
Grippe: Welche Faktoren die Schwere eine Grippewelle beeinflussen
Das Wetter spielt bei Grippewellen eine wichtige Rolle: Denn wenn es sehr kalt ist, halten sich die Menschen vermehrt und länger in geschlossenen Räumen auf – und trockene Heizungsluft kann die Schleimhäute unter Umständen anfälliger für eine Infektion machen.
Auch könnten die Tröpfchen, die von Kranken ausgehustet werden, bei Kälte länger in trockener Raumluft schweben und damit über etwas größere Distanzen auf die Atemschleimhäute anderer Menschen gelangen.
„Für die Schwere einer Grippewelle und die Zahl der Erkrankungen sind aber andere Faktoren sicher wichtiger, zum Beispiel die Immunität in der Bevölkerung durch vorausgegangene Grippewellen“, betonte RKI-Expertin Buda.
Wie Viren unser Immunsystem immer neu herausfordern
Die Oberflächenstrukturen von Influenzaviren ändern sich von Jahr zu Jahr, wie der Direktor der Klinik für Pneumologie der Medizinischen Hochschule Hannover, Tobias Welte, erläuterte. Für unser Immunsystem bedeutet das wechselnde und immer neue Herausforderungen.
Auch der Impfstoff muss jährlich an die veränderten Strukturen angepasst werden – bereits Monate vor Beginn der Grippesaison gemäß Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Eine Immunisierung alle zehn Jahre wie bei manch anderer Impfung ist bei Influenza daher nicht möglich.
Ältere Menschen sind von einer Ansteckung und Erkrankung besonders betroffen, weil das Immunsystem oft nicht mehr so fit ist und eine Impfung daher nur schwächeren Schutz bietet.
Die schlimmsten Pandemien der letzten Jahre
Wissenschaftler arbeiten an Universalimpfstoff
Da sich der Erreger bei der Entwicklung der Impfstoffe weiter verändert, war auch der Impfstoff in den letzten Jahren nicht immer optimal. „In den vergangenen zehn Jahren lagen die WHO-Empfehlungen in mindestens drei Jahren komplett falsch“, sagte Welte.
Deshalb arbeiten Wissenschaftler weltweit an effizienteren Lösungen: Zum Beispiel an einem Universalimpfstoff gegen alle Grippeerreger. Aber das sei noch Zukunftsmusik und „ein großer Traum“, wie Welte feststellte.
Grippe ist mehr als Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Für viele Menschen kann die Grippe zum Risiko werden. Wem Experten zu einer Impfung raten, der sollte den Rat auch befolgen. In der Grippe-Saison 2017/18 gab es so viele Tote wie seit 30 Jahren nicht mehr.
Grippe-Monitor zeigt Tote und Influenza-Fälle an
Bei Darstellungsproblemen bitte diesen Link öffnen, um den Grippe-Monitor nutzen zu können.
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(dpa/gem)