Berlin. Die Zahl der Selbstmorde ist in Deutschland zwar gesunken. Doch Männer sind mehr betroffen als Frauen. Experten warnen vor Serien.

Die Zahl der Suizide in Deutschland ist im dritten Jahr in Folge gesunken. Wie eine am Mittwoch vorgestellte Erhebung der Gesundheitsberichterstattung des Bundes zeigt, nahmen sich im Jahr 2017 in Deutschland 9241 Menschen das Leben. Darunter 6990 Männer und 2251 Frauen. „Das ist die niedrigste Anzahl der in Deutschland erhobenen Suizide seit deren Höchststand im Jahre 1981“, erklärt Hannah Müller-Pein, Kommunikationsbeauftragte des „Nationalen Suizid Präventions Programm“ (NaSPro).

So erfreulich der rückläufige Trend ist, sind die Zahlen der Suizide laut Barbara Schneider, Leiterin der NaSPro, weiterhin alarmierend. Im Jahr 2017 sind laut Erhebungen der Deutschen Suizidprävention mehr Menschen durch Suizid ums Leben gekommen als durch Verkehrsunfälle (3180 Todesfälle), Gewalttaten (731 Fälle) und illegale Drogen (1272 Fälle).

Medien und Serien zeigen manchmal ein ungefiltertes Bild

Neben persönlichen Gründen, der demografischen Entwicklung, den Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt und der Verfügbarkeit medizinischer Hilfsangebote und präventiver Maßnahmen haben auch die Berichterstattung in den Medien und Social Media-Kanäle, wie Instagram und Facebook, Einfluss auf die Entscheidung von Menschen Suizid zu begehen.

Jugendliche erleben in Serien wie „Tote Mädchen lügen nicht“ ein ungefiltertes Bild in Bezug auf Suizid. 
Jugendliche erleben in Serien wie „Tote Mädchen lügen nicht“ ein ungefiltertes Bild in Bezug auf Suizid.  © iStock | istock

Daneben würden laut Katja Rauchfuß von jugendschutz.net auch Serien wie die US-amerikanische Produktion „Tote Mädchen lügen nicht“ Kindern und Jugendlichen ein ungefiltertes und verzerrtes Bild in Bezug auf Suizid darstellen. Dies zeigen auch jüngst veröffentlichen Studien aus den USA. In der Serie wird das Leben eines Mädchens dargestellt, das nach ihrem Suizid ihren Mitschülern mithilfe von selbstaufgenommenen Kassetten erzählt, warum sie sich umgebracht hat und welche Schuld die Freunde daran tragen.

Damit Suizidprävention möglich ist, ist es für Barabara Schneider vom NaSPro wichtig, Vorurteile über den Suizid abzubauen. So würden sich viele fürchten, Menschen in Krisensituationen auf ihre Suizidgefährdung anzusprechen. „Wir möchten vorurteilsfreie und vertrauensvolle Gespräche über den Suizid fördern. Es ist der erste Schritt zu Hilfe“, sagt Schneider.

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    Welttag der Suizidprävention steht unter dem Motto „Hand in Hand“

    Für die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) ist es deswegen umso wichtiger Menschen weiterhin Anlaufstellen zu bieten und über die Vorurteile in Bezug auf Suizid aufzuklären. Zusammen mit der Deutschen Akademie für Suizidprävention und dem „Nationalen Suizid Präventions Programm“ begleitet die DGS am 10. September 2019 den Welttag der Suizidprävention. Unter dem Motto „Hand in Hand“ finden verschiedene Veranstaltungen statt.

    Unter anderem wird die Polizei in Berlin mit einem Infomobil verschiedene Dienststellen anfahren und in Dortmund pflanzt das Krisenzentrum am 17 Uhr einen Baum, in Gedenken an alle Menschen die sich das Leben genommen haben. Die zentrale Veranstaltung des Welttages wird am 10. September um 18. Uhr in der Berliner Gedächtniskirche stattfinden.

    Gottesdienst in der Berliner Gedächtniskirche in Gedenken an die Verstorbenen

    Der AUGUS e.V., die Stiftung Telefonseelsorge Berlin und die NaSPro feiern dort einen Gottesdienst in Gedenken an die durch Suizid Verstorbenen. Am 10. Oktober folgen dann die Veranstaltungen des „World Mental Health Days“.

    „Wir schließen uns dem Aufruf des Weltverbandes für Psychische Gesundheit an, die Zeit zwischen den beiden Welttagen zu einem Monat der Suizidprävention zu machen“, sagt Professor Reinhard Lindner, Leiter der NaSPro. In diesem Rahmen möchte das Programm Kliniken, Beratungsstellen, Betriebe, Schulen, Universitäten und Medien ermutigen Veranstaltungen zur Suizidprävention anzubieten.

    Hier finden Betroffene, Angehörige und Freunde Hilfe

    Anmerkung der Redaktion: Aufgrund der hohen Nachahmerquote berichten wir in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie erreichen sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.