Prinz Philip will in den Ruhestand gehen – mit 96 Jahren
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London. Prinz Philip hat mit seinen Auftritten in der Öffentlichkeit für viele denkwürdige Momente gesorgt. Warum zieht er sich jetzt zurück?
Prinz Philip geht in den Ruhestand. Der 95-jährige Prinzgemahl der Queen will seine Auftritte in der Öffentlichkeit demnächst deutlich einschränken.
„Seine Königliche Hoheit der Herzog von Edinburgh“, nannte ihn am Donnerstag der Buckingham Palast in London bei seinem offiziellen Titel, „hat entschieden, dass er ab Herbst diesen Jahres nicht mehr öffentliche Verpflichtungen ausführen wird. Bei dieser Entscheidung hat der Herzog die volle Unterstützung der Queen.“
Spekulationen über Grund des „Emergency Meeting“
Bis zum August, hieß es, werde Philip sowohl individuell als auch an der Seite von Elizabeth II. die bisher geplanten Termine wahrnehmen. Danach will er nur noch an wenigen ausgewählten öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Die Queen selbst, so der Buckingham Palast, werde weiterhin „ein volles Programm von offiziellen Terminen“ wahrnehmen.
Im Vorfeld der Ankündigung hatte es Unruhe und Besorgnis gegeben, weil eine kurzfristig anberaumte Versammlung der Mitarbeiter im Königlichen Haushalt zu viel Spekulation geführt hatte. Obwohl Mitarbeitertreffen des gesamten Königlichen Haushalts gelegentlich stattfinden, ist ein derartiges in letzter Minute organisiertes „Emergency Meeting“ äußerst ungewöhnlich.
Nur hohes Alter spricht für Einschränken der Aufgaben
Da zudem selbst hochrangige Höflinge über den Grund des Dringlichkeitstreffens im Dunkeln gelassen wurden, war es kein Wunder, dass die Gerüchte ins Kraut schossen. Am Donnerstagmorgen zogen vor dem Buckingham Palast die Fernsehkameras der Weltpresse auf.
Ein Todesfall sei zu vermelden, wurde befürchtet. Doch das royale Banner der Queen am Palast flog nicht auf halbmast, und die BBC meldete schleunigst, dass der Gesundheitszustand der Royals keinesfalls der Grund des Treffens wäre. Französische Medien preschten dennoch vor und meldeten fälschlich das Ableben von Prinz Philip.
Erst am Mittwoch Cricket gespielt
Doch davon kann keine Rede sein. Außer seinem hohen Alter gibt es keinen anderen Anlass, etwa gesundheitliche Gründe, warum Philip seine Aufgaben einschränken will. Im Juni wird der Prinzgemahl 96 Jahre alt und im November will er sein siebzigjähriges Ehejubiläum mit der Queen feiern. Nach so langer Zeit im Dienste der Monarchie ist wohl die Zeit gekommen für einen Rücktritt vom Arbeitsleben. Dabei ist der hochaufgeschossene, hagere Aristokrat noch erstaunlich rüstig.
tg Zitate von und über Prinz Philip
„Die Philippinen müssen halb leer sein - ihr seid alle hier in unseren Krankenhäusern.“ (Im Februar 2013 laut BBC beim Besuch in einem Londoner Krankenhaus zu einer Krankenschwester von den Philippinen)
„Bewerft ihr euch immer noch gegenseitig mit Speeren?“ (Frage von Prinz Philip an einen Ureinwohner bei einer Australien-Reise nach einem Bericht der Londoner Abendzeitung “Evening Standard“ vom 1. März 2002)
„Wie schaffen Sie es, die Einheimischen lange genug vom Alkohol fernzuhalten, damit sie die Prüfung schaffen?“ (Soll er 1995 einen Fahrlehrer in Schottland laut BBC gefragt haben)
„Wenn ihr noch länger hier bleibt, bekommt ihr Schlitzaugen.“ (1986 bei einem China-Besuch laut BBC zu britischen Studenten in Peking)
„Willkommen, Herr Reichskanzler.“ (1997 zum damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl)
„Taub? Wenn ihr da so nahe dran seid, kein Wunder, dass ihr taub seid.“ (Im Mai 1999 laut BBC zu taubstummen Jugendlichen bei einem Festival in Cardiff mit Hinweis auf die laute Band)
„Die wichtigste Erfahrung, die wir gemacht haben, ist die, dass Toleranz der entscheidende Bestandteil jeder glücklichen Ehe ist (...) Sie können mir glauben: Die Queen verfügt über Toleranz im Überfluss.“ (Prinz Philip nach 50 Ehejahren mit Elizabeth, November 1997)
„Prinz Philip ist, glaube ich, bekannt dafür, keine Komplimente anzunehmen. Aber durch all die Zeit war er eine konstante Kraftquelle und ein Ratgeber.“ (Die Queen in ihrer Rede zum 60. Thronjubiläum, März 2012)
„Ich bin noch nie zuvor von einem Herzog von Edinburgh gefahren worden. Es war eine sehr sanfte Fahrt.“ (US-Präsident Barack Obama am 22. April 2016 beim Besuch in London. Prinz Philip hatte den Wagen gesteuert, der ihn mit Queen Elizabeth II. und dem Ehepaar Obama die wenigen Meter vom Hubschrauber nach Schloss Windsor brachte.)
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Erst am Mittwoch hatte er gutgelaunt einen Termin im „Lord’s Cricket Ground“ wahrgenommen und dort eine neue Besuchertribüne eingeweiht. Der Herzog war selten ernsthaft erkrankt. Im Dezember 2011, da war er auch schon 90 Jahre alt, wurde er am Herzen operiert und bekam einen Stent eingesetzt.
Ein halbes Jahr später, während der Feierlichkeiten zum diamantenen Thronjubiläum der Queen, zog er sich eine Blaseninfektion zu, weil er stundenlang im Regen auf einem Boot in der Themse jubelnden Untertanen zuwinkte. Von weiteren ernsthaften Gesundheitsproblemen ist nichts bekannt. Mittlerweile ist der Herzog das längstlebende männliche Mitglied der Königlichen Familie geworden.
Anfangs Anfeindungen gegen Prinz Philip
Prinz Philip hat in der Wertschätzung der Briten eine erstaunliche Karriere hingelegt. Als er 1947 Elizabeth heiratete hatte es anfangs wegen seiner Herkunft Anfeindungen gegen den „Griechen“ oder „Teutonen“ gegeben. Später hielt man ihm die zahlreichen verbalen Ausrutscher vor, für die er berühmt ist. Als „Fürst der Fettnäpfchen“ oder „Lästermaul“ wurde er abgetan. Mittlerweile wird der knorrige Aristokrat gerade wegen seines offenen Mundwerks geschätzt. Dass Philip kein Blatt vor den Mund nimmt und damit oft anstößt, ist unbestritten.
Mit seinen Vorurteilen hält er selten hinter dem Berg: „Wenn es vier Füße hat und kein Stuhl ist, wenn es zwei Flügel hat, fliegt und kein Flugzeug ist und wenn es schwimmt, aber kein U-Boot ist, dann werden es die Kantonesen essen.“ Schlitzaugen werdet ihr bekommen, sagte er einmal zu englischen Studenten in Peking, wenn ihr noch länger hierbleibt. Die Variante gegenüber britischen Geschäftsleuten in Budapest lautete: „Ihr könnt noch nicht lange hier sein, ihr habt ja noch keine Schmerbäuche.“
Queen Elizabeth II.: Das Leben der Monarchin in Bildern
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Einziger Mann, der Queen wie normalen Mensch behandelt
Und auf den Cayman-Inseln fragte er seine Gastgeber, ob ihre Vorfahren auch Piraten gewesen wären. Nicht nur auf andere Länder drischt er ein: „Britische Frauen“, befand Philip, „können nicht kochen.“ Er brachte es fertig, eine ganze Nation zu beleidigen, als er einen Fahrlehrer im schottischen Oban fragte: „Wie schaffen Sie es, die Einheimischen lange genug vom Saufen abzuhalten, um sie durch die Prüfung zu bringen?“ Und richtig taktlos wurde er, als er einmal Helmut Kohl auf deutsch mit einem knarzigen „Guten Tag, Herr Reichskanzler!“ begrüßte.
Philip selbst sieht diese Anecker eher als Versuche, durch einen lockeren Spruch die formelle Atmosphäre eines Empfangs aufzulockern, bei dem die Leute meistens nicht wissen, wie sie sich einem Royal gegenüber verhalten sollen. Außerdem, so weiß er, ist es sein Job, unverblümt seine Meinung zu sagen, und das vor allem gegenüber der ersten Frau im Staat. „Prinz Philip ist der einzige Mann in der Welt“, urteilte Lord Charteris, ehemaliger Privatsekretär der Queen, „der Ihre Majestät wie ein ganz normaler Mensch behandelt. Ich denke, sie schätzt das.“
Und so tituliert Philip die Monarchin mit dem Kosewort „mein Würstchen“ und belästigt sie nicht mit Schmeicheleien, weil das ohnehin schon alle anderen machen. Mittlerweile verzeiht man ihm die Ausrutscher, amüsiert sich sogar darüber und schätzt wohl auch insgeheim, wie beharrlich der Prinz an seiner Exzentrik festhält. Es hat wohl mit dem Alter zu tun. Wer so lange dabei ist, denken die traditionsbewussten Briten, und sich selbst treu bleibt, hat sich die Sympathien der Untertanen verdient.