Berlin. Alte Leitungen müssen bis Anfang 2026 raus. Die EU hat Schadstoff-Grenzwerte verschärft. Was das für Mieter und Eigentümer bedeutet.

Trinkwasser ist das am besten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland. Die neue Trinkwasserverordnung, die vor wenigen Wochen in Kraft getreten ist, soll das kostbare Gut noch sicherer machen.

Thomas Rapp vom Umweltbundesamt hat an dem Regelwerk, das EU-Vorgaben umsetzt, maßgeblich mitgewirkt. Im Interview erklärt er, warum die neue Verordnung sinnvoll ist und ob Trinkwasser damit teurer wird.

Herr Rapp, die Trinkwasserverordnung ist strenger geworden. Können Sie das kurz erklären?

Thomas Rapp: Die Grenzwerte für Blei, Arsen und Chrom werden schrittweise abgesenkt. Grund dafür sind neue toxikologische Bewertungen zur Schädlichkeit dieser Stoffe. Darüber hinaus sind neue Parameter in die Verordnung aufgenommen worden. Diese müssen künftig zusätzlich zu den etwa 30 schon bestehenden Parametern mit überwacht werden. Das gilt insbesondere für PFAS, per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, die unabhängig von der Trinkwasserverordnung auf Betreiben Deutschlands künftig in der EU verboten werden sollen. PFAS sind sehr stabil, bauen sich in der Umwelt also kaum ab. Sie können in sehr vielen Produkten enthalten sein und sind gut wasserlöslich. Es gibt also ein Potenzial, dass diese Substanzen in die Umwelt gelangen und dann auch im Trinkwasser auftreten können.

PFAS sind fett- und wasserabweisend. Sie sind in Outdoorkleidung oder Pfannen enthalten. Bei langfristiger Aufnahme können diese Chemikalien den Organen schaden und die Krebsgefahr erhöhen. Wie sehr ist unser Trinkwasser damit belastet?

Rapp: Bisher gab es keine Pflicht, das Trinkwasser auf PFAS zu untersuchen. Wir gehen jedoch davon aus, dass die meisten Wasserversorger das Trinkwasser schon freiwillig daraufhin haben untersuchen lassen. Uns sind dabei Fälle bekannt geworden, dass PFAS in Trinkwasser-Ressourcen aufgetreten sind. Nur in Einzelfällen sind dabei aber die ab 2026 beziehungsweise 2028 geltenden Grenzwerte überschritten worden.

Am Wasserhahn in einer Küche wird ein Trinkglas mit Leitungswasser befüllt.
Am Wasserhahn in einer Küche wird ein Trinkglas mit Leitungswasser befüllt. © Patrick Pleul/zb/dpa/Archivbild

Das bedeutet aber auch, dass es bereits Handlungsbedarf gibt.

Rapp: Es kann Fälle geben, in denen das Wasser mittels Aktivkohle zusätzlich aufbereitet werden muss. Eine zusätzliche Aufbereitung kann im Übrigen auch in wenigen Wasserversorgungsanlagen notwendig sein, um die neuen Grenzwerte für Arsen einzuhalten.

Wie wird sich das auf den Preis für Trinkwasser auswirken?

Rapp: Notwendige Investitionen in die Trinkwasseraufbereitung kosten Geld. Und auch die laufenden Kosten für die Aufbereitung können in Zukunft steigen. Wir rechnen aber nicht damit, dass der Preis für das Trinkwasser dadurch bedeutend nach oben gehen wird.

Blei im Trinkwasser ist stark gesundheitsgefährdend. Bis 2028 werden die Grenzwerte weiter gesenkt, von 10 auf 5 Mikrogramm pro Liter. Die Verordnung verbietet darüber hinaus ab 2026 Bleileitungen in Gebäuden oder bei Hausanschlüssen. Gibt es die denn wirklich noch?

Rapp: Laut gesicherten Schätzungen gibt es bundesweit noch etwa 15.000 Hausanschlussleitungen aus Blei. Deutlich unsicherer ist die Schätzung, dass noch 38.000 Gebäude mit Bleileitungen in ihrer Trinkwasser-In­stallation vorhanden sind, also etwa 0,2 Prozent. Anteilig am stärksten betroffen sind laut unseren Befragungen der Norden und Osten von Deutschland.

Wer die Qualität seines Trinkwassers testen möchte, muss bei Probenahme einiges beachten.
Wer die Qualität seines Trinkwassers testen möchte, muss bei Probenahme einiges beachten. © Getty Images/iStockphoto | AdamG1975

Wie kann ich als Besitzer oder Mieter erkenne, ob ich Bleileitungen im Haus habe?

Rapp: Bleileitungen sind in der Regel schnell zu erkennen. Selbst wenn sie unter Putz verlegt sind, ragen sie meist an einer Stelle noch aus der Wand heraus. Sie sind grau und mit dem Messer leicht einzuritzen. Blei ist ein weiches Material. Meist sind die Leitungen auch nicht ganz gerade. Besonders kritisch ist, wenn Blei in Kombination mit anderen Metallen verbaut ist, etwa mit Kupfer. Dann bildet sich ein galvanisches Element und es kann besonders viel Blei ins Wasser abgegeben werden. Wenn Bleileitungen noch vorhanden sind, ist es besonders wichtig, das Wasser, das in der Leitung über eine längere Zeit steht, möglichst nicht zu trinken. Wenn man das Wasser vorher ablaufen lässt, kann man so einigermaßen sicherstellen, dass die Bleikonzentration im Trinkwasser niedrig bleibt.

Bis wann wurden Bleileitungen in Deutschland denn verbaut?

Rapp: Eine Zahl, die immer kursiert, ist 1973. Danach ist es sehr unwahrscheinlich, dass noch Bleileitungen verbaut worden sind. Es gibt aber große regionale Unterschiede. In Württemberg und Bayern wurden schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts keine Bleileitungen mehr verbaut. Wer unsicher ist, kann sich auch an einen Installateur wenden. Die Fachleute können das gut einschätzen.

Probe nehmen: So testen Sie Ihr Trinkwasser aus Bleileitungen

Was muss ich tun, wenn es in meinem Haus noch Bleileitungen gibt?

Rapp: Bleileitungen müssen bis Januar 2026 ausgewechselt werden. Kommt es zu einem Überschreiten des Grenzwertes, gibt es weitere Pflichten. Dann muss immer Abhilfe geschaffen werden. Die hohen Werte können auch andere Ursachen haben. Zum Beispiel bleihaltige Kupferlegierungen, die für Verbinder, Wasserzähler oder Absperreinrichtungen verwendet wurden, können Blei abgeben. Das muss im Einzelfall untersucht werden.

Kann ich meine Trinkwasserqualität testen lassen?

Rapp: Können Sie. Da gibt es Anbieter vor Ort oder auch im Internet, an die sie eine Probe schicken können. Dabei ist es wichtig, dass eine korrekte Probennahme erfolgt. Wir haben dafür eine Empfehlung veröffentlicht. Das Wasser sollte zunächst komplett aus der Installation herausgespült werden, dabei wird der Hahn so lange geöffnet, bis sehr kaltes Wasser kommt. Dann sollte der Hahn für vier Stunden geschlossen bleiben, anschließend werden zwei Proben von jeweils einem Liter genommen. Das erlaubt, die Situation vor Ort gut einzuschätzen.

Muss nicht der Vermieter oder Besitzer dafür sorgen?

Rapp: Nein, in privaten Gebäuden gibt es keine Untersuchungspflicht auf den Parameter Blei für Betreiber von Trinkwasseranlagen, also für Vermieter oder Wohnungsbaugesellschaften.

Was soll ich tun, wenn es auffällige Werte in der Trinkwasserprobe gibt?

Rapp: Um eindeutig zu entscheiden, ob die Grenzwerte eingehalten sind, reicht eine selbst entnommene Probe nicht aus. Dafür muss die Probe von einem akkreditierten Probennehmer und die Untersuchung von einem akkreditierten Labor stammen. Wer danach sucht, kann sich an das örtliche Gesundheitsamt wenden.

Das Klima in Deutschland wird immer wärmer. Trockenperioden nehmen zu. Hat das Auswirkungen auf die Qualität des Trinkwassers?

Rapp: Natürlich könnte das Auswirkungen auf Qualität haben. Es steht weniger Verdünnungswasser zur Verfügung. Schadstoffe könnten in höherer Konzentration im Rohwasser zu finden sein. Dieses Risiko besteht. Auch die Hitze könnte einen Einfluss haben. Das Trinkwasser, was erteilt wird, sollte kühl sein. Erwärmtes Wasser hat das Risiko, dass sich Legionellen vermehren. Nun verlaufen viele Wasserleitungen unter einer Asphaltdecke. Da ist fraglich, ob in Zukunft noch ausreichend kühles Wasser in jedes Gebäude geliefert werden kann. Abschließend ist die Legionellengefährdung durch heiße Sommer aber noch nicht geklärt.

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