Berlin. In mehreren Bundesländern schlagen Mediziner Alarm: Der Grippeimpfstoff reicht nicht. Nun schaltet sich der Gesundheitsminister ein.

Die Grippe-Saison hat gerade erst angefangen, da melden mehrere Bundesländer Engpässe bei der Versorgung mit Impfstoffen. Ein Grund dafür: Überall in Deutschland lassen sich mehr Menschen impfen.

Woher genau das große Interesse an Grippeimpfungen kommt und wie es zu den Lieferengpässen kommen konnte, darüber sind sich die Experten allerdings nicht einig.

Wir klären die wichtigsten Fragen zum Thema Grippeimpfung:

Wo wird der Impfstoff knapp?

„Wer jetzt noch kommt, kann noch Glück haben“, sagte Maurer, der Chef des Hausärzteverbands Schleswig-Holstein, „aber wenn die Vorräte aus sind, ist es vorbei.“ Ähnliche Äußerungen hört man bei der Apothekenkammer des Saarlandes: „Alles, was jetzt kommt, wird nicht mehr geimpft.“ Und die Apothekerkollegen in Thüringen sagen: „Bei allen Lieferanten ist momentan nichts zu holen.“

Auch aus anderen Bundesländern wie Hamburg, Sachsen, Niedersachsen und Hessen werden Lieferverzögerungen oder Engpässe gemeldet. Auch in NRW – im Rheinland und im Gebiet Westfalen-Lippe – gibt es Ärzte und Apotheker, die keine Reserven mehr haben.

Anders beurteilt man die Lage indes in Berlin: „Die Kühlschränke sind noch gut gefüllt“, sagte ein Sprecher der Gesundheitsverwaltung auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Auch in Baden-Württemberg ist die Versorgung wohl bisher gesichert.

Woher kommt das gestiegene Interesse an den Impfungen?

„Die Patienten haben in diesem Jahr möglicherweise viel früher angefangen, sich impfen zu lassen“, sagte Susanne Stöcker, Sprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). „Ob sich auch insgesamt mehr Menschen impfen lassen oder die Impfungen nur früher stattfinden, können wir noch nicht wissen.“

Die Expertin hält die große Grippewelle in der vergangenen Saison für einen möglichen Grund für das aktuelle Interesse. Laut Bundesgesundheitsministerium hat die Grippe in der vergangenen Saison in Deutschland rund neun Millionen Arztbesuche ausgelöst und zu fast 2000 Todesfällen geführt.

Andere Experten sehen die hohe Impfquote vor allem darin begründet, dass Impfungen mit dem effektiven Vierfach-Impfstoff nun von den Krankenkassen gezahlt werden. Der Impfstoff gilt als wirksamer als derjenige mit drei Komponenten.

Das Bundesgesundheitsministerium nennt als mögliche weitere Ursachen für den Mangel eine verspätete Bestellung von Grippe-Impfstoffen durch Ärzte und Apotheker, zu große Vorräte in manchen Arztpraxen und Apotheken sowie Direktverträge zwischen Krankenkassen und Apothekern.

Wie reagiert die Politik?

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). © dpa | Carsten Rehder

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Vorschriften für die Beschaffung von Impfstoffen lockern. Demnach können die Bundesländer bei Bedarf erlauben, dass sich Apotheken und Arztpraxen untereinander mit Impfstoff vorsorgen. Außerdem soll es möglich werden, dass Apotheken Impfstoffe aus anderen EU-Ländern abgeben dürfen.

„Ich freue mich über die hohe Nachfrage nach Grippeimpfungen“, sagte Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Wir gehen davon aus, dass es genug Impfstoff in Deutschland gibt, um diesen Bedarf zu decken.“ Auf die Lieferengpässe wolle sein Ministerium schnell reagieren.

Wer sollte sich impfen lassen?

Das Robert-Koch Institut rät insbesondere Menschen über 60, Schwangeren, chronisch Kranken und medizinischem Personal zu einer Grippeimpfung. Dann zahlt die Krankenkasse die Grippeschutzimpfung.

Wie erkenne ich eine Grippe?

Im Gegensatz zu einer Erkältung fühlt man sich durch eine Grippe schlagartig krank, sagt eine Sprecherin des Robert Koch-Instituts in Berlin. Erkältungen kommen eher schleichend mit Schnupfen oder Halsschmerzen. die Grippe kann relativ abrupt mit Gliederschmerzen, hohem Fieber und Schwäche zuschlagen. (ba/dpa)