Hamburg. Die Aussicht auf ein Zubrot im Alter ist verlockend. Allerdings müssen viele Details individuell und kritisch ausgehandelt werden.

Aus der vertrauten Umgebung wollen viele Rentner nicht wegziehen. Eine Immobilien-Leibrente ermöglicht ihnen, weiter im Eigenheim zu wohnen und gleichzeitig Geld für das Haus zu bekommen.

Das Modell will aber gut durchdacht sein und ist im Vergleich zu angelsächsischen Ländern hierzulande kaum bekannt. Lediglich in der Landwirtschaft hat sie Tradition: Wird der Betrieb komplett an einen Nachfolger übergeben, sichert dieser seinem Vorgänger die Altersvorsorge, indem er ihm eine monatliche Leibrente zahlt.

Ansonsten wird das Modell in Deutschland wenig genutzt, sagt Dirk Ulbricht, Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg.

„Rente aus Stein“: Immobilie sollte abbezahlt sein

Für Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen, ist es eine Option für Rentner mit möglichst schuldenfreier Immobilie, „die wohnen bleiben wollen, keine nahestehenden Erben haben“ und die Option wünschen, sich noch den ein oder anderen Traum erfüllen zu können.

Es gibt zwei Varianten der „Rente aus Stein“: Bei der Umkehrhypothek wird die Immobilie mit einem Kredit belastet und das monatliche Zubrot aus diesem Darlehen finanziert. Diese Variante kommt hierzulande nicht mehr vor.

Dann gibt es noch das klassische Leibrenten-Modell: Dabei verkauft der Eigentümer seine selbst genutzte Immobilie an einen Dritten. Statt des Kaufpreises erhält der Senior eine regelmäßige Zahlung.

„Das Geld kommt entweder monatlich bis zum Lebensende aufs Konto, oder es fließt in Kombination mit einer Einmalzahlung“, erläutert Ulbricht.

Lebenslanges Wohnrecht wird eingeräumt

Das Modell ist vergleichbar mit einem Hausverkauf auf Raten. Der Ruheständler darf aber weiter in seiner Immobilie wohnen. Der Käufer räumt ihm vertraglich ein lebenslanges Wohnrecht ein.

„Rente und Wohnrecht werden in der Regel im Grundbuch eingetragen und sind damit rechtlich abgesichert“, sagt Ulbricht.

Die Höhe der Leibrente richtet sich nach dem Wert der Immobilie sowie dem Alter und dem Geschlecht der Verkäufer. Grundsätzlich gilt: „Je älter der Eigentümer, desto höher die monatlichen Zahlungen“, sagt eine Sprecherin des Anbieters Deutsche Leibrenten Grundbesitz.

Frauen kommen meistens schlechter weg, weil sie statistisch gesehen länger leben als Männer. Grundsätzlich erlischt die Leibrente mit dem Tod des Rentners.

Interessenten sollten mindestens 65 Jahre alt sein

Wer also wenige Jahre nach dem Abschluss des Vertrags stirbt, hat im Prinzip draufgezahlt – der Käufer profitiert. Deshalb nennen manche das Modell auch Wette auf den Tod.

Oelmann und Ulbricht empfehlen Senioren deshalb, eine Mindestlaufzeit für die Auszahlphase zu vereinbaren – drei, fünf oder zehn Jahre.

Kommt es innerhalb dieser Zeit zum Todesfall, erhalten die Erben das Geld. Solche Vereinbarungen haben einen Nachteil: Für Käufer sind sie ein kalkulatorisches Risiko, dies geht oft zulasten der Rentenhöhe.

Mit Blick auf die Kosten arbeiten Anbieter oft mit einem Mindestalter. Interessenten sollten laut iff mindestens 65 Jahre alt sein. Die kirchliche Stiftung Liebenau aus Baden-Württemberg nimmt Kunden ab 65 Jahren, die Deutsche Leibrenten Grundbesitz ab 70 Jahren. Beide Anbieter sind bundesweit aktiv.

Unabhängigen Gutachter einschalten

Den Wert der Immobilie ermitteln Gutachter, die häufig der Käufer bestellt. Verbraucherschützer raten, deren Bewertung auf jeden Fall zu prüfen oder gleich einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen.

Der Wert des Hauses wird mit dem Faktor Restlebenserwartung in Bezug gesetzt. Die monatlich zu erwartende Leibrente ist häufig eine dreistellige Summe, im Idealfall ist der Betrag vierstellig.

Die Kombination aus Wohnen bleiben und zu Lebzeiten noch Geld für die Immobilie bekommen sieht Oelmann als Vorteil der Leibrente.

Ein Nachteil sei, „dass wichtige Fragen oft nicht eindeutig in den Verträgen geklärt sind“. Es fehlen allgemeine vertragliche Standards. So müssen Fragen wie „Wer kommt etwa für Renovierungen und Instandhaltungen auf?“ individuell ausgehandelt werden.

Ehepaare sollten bedenken, was nach dem Tod eines Partners passiert: Muss der andere dann raus? Was gilt beim Umzug ins Altenheim? Wird die Rente weiter ausgezahlt oder der ausstehende Wert des Wohnrechts?

Eine Broschüre zum Thema kann unter Tel. (040) 30 96 91-20 beim Institut für Finanzdienstleistungen bestellt werden.