Berlin. Eigentlich wollte Petra Wodtke Schauspielerin werden. Zur Überbrückung schrieb sie sich in der Archäologie ein – und blieb dann dabei.

Die Archäologie in die Moderne holen, so könnte man Petra Wodtkes Mission auf den Punkt bringen. „Archäologie ist ein Kulturkonzept“, sagt sie.

Die Ar­chäologie ermögliche es, vergangene Lebenswelten zu verstehen und etwas zu lernen, das „uns dabei hilft, den zeitgenössischen globalen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen“, beschreibt sie ihre Auffassung der Altertumswissenschaften.

Das sei gerade in der Gegenwart wichtig, wenn beispielsweise Migration zur „Flüchtlingskrise“ werde. Dabei habe es historisch betrachtet immer schon Wanderbewegungen gegeben.

Erste Idee: an die Hochschule für Schauspielkunst

Die 37-Jährige ist eher zufällig zu ihrem Beruf gekommen, über den sie heute so positiv spricht. Geplant hatte sie etwas anderes. Direkt nach dem Abitur war Wodtke 2001 nach Berlin gekommen, um an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Schauspiel zu studieren.

Da ihr Vater das jedoch nur finanzieren wollte, wenn sie bis zur Aufnahmeprüfung etwas Sinnvolles machte, nahm sie sich das Vorlesungsverzeichnis der Humboldt-Universität (HU) vor. Sie begann bei A – und blieb gleich beim zweiten Eintrag „Archäologie, klassische“ hängen. „Klingt gut, probier ich aus“, dachte sie und schrieb sich ein.

Für die Archäologie die Schauspielerei aufgegeben

Der Wunsch, Schauspielerin zu werden, rückte umso weiter in den Hintergrund, je mehr die Archäologie sie begeisterte. Im zweiten Semester stieg Petra Wodtke ernsthaft ein und startete ihre akademische Reise, die von den Anfängen der Menschheit über Stein- und Metallzeiten, die klassische Antike und das Mittelalter bis in die Neuzeit ging.

Sie lernte, Relikte sachgerecht auszugraben und sie in den geschichtlichen Kontext zu setzen, und studierte alte Kulturen, wie es sie in Mitteleuropa gab. Während des Studiums nahm Wodtke an mehreren archäolo­gischen Projekten und Ausgrabungen teil, unter anderem in Portugal, Griechenland und Albanien.

Studium in Lausanne, Wien und Gießen

Ihre Reise führte sie aber auch an die Universitäten von Lausanne und Wien. In der österreichischen Hauptstadt absolvierte sie ihr Masterstudium. Ihr Studium schloss sie mit dem Doktor in klassischer Archäologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen ab.

Wodtke promovierte über Kommunikationsstrukturen und -strategien durch ar­chäologische Objekte in der römischen Provinz Epirus, einer Region, die heute teils zu Griechenland, teils zu Albanien gehört. In dieser Zeit lernte sie den Staat auf der Balkanhalbinsel kennen und lieben.

2014 kehrte Petra Wodtke nach Berlin zurück. Seit 2015 arbeitet sie an der Freien Universität (FU), anfangs im Berliner Antike-Kolleg, einer Institution zur Förderung der altertumswissenschaftlichen Forschung.

Seit 2016 beim Exzellenzcluster Topoi tätig

Unter anderem arbeitete sie an der Eröffnung des Einstein Centers Chronoi mit, einer Kooperation von FU und HU. Seit 2016 ist Wodtke, immer noch im Auftrag der FU Berlin, im Wissenschaftsmanagement von Topoi tätig. Das ist ein interdisziplinärer Forschungsverbund von Altertumswissenschaften der beiden großen Berliner Unis.

Topoi ist ein sogenanntes Exzellenzcluster. Das heißt, es gehört zu einer kleinen Gruppe von ausgewählten Forschungszen­tren, die von Bund und Ländern gefördert werden.

„Forschungsinitiativen wie Topoi sind wichtig, um die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft aufrechtzuerhalten“, sagt die 37-Jährige. Eine ihrer Aufgaben ist es, Projekte zu entwickeln, mit denen Wissenschaftsthemen in der Öffentlichkeit kommuniziert werden.

Aktuelle Förderung gerade ausgelaufen

Die Arbeit von Zentren wie dem Topoi sei ohne finanzielle Förderung nicht möglich, sagt Wodtke. Gerade ist die aktuelle Förderrunde ausgelaufen. Wodtkes Arbeitsplatz sowie der von vielen Kollegen ist in Gefahr. Noch ängstigt sie das nicht, dazu denkt sie zu positiv. Und dazu ist sie viel zu engagiert.

Aktuell steht wieder ein großes Projekt an, das im November im Interimsbau des Pergamonmuseums stattfinden wird: der von Petra Wodtke ins Leben gerufene Antiquity Slam, den sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Antje Kohse in diesem Jahr zum dritten Mal organisiert. Auch mit solchen, neuen Kommunikationsformen versucht die Archäologin, die Altertumswissenschaften po­pulärer zu machen.

Kurzvorträge in einem historischen Ambiente

Der Antiquity Slam ist ein Science Slam. Es geht darum, dass Wissenschaftler ihre Forschung auf möglichst kreative Weise anschaulich vortragen – in einer vorgegebenen Zeit.

Das Besondere am Antiquity Slam ist, das er jeweils in einem historisch schönen Ambiente stattfindet – im ersten Jahr im Neuen Museum, dann im Bode Museum und in diesem Jahr im Interimsbau des Pergamonmuseums.

Vom Slam profitieren beide Seiten: das Publikum, weil es kurzweilig an teils schwierige Themen herangeführt wird, und die Vortragenden, weil sie lernen, ein komplexes Thema auf eine verständliche Zehn-Minuten-Performance herunterzubrechen. Sie können an einem Vorbereitungsworkshop teilnehmen, in dem ein Science-Slam-Coach sie in Rhetorik und Präsentation einweist.

Statt schauspielern über Wissenschaft slammen

Auch Petra Wodtke nimmt an Science Slams teil. Ihr Thema: „Warum das römische Albanien kein römisches Albanien ist“. Auf der Bühne zeigt sich die Schauspielerin, die sie immer werden wollte.

Dafür wurde sie bereits im Heimathafen Neukölln vom Applaus des Publikums auf den ersten Platz geklatscht und erhielt die „Goldenen Boxhandschuhe“. „Fahrt nach Albanien, es ist ein wunderschönes Land mit vielfältigen Sehenswürdigkeiten“, schließt sie jeden ihrer Slams und tritt ab. Mit Applaus.