Köln. Vor über 100 Jahren wurde das erste Flugauto erdacht, dem viele weitere Versuche folgten. Der Durchbruch lässt seitdem auf sich warten.

Kaum dass das Auto laufen lernte, durfte es auch schon abheben. Der Traum von Zwittern, die beides – fahren und fliegen – können, ist fast so alt wie das Auto selbst. Zu wirtschaftlichen Höhenflügen hat es bisher zwar nie gereicht. Das soll sich allerdings ändern, denn diverse Firmen tüfteln seit einigen Jahren an sehr ambitionierten Flugauto-Projekten, die bald schon in größerer Zahl abheben sollen. Ein Blick zurück auf die Anfänge, die jüngere Vergangenheit und eine vage Zukunft.

Während des Ersten Weltkriegs, als die Fliegerei vor allem aus militärischen Erwägungen heraus mächtig Auftrieb bekam, wurde erstmals ein Flugzeug entwickelt, das gewisse Züge eines Automobils trug. 1917 stellte der Luftfahrtpionier Glenn Curtiss, der recht erfolgreich erste Flugboote baute, ein Flugauto vor. Zwar konnte das Autoplane kurzzeitig abheben, doch flugfähig war dieser Prototyp nicht.

Es mussten knapp 20 weitere Jahre vergehen, bis, wiederum in den USA, das Pitcairn Autogyro AC-35 in die Luft ging. Das im Auftrag des Handelsministeriums von Pitcairn Aircraft gebaute Einzelstück war keine Mischung aus Auto und Flugzeug, sondern ein Tragschrauber mit geschlossener Kabine, der auch auf Straßen fahren konnte.

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    Über wenige Stückzahlen ging die Produktion nie hinaus

    Das erste fliegende Auto ließ nur gut ein Jahr auf sich warten. 1937 hob das über sechs Meter lange Waterman Arrowbile mit gut 11,5 Metern Flügelspannweite tatsächlich ab. In der Luft als auch auf Land wurde das Gefährt von einem Automotor der Firma Studebaker angetrieben. Im Flugmodus waren rund 180 km/h möglich, auf Land um die 100 km/h. Eigentlich war eine Serienproduktion angedacht, doch das Kundeninteresse blieb trotz eines in Aussicht gestellten Kaufpreises von nur 1200 US-Dollar gering. Nach drei Exemplaren stoppte der Serienbau.

    Insgesamt wurden sechs Arrow­biles gebaut, das letzte 1957 mit einem 89 kW/120 PS starken, wassergekühlten Franklin-Tucker-Motor, der eine bessere Performance an Land und in der Luft erlaubte als die Vorgänger. Nummer 6 bekam sogar die Zulassung der amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA, blieb aber ein Einzelstück.

    Einen anderen Ansatz verfolgte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs der amerikanische Erfinder und Abenteurer Robert Edison Fulton mit seinem Airphibian. Es handelte sich dabei um ein straßentaugliches Flugzeug, welches sich aus zwei Teilen zusammensetzte. Die vordere Flugkabine mit vier Rädern und dem Propeller ließ sich vom Flugzeugkörper mit den Trag­flächen abkoppeln. Rund 90 km/h auf der ­Straße und mehr als 190 km/h in der Luft waren möglich. Doch der 1950 ebenfalls von der US-Flugbehörde zugelassene Zwitter galt in der Luft als äußerst ­träge. So blieb es bei lediglich einem Airphibian.

    Ein weiterer US-Pionier der Nachkriegszeit war Moulton Taylor mit seinen Aerocar-Modellen I bis III. Entwurf Nummer 3, dessen Kernkörper sehr autoartig wirkte, hob 1968 erst­malig ab, konnte jedoch, wie seine Vorgänger, nie in Serie produziert werden.

    Ein richtiges Auto war das Convair-Modell 118 aus dem Jahr 1947, das sich mit einem motorisierten Tragflächenkörper koppeln ließ und so abheben konnte. Auch hier wurden Pläne für die Großserienproduktion geschmiedet. Beim Bau von 160.000 Convairs wurde ein Stückpreis von 1500 US-Dollar anvisiert. Gebaut wurden zwei Exemplare.

    Recht ambitionierte Prototypen entwarf seit den 1960er-Jahren Paul Moller mit seinen Skycars M200M und M400. Sie sehen wie Mini-Jets aus, deren Mantelpropeller von Wankel- und E-Motoren angetrieben werden. Diese Technik soll über 500 km/h Fluggeschwindigkeit erlauben. Der Anlauf für einen Marktstart in 2013 scheiterte.

    In jüngster Zeit wird vermehrt an Serienmodellen gearbeitet

    Bei allen historischen Flugautos handelte es sich um hochtrabende ­Pläne, die mit Bruchlandungen endeten. Doch gerade in der jüngeren Vergangenheit wird wieder an Serienmodellen gearbeitet, die zeitnah auf den Markt kommen sollen. Zu den ambitioniertesten Projekten gehört der fahrende Gyrocopter Liberty der holländischen Firma PAL-V. Wer damit abheben möchte, benötigt neben 300.000 Euro, die als Kaufpreis beziffert sind, auch einen sogenannten Privatfliegerschein, für den man insgesamt 40 Flugstunden absolviert. Eine Strecke von rund 200 Metern dient als Startbahn, zum Landen reichen 50 Meter. Dann nutzen die Rotorblätter den Luftwiderstand, um den PAL-V sanft aufsetzen zu lassen.

    Auch das mittlerweile vom chinesischen Autokonzern Geely einverleibte US-Unternehmen Terra­fugia kündigte kürzlich an, sein 2009 vorgestelltes Flugauto Transition im nächsten Jahr auf den Markt bringen zu wollen. Das slowakische Aeromobil soll 2020 mit dem 4.0 STOL so weit sein und 2025 den Senkrechtstarter 5.0 VTOL nachreichen. Man darf gespannt sein, ob das Flugauto dieses Mal zu einer steilen Karriere abhebt.