Braunschweig. Der Blinden- und Sehbehindertenverband gibt Tipps und Halt. Erstberatungen sind gratis.

Am 8. April 1995 wurde Gisela Wolters blind. Kurz vor Ostern. „Es kam wie eine dunkle Wolke“, erinnert sich die 65-jährige Braunschweigerin. Gerade schrieb sie Ostergrüße an alle Bekannten, per Hand, so wie immer. „Dann sah ich auf das Papier und dachte: Komisch, warum steht dort nichts mehr?“ Doch nicht Gisela Wolters Schrift war verschwunden, sondern ihre Sehkraft. „Nach 30 Minuten war dann alles grau. Ich konnte weder hell noch dunkel sehen.“

Als das passierte, war Gisela Wolters 43 und hatte gerade die zweite Netzhautablösung. Hochgradig kurzsichtig war sie schon immer; die letzte Brille hatte 28 Dioptrien. Trotzdem arbeitete sie 25 Jahre im Braunschweiger Rathaus – bis zur Erblindung. „Mit 43 wollte ich eigentlich noch nicht in Rente gehen“, erzählt sie. „Aber man hatte ja nicht mit einer Blinden einen Arbeitsvertrag geschlossen, hieß es damals.“

Ihr Augenarzt riet ihr, Kontakt zum Blinden- und Sehbehindertenverband zu suchen. Heute ist Gisela Wolters Vorsitzende des Regionalvereins Süd-Ost-Niedersachsen, zu dem elf Kreisgruppen gehören. Sie macht Fortbildungen, führt Rechtsberatungen und Schulungen durch, berät über Hilfsmittel, über den Schwerbehindertenausweis, über Rechtliches und Psychologisches. Eine Erstberatung ist für jeden Interessierten kostenlos, der Monatsbeitrag kostet zehn Euro. „Wir geben Tipps zu allen Problemen mit dem Sehen. Zum Beispiel auch für junge Menschen, die Unterstützung im Beruf brauchen.“

Gisela Wolters kann auch bestätigen: Termine beim Augenarzt sind immer schwerer zu bekommen. „Die Versorgung ist schlecht, die Region Braunschweig ist unterbesetzt. Und es wird noch schlechter. In den nächsten fünf Jahren gehen viele Ärzte in den Ruhestand und haben keine Nachfolger.“ Über diese Fakten hatte den Verband zuletzt der Augenexperte Professor Nicolas Feltgen von der Uniklinik Göttingen informiert, erzählt Gisela Wolters. Und noch mehr: Der Facharzt für Augenheilkunde stehe auf dem vorletzten Platz der Beliebtheitsskala bei angehenden Medizinern, unbeliebter sei nur die Ausbildung zum Ohrenarzt. Warum? „Eine Augenärztin sagte mir einmal, der Job sei nicht lukrativ“, meint die 65-Jährige.

Die Braunschweiger Kreisgruppe des Blindenverbands leiten mit Dagmar und Joachim Krause übrigens zwei engagierte „Gemeinsam“-Preisträger unserer Zeitung. „Die beiden kennen sich sehr gut mit der neuesten Technik für blinde und sehbehinderte Menschen aus“, betont Gisela Wolters.

Ein vieldiskutiertes Thema in ihrem Verband ist die altersbedingte Makula-Degeneration (AMD). Jeder Dritte über 75 Jahren ist mittlerweile von einer AMD betroffen, weiß Gisela Wolters. Auch Ratsuchende zu diesem Thema seien jederzeit willkommen, sagt die Vorsitzende.