Braunschweig. Geräte ermöglichen mehr Kontrolle über einen gesunden Lebensstil. Doch der Datenschutz bereitet Sorge.

Sich einmal jährlich beim Hausarzt durchchecken lassen – das reicht vielen Menschen nicht mehr aus. Immer mehr technische Geräte sowie Anwendungen für das Smartphone ermöglichen ihnen eine Dauerüberwachung ihres Körpers. Was auf der einen Seite Chancen bietet, bereitet auf der anderen Seite Anlass zur Sorge. Die Angst vor dem Missbrauch der Daten wächst.

Die sogenannten Fitness-Tracker haben sich schon vor Jahren auf dem Markt durchgesetzt. Darunter fallen Fitnessarmbänder und Sportuhren, die mehrere Funktionen erfüllen: Viele können die von ihrem Träger gemachten Schritte zählen, seinen Kalorienverbrauch errechnen, die gelaufene Distanz angeben und durch Sensoren die Herzfrequenz des Nutzers messen. In der Nacht getragen erstellen die Geräte sogar Schlafanalysen.

Letztere Funktion bereitet den Weg in den vielfältigen Alltag der Menschen. Denn nicht nur Sportler nutzen die Technik zur Überwachung ihres Körpers. Der Stresschecker des niederländischen Anbieters Respilex beispielsweise misst die physische und psychische Überlastung seines Nutzers in Beruf, Freizeit oder Familienleben. Ein Infrarotsensor misst die Blutstauung im Ohr oder Finger, die durch den Herzschlag verursacht wird. Über einen Signalkasten werden die Werte an eine auf dem Computer installierte Software weitergeleitet. Resultat ist eine detaillierte Analyse und gegebenenfalls eine Empfehlung zur Stressreduktion.

Die Anzahl der Überwachungsfunktionen der Geräte dürften in der Zukunft weiter steigen. Die integrierte Pulsanalyse gehört längst zur Minimalausstattung. Einige Geräte können darüber hinaus den Blutdruck, die Sauerstoffsättigung oder den Blutzucker messen. Sogar Geräte, die Epilepsie-Patienten vor drohenden Krampfanfällen warnen sollen, sind bereits auf dem Markt.

Gesundheitsvorsorge werde so immer leichter, so die Hersteller. Besonders sinnvoll scheint die Technik für ältere oder chronischkranke Menschen zu sein. Kritiker halten dem entgegen, dass die oft für unter 100 Euro zu erwerbenden Geräte nicht genau genug messen. Zu diesem Urteil kam auch schon die Stiftung Warentest, als sie Fitness-Tracker genauer unter die Lupe nahm. Die Ermittlung der Herzfrequenz über Sensoren am Handgelenk sei nicht vertrauenswürdig, so die Meinung der Prüfer. Lediglich Geräte, die mit Brustgurt messen, lieferten exaktere Ergebnisse. Den Gurt gibt es aber nur gegen Aufpreis.

Besonders die Berechnung der verbrauchten Kalorien sei ungenau, wissen auch Uwe Schmidt und Dr. Hans-Peter Sobotta, Ärzte der Sektion Sportmedizin an der Orthopädischen Klinik sowie Dr. Volkmar Nerreter, Oberarzt der Medizinischen Klinik des Herzogin Elisabeth Hospitals (HEH) in Braunschweig. Zudem fehle vielen Laien das Wissen, um Daten einordnen zu können. Das oft ausgegebene Bewegungsziel von 10 000 Schritten pro Tag beispielsweise erhöhe zwar den Kalorienverbrauch. Weil es beim normalen Gehen zu keiner ausreichenden Herzfrequenzsteigerung komme, bleibe laut Schmidt ein leistungssteigernder Effekt auf das Herz-Kreislaufsystem aus.

Die durch die Geräte entstehende Fülle an medizinischen Daten halten die Mediziner für sehr hilfreich – wenn diese in den richtigen Händen landeten. „Telemedizin ist heutzutage ein fester Bestandteil täglichen ärztlichen Handelns. Dies stellt zwar eine deutliche Unterstützung ärztlichen Handelns dar, kann aber den Gang zum Arzt nicht ersetzen“, betont Nerreter. Selbst wenn Untersuchungsbefunde und Laboruntersuchungen vom Handgelenk oder Smartphone versendet würden, sei dies zu überdenken. Zudem solle sich laut Schmidt niemand zu sehr von den digitalen Medien abhängig machen und lernen, die eigenen Körpersignale zu deuten.

Heikel ist auch das Problem des Datenschutzes. Erst kürzlich kritisierte Helga Block, Datenschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, dass viele Fitness-Tracker gegen geltende Datenschutzbestimmungen verstoßen. Die Gefahr von unerlaubtem Zugriff Dritter sei vorhanden. Auch könnten die Daten von Gesundheits-Apps oder Fitnessarmbändern bei einem Weiterverkauf der Geräte nicht vollständig gelöscht werden.

Nicht zuletzt monierte die Datenschützerin ein Geschäftsmodell von Lebens- und Krankenversicherungen, wonach Versicherte Vergünstigungen erhalten, wenn sie ihrer Versicherung Daten von Gesundheits-Apps oder tragbaren Computern zur Nutzung überlassen.