Hamburg. Familie Göttsche hat am Ende nicht das Haus bekommen, wovon sie geträumt hat. Das Problem: Sie kümmerten sich nicht genug um Details.

Nur noch wenige Wochen und Christian Göttsche kann zusammen mit seiner Frau Vanessa, 25, und Tochter Lina, 1, sein neu gebautes Haus in Wentorf beziehen. Ein großer Moment, sollte man denken. Immerhin lief während der Bauphase nicht alles glatt.

Es gab Ärger mit der Baufirma wegen eines Wasserschadens im Keller und so richtig lief eigentlich erst alles rund, als der Familienvater sich den Beistand von Architekt Holger Roik holte. Der bietet über den Grundeigentümerverband Hamburg seine Dienste auch als Bauberater an und scheut sich nicht, Korrekturen verbindlich anzumahnen, wenn er Mängel auf der Baustelle entdeckt.

Bauberater als Kontrollinstanz

Göttsche ist ihm dankbar dafür, wie er betont. „Mir fehlt einfach die Fachkunde, um so souverän aufzutreten wie Herr Roik. Im Grunde kann man mir doch alles Mögliche erzählen, ich muss das erst mal so annehmen“, sagt der 37-jährige IT-Spezialist. So sei es auch beim Wasserschaden im Keller gewesen. „Im jovialen Ton wurde mir versichert, dass alles schon gut werde.“ Nach Verzögerungen beim Bau habe er aber seinem Bauchgefühl vertraut und sich auf die Suche nach einem Bauberater gemacht.

„Ich wollte nicht einfach den Kopf in den Sand stecken und den Dingen ihren Lauf lassen.“ Ein guter Schachzug, wie sich herausstellte. „Zwar machte der Chef der Baufirma zuerst auf beleidigt, doch mit Holger Roik auf der Baustelle kam eine ernstzunehmende Kontrollinstanz ins Spiel. Dies führte dazu, dass auch mein Nachbar nun einen garantiert trockenen Keller hat“, freut sich der Familienvater.

TV-Anschluss an der falschen Wand

Auch wenn sich letztlich alles gut gefügt hat und die kleine Familie bald ein augenscheinlich mängelfreies Haus beziehen kann – Christian Göttsche und seine Frau müssen sich leider eingestehen: „Unter dem Strich ist das nicht das Haus, das wir uns erträumt haben!“ Warum? „Wir haben uns zu wenig und zu spät mit der Detailplanung befasst“, sagt Göttsche.

Den Kamin hätte Familie Göttsche nur ein wenig vorziehen müssen, dann wäre er auch vom Esszimmer aus sichtbar gewesen.
Den Kamin hätte Familie Göttsche nur ein wenig vorziehen müssen, dann wäre er auch vom Esszimmer aus sichtbar gewesen. © Andreas Laible | Andreas Laible

So viele Dinge im Haus entsprechen nicht wirklich ihren Wohnvorstellungen. Der Kamin im Wohnzimmer beispielsweise steht so, dass man ihn nicht auch vom Esszimmer aus sehen könne. „Wie blöd, wir hätten ihn nur ein wenig vorziehen müssen“, bedauert Göttsche. Überhaupt hätten sie erst jetzt erkannt, dass der in diesem Raum unter Putz verlegte Anschluss für das TV-Gerät eigentlich an der Wand gegenüber hätte verlegt werden müssen. „Das macht mehr Sinn, wenn man sich den Raum möbliert vorstellt. Nun ist es dafür zu spät und wir müssen schauen, wie wir das lösen“, sagt der Familienvater.

Eckbadewanne hätte doch Platz gehabt

Auch das Bad im Obergeschoss würde das junge Bauherrenpaar am liebsten gleich wieder herausreißen und ganz neu planen. Hier hatten sie der Einschätzung einer Badplanerin vertraut, die ihnen versichert hatte, für die gewünschte Eckbadewanne gäbe es keinen Platz. „Und jetzt stellen wir fest: Das war Quatsch!“, sagt Göttsche.

Tatsächlich sieht man bei der Begehung des Bades schon auf den ersten Blick, dass die Wanne hier problemlos Platz gefunden hätte – und die Toilette viel besser in der kleinen Nische nebenan untergebracht worden wäre. Leider lässt sich auch das nicht mehr ändern.

Ausgehändigte Unterlagen zu wenig hinterfragt

Göttsches Fazit ist bitter: „Wir hätten uns von Anfang an jemanden holen müssen, der auch die ästhetische Gestaltung des Hauses im Blick gehabt hätte.“ Es ärgert den Familienvater, dass er – obwohl er selbst für Kunden IT-Systeme auf ihre Alltagstauglichkeit hin abklopft und Gutachten anfertigt – viel zu wenig die ausgehändigten Unterlagen der Baufirma und die Überlegungen sogenannter Profis hinterfragt hat.

Holger Roik kann diesen Frust verstehen. Seine Aufgabe war es in diesem Fall einzig, als Bauberater die Probleme im Keller in Griff zu bekommen. Wäre er auch als Architekt von Familie Göttsche beauftragt worden, hätte er viele Dinge im Haus anders geplant. „Die verglaste Doppeltür zum Wohnzimmer hin hätte man beispielsweise durchaus, wie Herr Göttsche es sich gewünscht hat, auch als Schiebetür planen können“, sagt er. Dafür hätte es nur einer Art Vorwandinstallation gebraucht, in die die Tür geschoben werde.

Nicht vom Aufwand abschrecken lassen

Für ihn zeigt dieser Fall: „Die Bereitschaft muss seitens der Bauherren da sein, sich auch mit den komplexen Zusammenhängen des Bauens zu beschäftigen. Es ist völlig falsch zu denken, das alles sei zu aufwendig, zu lästig oder unnötig. Oder es sei gut, wenn alles aus ,einer Hand‘ geliefert wird.“

Schließlich käme es darauf an, ob das versprochene Ergebnis auch wirklich den eigenen Interessen, Wünschen und dem geforderten Preis entspreche. „Wem dafür die Zeit fehlt, der sollte sich unbedingt den Rat eines Fachmannes holen. Schließlich baut man in der Regel nur einmal im Leben – und dafür nimmt man viel Geld in die Hand.“

Architekten noch zu wenig als gute Ratgeber gesehen

Im Bad hätten die Göttsches lieber eine Eckwanne gehabt. Doch die Planerin hielt das für nicht machbar – eine Fehleinschätzung.
Im Bad hätten die Göttsches lieber eine Eckwanne gehabt. Doch die Planerin hielt das für nicht machbar – eine Fehleinschätzung. © Andreas Laible | Andreas Laible

Roik bedauert es sehr, dass Architekten noch zu wenig als genau solche Ratgeber und Baupartner gesehen werden. „Dabei ist es unsere ureigenste Aufgabe, die Interessen des Bauherren zu vertreten, Aufträge in seinem Sinne auszuschreiben und darauf zu achten, dass das vorgegebene Budget eingehalten wird – und letztlich alles auch den Wohnwünschen entspricht.“ Ein wenig, so fügt er hinzu, sei es auch das Verschulden seiner eigenen Berufsgruppe. „Manche von uns scheren sich zu wenig um die Budgetplanung.“

Göttsche selbst räumt ein: „Eigentlich war unser Haus ein Spontankauf.“ Er habe sich damals nach dem Besuch der Bergedorfer Bautage von seinem Bankberater nur aufzeigen lassen wollen, wie viel Immobilie er und seine Frau sich leisten könnten. „Quasi aus dem Augenwinkel heraus ist mir dann während des Gesprächs das Exposé von unserem heutigen Haus ins Auge gefallen“, erzählt er.

Familie Göttsche hatte noch Glück

Alles habe gut geklungen: Eine Doppelhaushälfte mit 158 Quadratmeter Fläche plus Keller auf einem gut 300 m2 großem Grundstück für etwa 470.000 Euro. „Angesichts der Preise, die derzeit in Hamburg gefordert werden, schien mir das angemessen.“ Außerdem habe er es als Vorteil empfunden, das Haus als Rohbau besichtigen zu können.

Roik kann dies alles nachvollziehen. „Familie Göttsche hat noch Glück gehabt: Das Haus ist vergleichsweise zu anderen Neubauten qualitativ solide gebaut. Schade nur, dass die Ästhetik bei vielem zu kurz gekommen ist.“