München. Zum neunten Mal in Serie kann der VfL am 18. Mai in Köln den DFB-Pokal gewinnen. Trotz Personalsorgen gelang am Samstag beim 5:0 in München fast alles

Der Pokal-Wahnsinn des VfL Wolfsburg geht weiter: Am Samstagnachmittag feierte eine entfesselte Wolfsburger Mannschaft mit Sieg Nummer 44 im DFB-Pokal in Serie zum neunten Mal in Folge den Einzug ins Endspiel. Natürlich will sie ihn jetzt am 18. Mai (16.45 Uhr) im Kölner Rheinenergiestadion wie bei den acht Auflagen zuvor auch den Pott nach Wolfsburg holen. Die Mannschaft von Trainer Tommy Stroot trotzte einmal mehr hochkarätigen Ausfällen, besiegte in diesem Wettbewerb zum sechsten Mal seit 2016 Dauerrivale FC Bayern München und setzte mit dem brettstarken 5:0 (2:0)-Erfolg beim Dauerrivalen gleich noch mal ein Statement vor dem Champions-League-Halbfinale gegen den FC Arsenal und dem Bundesliga-Endspurt. Die VfL-Treffer erzielten die überragende Sveindis Jonsdottir (2), Bayern-Keeperin Maria Grohs per Eigentor, Jule Brand und Dominque Janssen.

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Offenbar muss man den Wolfsburgerinnen nur sagen, dass ein Spiel im DFB-Pokal ansteht – und schon spielen sie wie ausgewechselt. Sie machten größere Leistungsschwankungen in den vergangenen Partien am Samstag vergessen, zeigten eine starke Leistung.

Eine der spannenden Fragen vor dem Spiel: Wie reagiert Stroot auf die Ausfälle von Sechserin Lena Lattwein und deren potenzieller Vertreterinnen Marina Hegering und Nationalmannschafts-Kapitänin Alexandra Popp? Die Antwort: Jill Roord übernahm wie zuletzt auch in der niederländischen Nationalmannschaft die Position im defensiveren Mittelfeld, Roord gab aber eher eine Box-to-Box-Spielerin, füllte diese Rolle überragend aus. Zentral davor spielte überraschend – zumindest in der Anfangsphase – Außenbahn-Turbo Brand.

Sveindis Jonsdottir (links, mit Felicitas Rauch) zeigte ein bärenstarkes Spiel, erzielte zwei Tore beim Wolfsburger Kantersieg im Pokal-Halbfinale in München.
Sveindis Jonsdottir (links, mit Felicitas Rauch) zeigte ein bärenstarkes Spiel, erzielte zwei Tore beim Wolfsburger Kantersieg im Pokal-Halbfinale in München. © dpa | Christian Kolbert

Roords Zauber-Pass verwertet Jonsdottir stark

Eine weitere spannende Frage: Bekommt es der VfL anders als im Liga-Spiel vor drei Wochen von Anfang an hin, das Münchner Pressing zu durchbrechen? Es gelang ganz hervorragend. Das lag daran, dass die Bayern es dieses Mal nicht so konsequent spielten. Und weil der VfL bessere Lösungen im Aufbau hatte. Immer wieder ließ sich Roord fallen, sie öffnete das Spiel mit guten Pässen – und leitete dann auch noch wunderschön die Wolfsburger Führung ein. Nach einem Einwurf von Lynn Wilms, passte Lena Oberdorf den Ball weiter und Roords angeschnittener Pass fand Jonsdottir auf links. Maxi Rall hatte ihr auf der linken Angriffsseite zu viel Platz gelassen, und die pfeilschnelle Isländerin schloss mit einem satten Schuss ins lange Eck ab.

Die Wolfsburgerinnen steckten ihre hochkarätigen Ausfälle perfekt weg, es war ein klassischer Pokal-Auftritt des VfL gegen die Bayern, die seit 2016 schon sechs Mal (!) das Nachsehen gegen die Grün-Weißen hatten. Kapitänin Svenja Huth hätte fast drei Minuten nach der Führung fast auf 2:0 erhöht, doch nach toller Jonsdottir-Vorlage landete ihr Schuss am Außenpfosten.

Grohs-Eigentor sorgt für Wolfsburgs 2:0-Pausenführung

Kurz vor der Pause aber legten die Gäste doch noch nach. Wieder beteiligt: Jonsdottir und Roord. Die Isländerin machte den Ball mit ihrem ihrer flankenartigen Einwürfe scharf, Roord blockte in der Mitte, so dass Pajor zum Kopfball kam. Auch dieser Versuch landete zunächst am Pfosten, doch dann am Bein von Bayern-Torhüterin Maria Grohs, und von dort sprang er ins eigene Netz.

Und die Münchnerinnen? Sie kamen nur selten zwingend vors Tor. Die beste Möglichkeit hatte noch Klara Bühl, die drei Gegenspielerinnen aussteigen ließ, aber dann doch ein gutes Stück vorbei zielte. Ansonsten verteidigte der VfL sicher, ließ dem Bundesliga-Tabellenführer nur wenig Raum.

Hatten allen Grund zum Jubeln: Die Wolfsburgerinnen schalteten im DFB-Pokal zum sechsten Mal seit 2016 Dauerrivale FC Bayern aus.
Hatten allen Grund zum Jubeln: Die Wolfsburgerinnen schalteten im DFB-Pokal zum sechsten Mal seit 2016 Dauerrivale FC Bayern aus. © Getty Images | Jasmin Walter

Statt Bayern-Antwort macht’s der VfL nach der Halbzeit deutlich

Die Bayern hätten nach der Pause nur zu gerne eine schnelle Antwort gefunden. Doch den sich gleich ergebenden Platz nutzte Wolfsburg perfekt. Roord suchte, fand ihre Lieblingsanspielstation Jonsdottir, und die setzte sich gegen zwei Verteidigerinnen durch, vollstreckte kompromisslos mit einem satten Schuss – 3:0 nach 47 Minuten. Fast hätte erneut die 21-Jährige noch das 4:0 nachgelegt, doch nach Brand-Hereingabe riss Grohs die Arme schnell genug nach oben (54.). Das besorgte aber kurz darauf Brand höchstselbst, nachdem ein als Vorlage für Ewa Pajor gedachter Ball wieder bei ihr landete, und sie ins kurze Eck abschloss – was für ein Wolfsburger Wahnsinnsauftritt, der die rund 200 mitgereisten VfL-Fans, auch die VfL-Geschäftsführer Marcel Schäfer und Tim Schumacher waren dabei, jubeln ließ.

Die Bayern waren jetzt völlig von der Rolle. Pajors Schuss bekam Tuva Hansen aus kürzester Distanz irgendwie an den Arm – Elfmeter, und Dominique Janssen ließ sich diese Chance an diesem Sahnetag des VfL natürlich nicht entgehen. Fünf. zu. Null. Im DFB-Pokal war es dabei fast immer eng, nur im Halbfinale 2019 hatte es mal ein 4:0 für den VfL gegeben. Und ganz nebenbei schenkte Wolfsburg den Bayern mehr Gegentore ein als sie in allen 17 Saisonspielen in der Bundesliga (vier) kassiert hatten. Dass Joker Rebecka Blomqvist und auch Jonsdottir noch gute Chancen ausließen – geschenkt. Auch so war’s ein starkes Statement des VfL.

Im Endspiel wartet Leipzig oder Freiburg

Die Wolfsburgerinnen können sich jetzt am Sonntagabend ganz entspannt anschauen, gegen wen es im Finale geht: Zweitliga-Spitzenreiter RB Leipzig trifft um 18.30 Uhr auf Bundesligist SC Freiburg. Für das Stroot-Team geht’s am Mittwoch (19 Uhr) in der Liga beim MSV Duisburg weiter. Apropos Liga: Der VfL-Coach hatte schon vor dem Pokal-Halbfinale gehofft, dass ein Wolfsburger Sieg auch einen Effekt in der Liga hinterlässt. Denn dort hat Spitzenreiter München nun seine letzte Titelchance. Diese deutliche Abreibung durch einen bärenstarken VfL dürfte ordentlich Eindruck hinterlassen haben.

Spiel kompakt:

Bayern München: Grohs – Rall (46. Simon), Voggosdottir, Kumagai, Hansen (65. Laurent) – Zadrazil, Stanway – Bühl, Magull (53. Damnjanovic), Lohmann (77. Vilhjalmsdottir) – Schüller (77. Rudelic).

VfL Wolfsburg: Frohms – Wilms (85. Wedemeyer), Hendrich, Janssen, Rauch – Oberdorf (85. Demann), Roord – Huth (80. Blomqvist), Brand (74. Waßmuth), Jonsdottir – Pajor (80. Bremer).

Tore: 0:1 Jonsdottir (18.), 0:2 Grohs (44./Eigentor), 0:3 Jonsdottir (47.), 0:4 Brand (56.), 0:5 Janssen (60./Handelfmeter).

Gelbe Karten: Hansen / –.

Schiedsrichterin: Mirka Derlin (Bad Schwartau).

Zuschauer: 2500 am FC-Bayern-Campus (ausverkauft).

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