Wolfsburg. Wir treffen Tabea Sellner in ihrer letzten Trainingswoche beim VfL, um mit ihr und Chef-Therapeut Omar Rüppel Bilanz zu ziehen.

Beschützend legt Tabea Sellner (27) ihre Hände auf den Bauch. Für die Fußballerin des VfL Wolfsburg geht es in den Mutterschutz, um sich voll und ganz auf die Geburt ihres ersten Kindes, das am 1. April zur Welt kommen soll, vorzubereiten. Wie die Top-Spielerin das Training in den letzten Wochen erlebt hat, und worauf Chef-Physiotherapeut Omar Rüppel dabei geachtet hat, haben uns die beiden in einem exklusiven Gespräch berichtet.

Dass sie „so lange wie möglich trainieren will“, hatte sie unserer Zeitung beim letzten Interview Anfang Dezember bereits gesagt. Und sie sollte recht behalten. Trotz eines sogenannten individuellen Beschäftigungsverbots durfte sie sich gemäß der Empfehlungen ihrer Ärzte zwei Stunden am Tag körperlich betätigen. Auf die Frage, wie es ihr zum Ende der Trainingsphase geht, antwortet sie prompt: „Mir geht es gut. Ich konnte nicht mehr so viel joggen wie bisher, aber Fahrrad fahren und Krafttraining geht sehr gut, aber auch Schwimmen war möglich.“ Generell sei sie erstaunt gewesen, wie lange sie noch relativ normal hätte weiter trainieren können. Und fügt an: „Es war aber von Tag zu Tag unterschiedlich, was geht und was nicht geht.“ Alles in allem habe sie eine bis dato komplikationslose Schwangerschaft erlebt.

Tabea Sellner vom VfL Wolfsburg bei einem Spiel gegen den SC Freiburg in der Saison 2022/23. (Archivfoto)
Tabea Sellner vom VfL Wolfsburg bei einem Spiel gegen den SC Freiburg in der Saison 2022/23. (Archivfoto) © regios24 | Darius Simka/regios24

Omar Rüppel ist leitender Physiotherapeut beim VfL Wolfsburg und betreut verletzte Spielerinnen

Auch für Chef-Physiotherapeut Omar Rüppel (33), der gemeinsam mit Coach Erik Helm für verletzte und rekonvaleszente Spielerinnen zuständig ist, neigt sich eine besondere Phase dem Ende. In seiner elfjährigen Tätigkeit für den VfL Wolfsburg, ist Sellner erst die zweite schwangere Spielerin, die er im Profi-Sport betreut hat. Wenngleich er sagt: „Wir haben Erfahrungen durch die Schwangerschaft von Almuth Schult gesammelt, deswegen war das Thema für uns nicht mehr so ganz neu.“ Nachdem das Rechtliche, also die Regularien vom Betriebsrat, Verein und Mannschaftsarzt hinsichtlich einer Teilbeschäftigung geschaffen wurden, war es das Ziel, Sellner so lange wie möglich im Training dabei haben zu können.

Dabei sei es jedoch immer um die individuellen Möglichkeiten gegangen. Rüppel weiß mittlerweile: „Jede Schwangerschaft verläuft anders. Man muss immer auf die körperlichen Rückmeldungen der Spielerinnen achten.“ So sei man zum Beispiel von kurzen Joggingeinheiten um die Plätze aufgrund der Stoßbelastungen irgendwann vom Laufen auf Inlineskating umgestiegen, berichtet der Chef-Therapeut. „Das Schöne ist, dass wenn schwangere Spielerinnen so lange wie möglich mittrainieren können, die Muskulatur nicht so schnell abgebaut wird.“ Umso schneller gelinge der Wiedereinstieg nach der Pause.

Der 33-Jährige macht deutlich: „Eine Frau ist während der Schwangerschaft nicht krank. Sie kann immer noch gewisse Dinge tun. Warum sollte man sie einschränken?“ Wenngleich er zugibt, dass Profisportlerinnen ein ganz „anderes Setting“ als andere Frauen hätten. Durch Mannschaftsarzt und Gynäkologen gebe es „engmaschige Kontrollen“. Und natürlich bringe eine Leistungssportlerin ganz andere Grundvoraussetzungen mit, als eine normale Schwangere. Mit Stolz sagt er: „Ich bin jetzt seit über zehn Jahren beim VfL Wolfsburg und erst jetzt kam durch Almuth und Tabea das Thema schwangere Profi-Fußballerinnen auf. Wir wissen jetzt: Wir als Verein können das stemmen und den Wiedereinstieg in den Profi-Fußball gewährleisten.“ Und er fügt an: „Es ist jetzt die zweite Spielerin – wer weiß, was noch so kommt.“

Omar Rüppel ist Chef-Physiotherapeut beim VfL Wolfsburg
Omar Rüppel ist Chef-Physiotherapeut beim VfL Wolfsburg © FMN | Marvin Seibert

Tabea Sellner vom VfL Wolfsburg ist voller Vorfreude auf ihr erstes Kind

Und auch Tabea Sellner ist mit der Vereinbarkeit von Profi-Fußball und Schwangerschaft zufrieden. Sie sagt: „Ich bin froh, dass mir der VfL Wolfsburg die Möglichkeit eröffnet hat, dass ich weiter trainieren konnte. Jede Schwangerschaft ist individuell und man kann vorher nicht viel planen.“ Und auch für die Zeit des Mutterschutzes hat sie sich nicht mit To-do-Listen übernommen. Jetzt wolle sie schauen, wie die Geburt verlaufe und abwarten, wie es dem Kind – einem Jungen – gehe. Und auch für die Zeit danach mache sie sich keinen Druck. Ob sie bereits zur Saison-Vorbereitung Mitte Juni schon dabei sein könne, hänge auch davon ab, ob das Kind per Kaiserschnitt zur Welt komme oder nicht. „Ich habe auf jeden Fall wieder vor, zu spielen.“ Aber sich konkrete Ziele zu setzen, sei schwierig. Jetzt gehe es erstmal darum, ein Bettchen zu kaufen und was sonst noch fehle. Beim Heimspiel gegen die Bayern am 23. März wolle sie auf jeden Fall dabei sein. Und auch zum Training wolle sie noch kommen, um zuzugucken. Ansonsten steht jetzt vor allem eins auf dem Plan: die Vorfreude auf ihr erstes Kind zu genießen.