Balve. Die Reit-DM ist dieses Jahr später und kleiner als sonst. Die schmerzhafte Absage der Springreiter-Wettbewerbe hat aber einen ungewohnten Vorteil für die Dressur.

Es wird eine merkwürdige Meisterschaft im beschaulichen Balve.

Einerseits bereitet die Coronavirus-Pandemie den Organisatoren der verspäteten Reit-DM so wie allen anderen Sport-Veranstaltern unliebsame Schwierigkeiten und große finanzielle Probleme. Anderseits beschert die globale Pandemie-Bekämpfung dem kleinen Ort im Sauerland an diesem Wochenende den weltweit hochkarätigsten Dressur-Wettbewerb des Jahres 2020.

Rund vier Monate nach dem ursprünglich geplanten Termin beginnen am 18. September die Reit-Meisterschaften unter erschwerten Bedingungen und im kleineren Rahmen. Die Springreiter dürfen nicht kommen, nur 600 Zuschauer statt der sonst üblichen 8000 sind zugelassen, und die TV-Übertragung im WDR entfällt. Die Corona-Pandemie hat die Veranstalter "total gebeutelt und Nerven gekostet", sagte Organisatorin Rosalie von Landsberg-Velen.

"Wir bedauern sehr, dass wir mit unserem eingereichten Hygiene- und Sicherheitskonzept für 1000 Besucher die zuständigen Behörden nicht überzeugen konnten", erklärte die Veranstalterin die Absage der Springreiter-Wettbewerbe. Die wirtschaftlichen Risiken seien "zu groß und wir bringen uns damit existenziell in Gefahr". Die Springreiter werden nun im November in Riesenbeck auf der Anlage von Ludger Beerbaum ihren Meister ermitteln

Die Veranstalter in Balve retteten zumindest die Dressur, die dadurch den ungewohnten Vorteil genießt, allein im Blickpunkt zu stehen. Und angesichts der Absage des Weltcup-Finales, des CHIO in Aachen und der Olympischen Spiele bietet die sauerländische Kleinstadt die sportlich anspruchsvollste Dressur-Veranstaltung der Welt.

"Balve ist dieses Jahr das einzige Turnier im Championatsmodus mit Grand Prix, Special und Kür", sagte Bundestrainerin Monica Theodorescu. Die DM sei daher in dieser schwierigen Saison "das Highlight". Und das Starterfeld ist angesichts der deutschen Dressur-Dominanz ohnehin Weltklasse. Die drei besten Reiterinnen der Weltrangliste sind bei den deutschen Meisterschaft am Start.

Favoritin ist wieder einmal Rekordreiterin Isabell Werth, auch wenn die sechsmalige Olympiasiegerin ihr WM- und EM-Gold-Pferd Bella Rose zu Hause im Stall in Rheinberg lässt. Der 51-Jährigen fehlen durch die Corona-Pause "mit Bella Rose ein, zwei Turniere, um sie wirklich auf Balve vorbereiten zu können", erklärte die erfolgreichste Reiterin der Welt: "Ich muss in Balve nicht anreisen, um da Statist zu spielen mit diesem Pferd."

Sie "habe ja auch noch ein, zwei oder drei andere, die sehr gut in Form sind", erklärte Werth augenzwinkernd. Werth reitet Weihegold, mit der sie in Rio ihr sechstes Olympia-Gold gewann, und Emilio, mit dem sie vor einem Jahr in Balve in der Kür ihren 15. nationalen Titel holte.

© dpa-infocom, dpa:200917-99-600521/2