Shenzhen. Nach dem Aus bei der Basketball-WM spricht Braunschweigs bekanntester Basketballer über die Gründe.

Am Tag nach der größten Pleite des deutschen Basketballs seit vielen Jahren fühlte sich nichts besser an als am Abend zuvor. Mit versteinerten Gesichtern standen Dennis Schröder, Daniel Theis und Co. mit dem Rücken an die Wand des Saals im Interconti-Hotel gedrückt, in dem der Deutsche Basketball Bund das traditionelle Treffen mit den mitgereisten Fans organisiert hatte. Lächeln für die Fotos, das fiel den deutschen Spielern nach dem peinlichen 68:70 gegen die Dominikanische Republik und dem damit verbundenen Verpassen der Top-16 bei der WM sichtlich schwer.

Bundestrainer Henrik Rödl machte zur Begrüßung klar, dass das große Ziel Olympische Spiele 2020 ja noch erreichbar ist: „Es lohnt sich weiterzukämpfen“, betonte er und zeigte sich sogar dankbar über den eigentlich undankbaren Termin, zu dem rund 50 der 100 Fans in Shenzhen gekommen waren: „Die Spieler spüren die Unterstützung, das ist immer positiv.“

Zudem stellten sich die Profis den kritischen Medien-Fragen, was am Vorabend nach dem Schock nur Kapitän Robin Benzing und Maodo Lo getan hatten. Bei der Ursachenforschung, warum die Mannschaft bei der WM nie ihren schnellen, variablen Basketball der Vorbereitungsphase geboten, sondern seltsam emotionsarm gewirkt und auch keine entschlossene Körpersprache gezeigt hatte, wurde ein Problem offenkundig. Die im Vorfeld vielbejubelte Harmonie im Team hatte offenbar verdeckt, dass die Spieler mit ihren Rollen haderten.

„Klar hinterfragt man dann, ob etwas im Team nicht stimmt“, sagte der ehemalige Braunschweiger Daniel Theis unserer Zeitung und gab zu: „Wir waren zu viel mit uns selbst beschäftigt.“ Vielleicht habe man den Gegner auch auf die leichte Schulter genommen, mutmaßte der NBA-Profi von den Boston Celtics. „Wir dachten wohl, das wird ein Selbstläufer, und als es dann anders kam, haben wir den Druck gespürt, und die haben uns mit ihrer positiven Energie kaputt gemacht.“

Braunschweigs NBA-Star Dennis Schröder räumte ein, dass die gegnerischen Bankspieler mehr Kraft ausgestrahlt hätten. „Die haben sich miteinander gefreut und waren immer happy – wir haben das leider nicht getan.“ Im Training sei die Teamchemie gut und die Stimmung immer positiv gewesen, in den WM-Partien aber nicht. „Da hat jeder mit sich selber gekämpft, warum er nicht so viel spielt“, sagte der Spielmacher von den Oklahoma City Thunder. „Wir müssen jetzt den Weg finden, alle an einem Strang zu ziehen.“ Laut Danilo Barthel vom Meister Bayern München habe sich die Mannschaft wohl auch zu sehr auf Schröder verlassen, „und ihm zu viel auf die Schultern gepackt“, nachdem der 25-Jährige in den Testspielen so mühelos gepunktet hatte. „Wir hätten Dennis durch den einen oder anderen Spieler, der auch auf höchstem Niveau spielt, entlasten können.“

Das sollten alles keine Schuldzuweisungen sein, die Profis meinten es selbstkritisch. Dennoch wirkt es kurios, dass offensichtlich die Rollen in der deutschen Mannschaft vor dem größten Turnier, das sie je gespielt hat, dermaßen ungeklärt sind, dass ihr dies so überraschend und so heftig auf die Füße fällt. Ein Versäumnis, das wohl damit zu erklären wäre, dass sich Henrik Rödl und sein Trainerstab angesichts des großen Talents ihres Teams und der Harmonie der Spieler im Umgang miteinander etwas vorgemacht hatten.

Es dürfte schwierig werden, so tiefgreifende Ungereimtheiten auf die Schnelle zu reparieren. Doch wenn das ganz große Debakel für den deutschen Basketball noch verhindert werden soll, muss die Mannschaft ihr heutiges Gruppenspiel gegen Jordanien sowie die folgenden Platzierungsspiele gegen Kanada und Senegal gewinnen, um ein Olympia-Qualifikationsturnier und dann vielleicht doch noch das große Ziel zu erreichen.

Bedenken, dass das Team, das ja einen gemeinsamen Weg von der WM über Olympia bis zur Heim-Europameisterschaft 2021 gehen wollte, vorzeitig auseinanderfallen könnte, versuchten die Spieler vehement zu zerstreuen. „Auf gar keinen Fall, wir haben ja noch große Ziele“, betonte Theis. Und Schröder sagte auf die Frage, ob er trotz WM-Pleite bis zur EM der Anführer sein wolle, er werde jetzt nicht das Gegenteil sagen. „Dazu bin ich ein zu großer Kämpfer. So lange alle mitziehen, bin ich auch dabei.“