Braunschweig. Eintracht Braunschweigs nächster Gegner hat die jüngsten zehn Spiele gewonnen. Kicker-Reporter Sebastian Wolff erklärt den Hürzeler-Effekt.

Wenn der FC St. Pauli das Team der Stunde in der 2. Fußball-Bundesliga ist, dann ist die Eintracht die Mannschaft des Stündchens. Die Hamburger haben die jüngsten zehn Spiele allesamt gewonnen, die Braunschweiger kamen in den vergangenen drei Partien immerhin auf sieben Punkte. Nur Darmstadt und eben St. Pauli fuhren in dem Zeitraum mit je neun Zählern mehr ein als das Team von Michael Schiele.

Eintrachts Trainer steht nun vor einer gewaltigen Aufgabe. Denn er muss das formstärkste Team des deutschen Profifußballs stoppen. Wie hat St. Pauli es überhaupt bis dahin geschafft?

Der Saisonverlauf der Braunschweiger Eintracht und des FC St. Pauli.
Der Saisonverlauf der Braunschweiger Eintracht und des FC St. Pauli. © Jürgen Runo | Jürgen Runo

Sebastian Wolff ist als Reporter des Fußball-Fachmagazins Kicker nah dran an den Hamburgern. Er sagt: „Der Aufschwung hat nicht nur, aber ganz viel mit Fabian Hürzeler zu tun.“ Der 30-Jährige trainiert St. Pauli seit der Winterpause, er wurde Nachfolger seines zuvor entlassenen Chefs Timo Schultz. Hürzelers Bilanz ist beängstigend: zehn Spiele, zehn Siege. Die volle Ausbeute, seit er im Amt ist.

Die Stärken des jungen Trainers beschreibt Wolff so: „Alle Spieler loben seine Detailarbeit. Damit ist es ihm gelungen, eine große Stabilität herbeizuführen. Außerdem besitzt er ein sehr gutes Gefühl dafür, die Spieler auf den für sie besten Positionen einzusetzen.“

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Hier ist im 3-4-3-System die Doppel-Sechs zu nennen, die gebildet wird von Marcel Hartel und Jackson Irvine. „Beide sind sehr laufstark und ergänzen sich hervorragend. Während Hartel das kreative Momentum auf seiner Seite hat, agiert Irvine sehr schlau gegen den Ball, indem er viele Passwege schon früh zustellt.“ Auch für den nun deutlich offensiveren Connor Metcalfe habe Hürzeler „die perfekte Position“ gefunden, sagt der 47-Jährige.

Hürzeler, so viel ist klar, hat St. Pauli stabilisiert. Das Hinspiel in Braunschweig ging noch mit 2:1 an die Eintracht, die dank eines Doppelpacks von Immanuel Pherai, dessen Mitwirken am Sonntag schwer infrage steht, sogar in der Tabelle an den Hamburgern vorbeizog. Diese hielten noch bis zum Winter am Trainer Schultz fest, ersetzten diesen dann jedoch mit dem damals noch 29 Jahre jungen Hürzeler. Ein gewagter Wechsel, der sich nach nur zehn Spielen schon voll und ganz ausgezahlt hat.

Regensburg war vor knapp zwei Wochen fast zu einem Punktgewinn gekommen

Zehn Siege in Folge sind natürlich historisch. „Zuletzt ist auch etwas Matchglück dazugekommen“, ordnet Wolff ein. Besonders im vergangenen Heimspiel gegen Regensburg „dachte man, dass St. Pauli mal fällig ist. Da hat die Mannschaft gewackelt“, sagt er. Am Ende aber siegten die Hamburger mit 1:0 und hielten ihre Serie am Laufen. Der Auftritt in Heidenheim vergangene Woche war dann „herausragend“, sagt der Kicker-Reporter.

Spieler von St. Pauli freuen sich nach Abpfiff über den Sieg ihres Teams gegen Heidenheim. Die Hamburger kennen das Gefühl von Verlieren kaum mehr.
Spieler von St. Pauli freuen sich nach Abpfiff über den Sieg ihres Teams gegen Heidenheim. Die Hamburger kennen das Gefühl von Verlieren kaum mehr. © dpa | Christoph Schmidt

Vor allem die stabile Defensive sticht bei St. Pauli hervor. Lediglich drei Tore kassierten sie seit Hürzelers Übernahme zur Rückrunde. Das heißt jedoch nicht, dass seine Mannschaft nur aus einer kontrollierten Haltung heraus kontert. „Sie spielen sehr aktiv, ziehen ein Kurzpassspiel von hinten heraus auf, nehmen aber auch mal einen langen Ball als pragmatisches Mittel, um sich von hinten zu befreien.“ Eric Smith ist der Spieleröffner, dessen Einsatz gegen die Braunschweiger aber noch auf der Kippe steht.

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Regensburg hatte bei der knappen 0:1-Niederlage vor etwa zwei Wochen St. Paulis Zentrum verdichtet, lahmgelegt und war so fast zu einem Punktgewinn gekommen. Aber eben nur fast.

Das Hamburger Derby wirft schon seine Schatten voraus

So gingen die Feierwochen der Kiezkicker weiter. Wenn sie am Sonntag auch Braunschweig besiegen, steht am Wochenende darauf die nächste große Party im Derby gegen den Hamburger SV an, der seinerseits ebenso eine starke Runde spielt. „Die Stadt ist schon elektrisiert“, sagt Wolff, der vom nahenden Derby „keine Ablenkung“ für St. Pauli mit Blick aufs Eintracht-Spiel erwartet, sondern „eine Zusatzmotivation“. Denn: „Ein Sieg gegen Braunschweig ist Grundvoraussetzung dafür, dass St. Pauli mit einem Sieg im Derby noch mal richtig an den HSV heranrücken kann.“