Berlin. Erstmals seit sieben Jahren kommt der neue deutsche Eishockey-Meister nicht aus Mannheim oder München. Die Eisbären Berlin gehen leicht favorisiert in die Finalserie der DEL, verloren in der Vorrunde aber alle Spiele gegen die Grizzlys Wolfsburg.

Ungewöhnliche Saison: Der Jubiläums-Titelträger im deutschen Eishockey wird ein Außenseiter. Wenn von Sonntag zum 100. Mal der Titel ausgespielt wird, stehen mal nicht die Adler Mannheim oder der EHC Red Bull München im Fokus, sondern die Eisbären Berlin und die Grizzlys Wolfsburg.

Erstmals seit 2014 wird in der Deutschen Eishockey Liga ein anderer Titelträger ermittelt als einer der beiden Teams, die in den letzten Jahren den Champion unter sich ausgemacht haben.

Da der siebenmalige Meister aus Berlin vor der stark verkürzten Saison zumindest zum Kreis der erweiterten Titel-Kandidaten zählte, gehen die Eisbären leicht favorisiert ins Finale. "Jetzt haben wir die Tür aufgemacht, jetzt gehen wir durch", sagte Eisbären-Kapitän Frank Hördler vor dem ersten von maximal drei Spielen vom 2. Mai an (14.30 Uhr/MagentaSport). Der 36 Jahre alte Routinier war an allen bisherigen Triumphen des früheren Serienmeisters beteiligt.

Die Eisbären hatten sich durch ein 4:2 (0:0, 2:2, 2:0) gegen Ingolstadt für ihre elfte Finalserie qualifiziert. Kurz darauf schockte Wolfsburg den Top-Favoriten Adler Mannheim durch ein 2:1 (1:1, 0:0, 1:0) im entscheidenden dritten Halbfinale und bescherte dem früheren Bundestrainer Pat Cortina dessen erstes DEL-Playoff-Finale überhaupt. "Wir erwarten jetzt wieder harte Playoff-Kämpfe", sagte Cortina.

Für beide Teams bietet sich angesichts des Ausscheidens von München im Viertelfinale gegen Ingolstadt und der Adler fast eine historische Chance. "Man weiß nie, wann man das nächste Mal im Finale steht, und man weiß, wie hart es ist, dort hinzukommen", sagte Hördler.

Da die Top-Teams München und Mannheim am wenigsten unter den wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie zu leiden hatten, waren sie im vergangenen Frühjahr bereits früh in die Vorbereitung für die geplante neue Saison gestartet. Doch der Saisonstart war zweimal verschoben worden, weil die Liga angesichts der Abhängigkeit der meisten Clubs von Zuschauer-Einnahmen auch auf Spiele vor Publikum gesetzt hatte. Erst als der Großteil der DEL-Profis auf weite Teile des Gehalts verzichtete, konnte im Dezember eine stark verkürzte Saison ohne Zuschauer starten.

Offenbar rächte sich die lange Belastungszeit der Spieler für die Adler und den EHC, wie Mannheims Coach Pavel Gross nach dem Halbfinal-Aus anmerkte. "Ein Jahr lang ohne Pause. Das geht nicht", sagte Gross und schimpfte - mal wieder - auf die DEL, der er wegen des wiederholten Aufschubs des Saisonstarts "Unfähigkeit" vorwarf.

Auch das ungewohnte Playoff-Format - statt sonst vier Siegen sind diesmal nur zwei Erfolge zum Weiterkommen nötig - spielte eher den Underdogs in die Karten. Unverdient ist das Finale für Berlin und Wolfsburg indes keinesfalls. Beide Teams zeichneten sich in den Playoffs bislang durch ihre Comeback-Qualitäten aus. Sowohl die Grizzlys als auch die Eisbären standen im Viertelfinale und im Halbfinale nach jeweiligen Niederlagen im ersten Spiel jeder Serie schon vor dem Aus, kämpften sich aber zurück. "Bei uns gibt es niemanden, der aufgehört hat zu glauben. Wir standen so oft schon mit dem Rücken zur Wand", sagte Berlins Nationalstürmer Marcel Noebels.

Trainer Serge Aubin will am 2. Mai dennoch einen anderen Auftakt sehen: "Wir haben jetzt zwei Mal das erste Spiel verloren und sind zurück gekommen. Aber diesmal würden wir gerne für den Vorsprung sorgen."

Dies dürfte schwer genug werden. In der DEL-Vorrunde verloren die Eisbären alle bisherigen vier Saisonspiele gegen Wolfsburg. "Playoffs sind aber ein anderes Ding", sagte selbst Wolfsburgs schwedischer Angreifer Max Görtz, der das Siegtor in Mannheim geschossen hatte.

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