Dortmund. Der VfL ist in Dortmund nach hohen Niederlagen der jüngsten Vergangenheit nah dran an einer Überraschung.

Unentschieden Nummer 11 für den VfL Wolfsburg. Und es war wieder mal mehr drin für den Fußball-Bundesligisten. Bei Angstgegner Borussia Dortmund, der die letzten fünf Vergleiche allesamt hoch gewonnen hatte, holte das Team von Martin Schmidt zwar ein 0:0. Aber mit etwas mehr Fortune hätten Maximilian Arnold und Co. vor 80 600 Zuschauern im Signal-Iduna-Park auch die ganz fette Beute geholt.

In der ersten Hälfte zeigte Schmidts Team, dass ihm die Underdog-Rolle sehr liegt. Auswärts hatte der VfL schon bei den Bayern (2:2 nach 0:2-Rückstand) und auf Schalke (1:1) unter Beweis gestellt, dass er sich dann wohlfühlt, wenn er sich aus einer kompakten und disziplinierten Grundordnung heraus auf das Spiel des Gegners reagieren kann. So lief es auch lange im Signal-Iduna-Park.

Der BVB, der wiederholt aus disziplinarischen Gründen auf Topstürmer Pierre-Emerick Aubameyang verzichtete – der Gabuner hatte am Samstag die Spiel-Besprechung geschwänzt –, hatte Probleme mit der gut geordneten und konzentrierten Wolfsburger Defensive um Marcel Tisserand und Felix Uduokhai.

Nur wenn der erst 17 Jahre alte Engländer Jordan Sancho auf dem linken Flügel Tempo aufnahm, bekam der genau doppelt so alte Paul Verhaegh, der gestern die Kapitänsbinde trug, Probleme. In der 22. Minute vergab Andrej Yarmolenko die bis dahin beste Chance, als er eine Sancho-Vorlage ans Außennetz schoss.

Anders als in den vorangegangenen Duellen (0:3, 0:3, 1:5, 1:5, 1:2) war der VfL am kalten Sonntagabend aber keineswegs chancenlos. Daniel Didavi scheiterte in der 37. Minute nach einem Spielzug über Rückkehrer Josip Brekalo und Yunus Malli nur an BVB-Torhüter Roman Bürki – eine ausgeglichene Angelegenheit.

Nach der Pause dauerte es allerdings nicht lange, bis die Hausherren Tempo aufnahmen. Erneut Yarmolenko (48.) und Sancho (53., Pfosten) ließen beste Möglichkeiten aus. Das Schmidt-Team stand in dieser Phase richtig unter Druck. Aber in der Vorrunde hatten die Wolfsburger oftmals zulegen können, wenn sie solche Minuten schadlos überstanden hatten. Schmidt wollte von der Seitenlinie aus Mut beweisen und sendete mit seinem ersten Wechsel das Signal an seine Mannschaft: Glaubt dran, wir können hier etwas holen. Denn statt das zufriedenstellende 0:0 abzusichern, brachte er seinen Landsmann Renato Steffen, der erst am Mittwoch vom FC Basel zu seinem Team gewechselt war – und der brauchte keine Minute, um auf sich aufmerksam zu machen. Divock Origi hatte eine Flanke halbhoch vors BVB-Tor geschlagen, und Steffen rauschte heran, wurde aber im letzten Moment noch von Lukasz Piszczek gestört (66.).

Vor der Schlussphase holten die Spieler beider Teams, so schien es, noch einmal tief Luft, um sich auf ebenjene einzustellen. Positiv: In der Schlussviertelstunde übernahmen die Wolfsburger das Zepter. Linksverteidiger William, der in der Defensive Yarmolenko entnervte, schaltete sich mal ein, zog in die Mitte und zog ab – Bürki fischte den Schuss gerade noch so aus dem Winkel (77.). Doch auch der BVB blieb gefährlich. Der Ex-Wolfsburger André Schürrle drosch einen Volley nur knapp vorbei (79.). Sieg, Remis, Niederlage – es war alles drin für den VfL, der mit Risiko, also auf die volle Beute spielte. Und das ermöglichte auch Dortmund Räume, die der schnelle Schürrle fast genutzt hätte, aber gerade noch vom aufmerksamen Koen Casteels gestoppt wurde (86.). So pfiff das BVB-Publikum nach dem Schlusspfiff – und die Wolfsburger Fans konnten zufrieden applaudieren.