Eisenhüttenstadt/Potsdam. An der deutschen Grenze zu Polen werden fast täglich größere Gruppen von Menschen entdeckt, die über Belarus und Polen unerlaubt nach Deutschland einreisen. Das Bundesinnenministerium sucht Lösungsansätze.

Auf der neuen Fluchtroute über Belarus und Polen sind nach Angaben der Bundespolizei seit August bereits mehr als 4300 Menschen unerlaubt nach Deutschland eingereist.

Sie stammten vorrangig aus dem Irak sowie aus Syrien, Jemen und dem Iran, erklärte die Bundespolizei der Deutschen Presse-Agentur. Betroffen sind vor allem Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hatte im Mai als Reaktion auf verschärfte Sanktionen der Europäischen Union angekündigt, Migranten nicht mehr an der Weiterreise nach Polen und ins Baltikum zu hindern. Die EU beschuldigt Lukaschenko, Menschen in organisierter Form aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen. Polen, Lettland und Litauen haben die Grenzsicherung verschärft. Tausende kommen trotzdem durch, teils mit Hilfe von Schleppern.

Das Bundesinnenministerium erklärte auf Anfrage, man beobachte die Entwicklung sehr aufmerksam. Die Bundespolizei treffe die erforderlichen Maßnahmen, insbesondere im Rahmen der Schleierfahndung. "Derzeit werden weitere Maßnahmen zur Verhinderung der illegalen Migration nach Deutschland mit unseren Partnern im In- und Ausland abgestimmt", sagte Ministeriumssprecher Steve Alter. Noch liefen die Gespräche, deshalb könne die Bundesregierung keine Details bekanntgegeben.

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen kommen die meisten der Flüchtlinge und Migranten über den Flughafen Moskau nach Belarus. Weitere wichtige Abflughäfen sind demnach Dubai und Beirut. Einige Menschen kämen auch aus Istanbul, Amman und Damaskus, hieß es. Schätzungen zufolge landen täglich rund 500 Menschen in Minsk und auf kleineren Flughäfen in Belarus - Tendenz steigend. Die vorwiegend aus arabischen Staaten und Afghanistan stammenden Menschen würden meist innerhalb von ein bis zwei Tagen mit Bussen in die Nähe der polnischen Grenze gebracht.

Laut Zahlen der Bundespolizei wurden von Januar bis Juli 2021 nur 26 Personen mit Bezug auf die Belarus-Route registriert. Im August seien es hingegen 474 und im September bereits 1914 Personen gewesen. In diesem Monat wurde diese Zahl schon jetzt übertroffen: Mit Stand 11. Oktober stellten Bundespolizisten 1934 Menschen fest, die unerlaubt über Belarus und Polen nach Deutschland eingereist waren.

Vor allem in Brandenburg füllen sich die Asylzentren. Derzeit beherberge man 2600 Menschen an diversen Standorten, sagte Olaf Jansen, Leiter der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt. Die übliche Kapazität von 3500 Plätzen sei mittels beheizter Zelte kurzfristig auf 4600 aufgestockt worden. Wahrscheinlich werde man auf 5000 Plätze hochgehen. Überfüllt seien die Einrichtungen aber nicht. "Es ist keine dramatische Lage, aber es ist eine harte Situation", sagte Jansen.

Der polnische Innenminister Mariusz Kaminski kündigte an, die Grenze zu Belarus dauerhaft zu befestigen, und zwar mit einer "soliden, hohen Barriere, die mit einem Überwachungssystem und Bewegungsmeldern" ausgerüstet werde. Das 366 Millionen Euro teure Projekt muss noch vom polnischen Parlament gebilligt werden.

Polen hat bereits Ende August mit dem Bau eines provisorischen Zauns entlang der Grenze zu Belarus begonnen. Dabei handelt es sich um einen Stacheldrahtverhau von etwa 2,50 Metern Höhe, der von Soldaten der polnischen Armee errichtet wird.

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