Stuttgart. “Zehn Tage vor der Wahl erfindet man nicht viel Neues“, sagt Laschet bei der Vorstellung eines Wirtschaftspapiers mit Merz. Stattdessen versuchen sie, Scholz in die Defensive zu drängen.

Der Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet und sein Finanzexperte Friedrich Merz haben im Endspurt zur Bundestagswahl eindringlich vor den wirtschaftlichen Folgen einer rot-grün-roten Regierung gewarnt.

"Gerade nach der Pandemie sind Steuererhöhungen Gift für die wirtschaftliche Erholung", heißt es in dem 8-Punkte-Wirtschaftspapier, das die beiden in Stuttgart beim Arbeitgeberverband Südwestmetall vorstellten.

Zugleich sehen Laschet und Merz den in Umfragen führenden SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz wegen angeblicher Verfehlungen im Bundesfinanzministerium zunehmend in der Defensive. "Die Menschen fangen an darüber nachzudenken, ob Olaf Scholz wirklich der richtige Bundeskanzler für die Bundesrepublik Deutschland ist", sagte Merz.

Laschet sagte: "Ganz Europa schaut darauf, bleibt dieses Land stabil. Beginnen wir hier mit irgendwelchen ideologischen Experimenten und reißen wir die anderen mit runter." Wenn eine rot-grün-rote Regierung die Steuern erhöhe, bestehe die Gefahr, dass viele Unternehmen ins Ausland abwanderten.

Merz ergänzte, Deutschland habe die höchste Steuerlast, die höchsten Sozialabgaben und die höchsten Energiekosten. "Die Zitrone ist ausgequetscht." Deutschland könne nur mit gesunden Staatsfinanzen und einer florierenden Wirtschaft auch auf anderen Feldern vorankommen. "Wenn wir beides nicht haben, wird uns Klimaschutz nicht gelingen." Die Schuldenbremse müsse unbedingt eingehalten werden.

Merz sieht Scholz in Erklärungsnot. "Wenn man sieht, in welche Zahl von Finanzskandalen er verstrickt ist", wüchsen schon die Zweifel. Der CDU-Politiker zeigte sich auch irritiert darüber, wie lax der Finanzminister mit den Ermittlungen gegen dessen Staatssekretär Wolfgang Schmidt umgehe. Schmidt selbst sei nicht tragbar. "Und dieser Mann soll Chef des Bundeskanzleramts werden?", fragte Merz.

Ausschuss befragt Scholz zu Geldwäsche

Der Finanzausschuss des Bundestages will Scholz am Montag zur Durchsuchung seines Ministeriums im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls befragen. Die von Grünen, FDP und Linken beantragte Sondersitzung soll ab 10.00 Uhr stattfinden, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Die Abgeordneten könnten digital oder vor Ort teilnehmen; Scholz will sich demnach lediglich digital zuschalten.

Bei Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Anti-Geldwäsche-Einheit FIU hatte die Staatsanwaltschaft Osnabrück am vergangenen Donnerstag das Finanzministerium und das Justizministerium durchsuchen lassen. Die Ermittler wollten Zugriff auf E-Mails zwischen der FIU und dem Ministerium erlangen. Es geht um die Frage, ob die FIU Hinweise von Banken auf Terrorfinanzierung zu spät an Polizei und Justiz weitergab, so dass die Taten nicht verhindert werden konnten. Laut Scholz gehören keine Ministeriumsmitarbeiter zu den Beschuldigten.

Scholz' Staatssekretär Schmidt hatte auf Twitter darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft ihre Pressemitteilung aus seiner Sicht zu sehr zugespitzt habe. Sie stimme nicht mit dem Beschluss des Gerichts überein. Weil er dazu einen Teil des Beschlusses veröffentlichte, wird nun auch gegen Schmidt ermittelt.

Aus dem Finanzministerium wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass der Durchsuchungsbeschluss bereits einen Monat alt ist - von der Staatsanwaltschaft aber erst wenige Tage vor der Bundestagswahl umgesetzt wurde. Der zuständige Staatsanwalt ist ehemaliger Chef des CDU-Stadtverbandes Cloppenburg.

Laschet sagte, viele hätten wegen der guten Umfragewerte für die SPD gedacht, "Olaf Scholz wäre schon gesetzt". Jetzt zeige sich, dass der SPD-Kanzlerkandidat sein Ministerium nicht im Griff habe. Laschet hatte Scholz wegen der Ermittlungen gegen die Geldwäsche-Zentrale des Zolls sowie wegen der Wirecard-Pleite und des Cum-Ex-Skandals schon öfter scharf angegriffen.

Auch der CSU-Chef Markus Söder rechnet im Wahlkampffinale mit einer wachsenden Zustimmung der Wähler für die Union. "Vielen Menschen wird so langsam bewusst, um was es eigentlich geht. Es wird jetzt langsam ernst", sagte der bayerische Ministerpräsident in Garching bei München.

Söder: Anzeichen für eine Trendumkehr

Er habe den Eindruck, dass viele Menschen angesichts des möglichen Linksrutsches nach der Bundestagswahl noch mal über ihre Stimmabgabe zugunsten von CDU und CSU nachdenken würden und dass sich eine Trendumkehr andeute. "Wir sind optimistisch. Aber natürlich muss noch ein starker Schlussspurt her. Es ist also nichts gewonnen, aber auch nichts verloren", sagte Söder.

Der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil warf Laschet dagegen vor, in der Debatte um die Durchsuchung des Finanzministeriums Lügen zu verbreiten. "In ihrer panischen Angst vor dem Machtverlust macht die Union mangels Inhalten den unanständigsten Wahlkampf seit Jahrzehnten", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Um Olaf Scholz persönlich zu schaden, verdrehen Laschet und seine Leute bewusst die Tatsachen, verbiegen die Wahrheit und verbreiten gezielt Lügen." Die Unionsparteien führten einen stil- und würdelosen Wahlkampf.

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