Berlin. Theoretisch bleibt noch Zeit bis 2022, um beim Klimaschutzgesetz nachzubessern. Doch die Bundesregierung will noch in dieser Legislaturperiode neue Ziele beschließen.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimagesetz ringt die große Koalition um eine möglichst zeitnahe Gesetzesänderung.

Ziel sei es, das Klimaschutzgesetz noch vor Ende der Legislaturperiode anzupassen und darin unter anderem Zwischenziele für die Jahre 2035 und 2040 gesetzlich zu verankern, erklärte CDU-Chef Armin Laschet (CDU). Gleichzeitig verkündete Laschet das Ziel seiner Partei, Deutschland "deutlich vor dem Jahr 2050" klimaneutral machen zu wollen - und damit schneller als von der EU vorgesehen.

Die CDU hatte am Montag während ihrer Präsidiumssitzung unter anderem über die Konsequenzen aus der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz beraten.

Die Richter in Karlsruhe hatten den Gesetzgeber in der vergangenen Woche verpflichtet, bis Ende kommenden Jahres die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln. Dabei geht es um das Klimaschutzgesetz, das bisher für die Jahre bis 2030 zulässige Jahresemissionsmengen für Bereiche wie die Energiewirtschaft, die Industrie, den Verkehr oder die Landwirtschaft festlegt.

Laschet nannte das Urteil am Montag einen "Quantensprung". Es berücksichtige nicht nur die Wahrung der Lebensgrundlagen, sondern auch den Schutz der Freiheitsrechte künftiger Generationen, sagte Laschet. "Das muss jetzt in der Gesetzgebung präzisiert werden."

Neben einem ambitionierteren Ziel für das Erreichen der Treibhausgasneutralität und dem Fokus auf Innovation sei es auch nötig, den CO2-Preis zu erhöhen, sagte Laschet. Zum Ausgleich müsse in der kommenden Wahlperiode die EEG-Umlage wegfallen und die Stromsteuer sinken, erklärte der CDU-Chef. Bei ihrem Beschluss habe seine Partei neben ökologischen und wirtschaftlichen auch soziale Fragen besonders im Blick gehabt.

Die Einzelheiten zur Anpassung des Klimaschutzgesetzes werde die Union in den kommenden Tagen mit dem Koalitionspartner SPD beraten. Ziel sei es, noch in dieser Legislaturperiode eine Einigung zu erzielen und Reduktionsziele für die Jahre 2035 und 2040 gesetzlich zu verankern. Nach dpa-Informationen könnte sich das Kabinett bereits in der kommenden Woche mit dem angepassten Klimaschutzgesetz befassen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte die Union am Morgen aufgefordert, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz gemeinsam schnell umzusetzen. Sie werde bis Ende der Woche die überarbeitete Fassung des Klimaschutzgesetzes vorlegen, erklärte Schulze. Geplant sei etwa mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien und mehr Transparenz bei der Pkw-Kennzeichnung. "Das sind alles Initiativen, die jetzt auf dem Tisch liegen und die wir sehr schnell umsetzen könnten", sagte Schulze.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte sich am Montag nicht direkt zu den Vorschlägen der CDU äußern. Man arbeite innerhalb der Bundesregierung "mit vereinten Kräften" daran, noch in dieser Legislaturperiode eine Anpassung des Klimaschutzgesetzes zu erreichen, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es gehe nun darum, aus den vorgelegten Plänen "eine Regierungslinie zu machen".

Auch aus der Opposition und von Klimaexperten gab es am Montag Vorschläge und Anregungen zur Ausgestaltung des Klimaschutzgesetzes. Die Denkfabrik Agora Energiewende legte ein Eckpunktepapier vor, in dem unter anderem die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 als Ziel fixiert ist. Der Linke-Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin forderte, das Ziel bis 2040 vorzuziehen. Diesen Zeitpunkt hatte zunächst auch CSU-Chef Markus Söder am Montagmorgen als Zielmarke für Treibhausgasneutralität genannt, es aber, wie er später konkretisierte, auf Bayern bezogen.

FDP-Chef Christian Lindner mahnte an, die anderen Parteien im Prozess zur Anpassung des Klimagesetzes nicht außen vor zu lassen. Da es um Regelungen bis zum Jahr 2050 gehe, müsse jedes Regierungsbündnis auch die anderen Parteien einbinden, sagte er. Lindner schlug vor, in den kommenden Wochen Gespräche über einen "nationalen Klimakonsens" zu führen. Für schnelleren Klimaschutz schlagen die Liberalen unter anderem vor, ein begrenztes CO2-Kontingent über marktwirtschaftliche Mechanismen anders als bisher zu verteilen.

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