Berlin. Immer mehr Menschen sind gegen Corona geimpft. Für ganz Deutschland soll nun geregelt werden, welche Einschränkungen für vollständig Geimpfte, negativ Getestete und Genesene aufgehoben werden.

Die bundesweite Rücknahme bestimmter Freiheitseinschränkungen für vollständig Geimpfte soll noch in dieser Woche beschlossen werden.

Union und SPD haben sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur darauf verständigt, dass die entsprechenden Änderungen am Donnerstag im Bundestag und am Freitag im Bundesrat beschlossen werden. Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei sagte dem "Handelsblatt": "Am Samstag könnten dann bereits erste Ausnahmen für Geimpfte und Genesene gelten."

Hoffnung auf schnelle Erleichterungen in der Gastronomie oder im Tourismus machten Vertreter der Bundesregierung allerdings nicht. Pfingsturlaub bleibt unwahrscheinlich.

Wie aus einem Schreiben des Bundeskanzleramtes, das der dpa vorliegt, hervorgeht, haben die Mitglieder der Bundesregierung einer neuen Verordnung zur Rückgabe von Rechten an Geimpfte und Genesene bereits im sogenannten Umlaufverfahren zugestimmt. Am Mittwoch soll es dann noch einen formalen Beschluss im Bundeskabinett geben, bevor Bundestag und Bundesrat abstimmen können.

In verschiedenen Bundesländern sind entsprechende Regeln zur Rücknahme von Einschränkungen für Geimpfte bereits in Kraft. Es geht nun um bundeseinheitliche Vorgaben.

Vorgesehen ist einerseits eine rechtliche Gleichstellung von Geimpften und Genesenen mit Menschen, die negativ getestet sind. Geimpfte und Genesene sollen auch ohne vorherigen Test in Geschäfte, Zoos oder zum Friseur gehen dürfen. Darüber hinaus sollen für sie aber auch die Kontaktbeschränkungen und Ausgangsbeschränkungen gelockert oder aufgehoben werden.

Nach Reisen müssten sie nicht in Quarantäne - es sei denn sie reisen aus einem Virusvariantengebiet ein. Die Pflicht zum Tragen einer Maske an bestimmten Orten sowie das Abstandsgebot im öffentlichen Raum sollen aber für alle weiter gelten.

Als Genesen gilt dem Vorschlag von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zufolge jemand, der mit einem ein bis sechs Monate alten positiven PCR-Test nachweisen kann, dass er schon eine Corona-Infektion hatte.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte nach Beratungen des sogenannten Corona-Kabinetts außerdem an, dass bei Einreisen nach Deutschland künftig ein vollständiger Impfnachweis statt eines Tests ausreichen soll. Eine entsprechende Änderung der Einreiseverordnung ist laut Spahn geplant. Unklar blieb noch, ob als Nachweis auch die Impfung mit einem nicht in der EU zugelassenen Impfstoff akzeptiert wird.

Gut 28 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind inzwischen mindestens einmal gegen Corona geimpft, wie das Robert Koch-Institut am Montagmittag mitteilte. Vollen Impfschutz haben demnach bislang acht Prozent der Bevölkerung.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder ist, sagte der "Rheinischen Post": "Wenn von Menschen, die geimpft oder genesen sind, keine relevante Infektionsgefahr mehr ausgeht und sie zudem geschützt sind, entfällt der Grund für die harten Corona-Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie."

Es sei daher eine Selbstverständlichkeit, dass diese Menschen ihre Grund- und Freiheitsrechte so schnell wie möglich zurückerlangten, sagte der SPD-Politiker. Es handele sich dabei nicht um Privilegien, sondern um Rechte und den Weg zurück in die Normalität.

Bei Reisen und in der Gastronomie ist Normalität dagegen noch nicht in Sicht: Urlaub über die Pfingsttage in knapp drei Wochen "wird in vielen Urlaubsregionen leider wieder ins Wasser fallen", sagte der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU) der "Bild"-Zeitung.

Er sei aber zuversichtlich, dass ab Juni Reisen in Deutschland in immer mehr Regionen möglich werden. Wichtig sei, dass der Bundeslockdown nicht über den 30.6. hinaus - bis dahin ist er befristet - verlängert werde. Hotels und Restaurants hätten gute Sicherheitskonzepte aufgestellt.

Die Co-Bundesvorsitzende der SPD, Saskia Esken, sprach sich gegen die Öffnung von Gaststätten und Hotels für Geimpfte und Genesene aus. Zwar sollten für diese Menschen Kontaktbeschränkungen oder nächtliche Ausgangsbeschränkungen aufgehoben werden, aber "deswegen werden wir nicht die Gaststätten und Hotels für einzelne Menschen öffnen", sagte Esken am Montag in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. Sie verwies mit Blick auf die Öffnungen von Gaststätten und Hotels auf den Stufenplan der Bundes-Notbremse, in dem Öffnungsschritte an entsprechende Inzidenzen gekoppelt sind.

Aus der FDP kam scharfe Kritik: "Es ist beschämend, dass die SPD-Co-Vorsitzende massive Grundrechtseinschränkungen wider besseres Wissen aufrechterhalten und die Wirtschaft im künstlichen Dauerkoma halten will", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae. Da von vollständig Geimpften und Genesenen nur minimale Infektionsrisiken ausgingen, sollten diese Zugang zu Sportstätten, Hotels und Innengastronomie erhalten. Gleiches sollte für Getestete gelten.

Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, forderte die Bundesregierung auf, "Gaststätten, Hotels und Kultureinrichtungen unverzüglich ihren Betrieb wieder aufnehmen zu lassen".

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