Berlin. Die Abschlussprüfungen an Schulen in Deutschland sollen stattfinden. Darauf haben sich die Kultusminister der Länder verständigt.

  • Abschluss- und Abiturprüfungen an Schulen in Deutschland sollen trotz der Corona-Krise in diesem Schuljahr durchgeführt werde
  • Den Beschluss fasste die Kultusministerkonferenz am Mittwoch, zuvor hatte es unterschiedliche Reaktionen in den Bundesländern auf die Pandemie gegeben
  • Politiker hatten zuvor unter anderem eine komplette Absage aller Prüfungen ins Spiel gebracht
  • Ein Bildungsforscher bemängelt den Digitalisierungsrückstand an deutschen Schulen

Während die Kultusminister in einer Telefonkonferenz noch debattieren, ob und wie das Abitur in Zeiten von Corona aussehen kann, hocken Schüler in Hessen vor ihren Aufgaben. An diesem Mittwoch steht Mathematik auf dem Abitur-Plan. Donnerstag: Französisch.

Hessen, so teilt das Kultusministerium in Wiesbaden mit, sehe keinen Konflikt mit den strengen Kontaktsperren, die die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende vereinbart hatten.

Die Bundesliga ist ausgesetzt, Olympia verschoben – doch das Abitur soll stattfinden. Trotz Corona-Krise. Nicht nur in Hessen, sondern in ganz Deutschland. „Die Prüfungen, insbesondere die schriftlichen Abiturprüfungen, finden zum geplanten oder zu einem Nachholtermin bis Ende des Schuljahres statt“, teilte ein Sprecher der Kultusministerkonferenz (KMK) am Mittwochnachmittag mit. Angesichts der Schulschließungen im Kampf gegen das Coronavirus hatten die Minister um einen gemeinsamen Weg für die diesjährigen Abiturprüfungen gerungen.

Abi in der Corona-Krise? Bundesländer wählten verschiedene Wege

Eine Absage des Abiturs sei nicht notwendig. Jedenfalls soweit die Prüfungen aus Infektionsschutzgründen zulässig seien. „Schülerinnen und Schüler müssen eine ausreichende Zeit zur Vorbereitung erhalten. Die Prüfungen können auch in geschlossenen Schulen stattfinden, sofern es keine entgegenstehenden Landesregelungen gibt“, hob der KMK-Sprecher hervor.

Für die Abiturienten sei besonders wichtig, dass sie Planungssicherheit hätten, „gleichzeitig steht ihre Gesundheit für uns an erster Stelle“, sagte die aktuelle Präsidentin der Ministerkonferenz, die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig.

Die Länder waren bislang sehr unterschiedlich mit der Frage umgegangen, wie die Schüler das Abitur angesichts der Corona-Pandemie erlangen können. So begannen beispielsweise in Hessen und Rheinland-Pfalz bereits die Abiturprüfungen, während Bayern und Baden-Württemberg die Prüfungen verschoben.

Bayern hat nun entschieden, den Start der Abiturprüfungen auf den 20. Mai zu verlegen, „damit die Schülerinnen und Schüler genügend Vorbereitungszeit haben“, sagte Bayerns Bildungsminister Michael Piazolo.

Kommen Bundesländer beim Corona-Abi auf eine einheitliche Linie?

Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung Erziehung (VBE), begrüßte die Einigung der Kultusminister: „Es muss zwingend gewährleistet bleiben, dass wir in Deutschland durch unterschiedliche Verfahren einzelner Bundesländer kein A-, B- oder C-Abitur schaffen.“

Doch ist die Einigkeit tatsächlich da? Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hatte vor der Telefonschalte mit ihren Kollegen aus den anderen Ländern angekündigt, dass die Regierung im Norden ein „Anerkennungsabitur“ ohne Abschlussprüfungen anstrebe. Das heißt, die Lehrkräfte sollen die Leistungen der Schüler in den vergangenen Schuljahren bewerten. Und dann eine Note geben.

Der Vorstoß von Prien stieß allerdings auf Kritik. Nach der Ministerkonferenz ruderte Prien zurück und teilte mit, die Abiturprüfungen in ihrem Land würden wie geplant ab dem 21. April stattfinden. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen machte sich hingegen schon vor dem Gespräch der Bildungsministerien für ein Abitur mit Prüfungen trotz der gegenwärtigen Schulschließungen in der Corona-Krise stark.

Bildungsforscher bemängelt Digitalisierungsrückstand an Schulen

Der Kieler Bildungsforscher Olaf Köller nannte die Überlegungen in Schleswig-Holstein zur Absage der Abiturprüfungen eine „Bankrotterklärung der Schulen in punkto Digitalisierung“. Es sei durchaus möglich, mündliche Onlineprüfungen vorzunehmen, sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Wir haben in den vergangenen Jahren viel über die digitale Schule geredet, aber wenig dafür getan – das rächt sich nun“.

Nun scheint auch Schleswig-Holstein auf den Kurs der anderen Bundesländer einzuschwenken. Anfang April sind im Norden Osterferien. Schon danach müssten die Prüfungen für das Abitur beginnen. Bildungsministerin Prien hatte hervorgehoben: „Keiner weiß heute, wie dann die Pandemielage in Deutschland aussieht.“ Zumindest damit behält sie recht.

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(dpa/fmg)