Apolda. Zwei von drei Koalitionspartnern haben jetzt zugestimmt: Eine seit Wochen diskutierte rot-rot-grüne Minderheitsregierung in Thüringen rückt damit näher. Die Grünen sehen auch Risiken.

Nach der SPD haben auch die Grünen für die Beteiligung an einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung in Thüringen gestimmt. Auf einem Parteitag in Apolda votierten nach kontroverser Diskussion über Chancen und Risiken 93 Delegierte in geheimer Abstimmung für das Regierungsmodell.

Neun sprachen sich dagegen aus, sieben enthielten sich der Stimme. Bei der Linken läuft eine Mitgliederbefragung bis Anfang Februar.

Die Grünen sind nach einem schwachen Ergebnis bei der Landtagswahl mit nur 5,2 Prozent der kleinste Partner in dem Dreierbündnis, dem im Landtag vier Stimmen für eine Mehrheit fehlen. Die SPD hatte am Freitagabend in Erfurt mit großer Mehrheit ihren Einstieg in die von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geplante Minderheitsregierung beschlossen.

Spitzenpolitiker der Grünen warben bei den Delegierten für das Projekt. "Der Frage, sind wir dafür mutig genug, müssen wir uns stellen", sagte Umweltministerin Anja Siegesmund, die Verhandlungsführerin bei der Aufstellung des gemeinsamen Regierungsprogramms mit der Linken und der SPD war. Es gehe darum, mit 42 von 90 Stimmen im Landtag Politik zu gestalten. Dafür sei bei Projekten und Gesetzen die Zusammenarbeit mit der CDU und FDP erforderlich.

Ann-Sophie Bohm-Eisenbrandt, die anschließend zusammen mit Bernhard Stengele zur neuen Doppelspitze gewählt wurde, sagte, die Partei habe durch eine Regierungsbeteiligung mehr zu gewinnen als durch den Gang in die Opposition. Auch der Vorsitzende der Landtagsfraktion, Dirk Adams, warb für den Eintritt in die Minderheitsregierung, "auch wenn ich nicht in die Luft springe über die Ressortverteilung".

Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen bei den Verhandlungen mit Linke und SPD mit ihrer Forderung nach Übernahme des Agrarministeriums. Sie behalten die Ministerien für Umwelt und Justiz, deren Zuschnitt verändert wird. Umwelt erhält die Zuständigkeit für Verbraucherschutz und Tierwohl dazu. Mehrere Delegierte kritisierten den Verzicht auf den Bereich Migration, der vom Justizministerium in das von der Linken geführte Arbeits- und Sozialministerium geht. "Wir haben das verschenkt. Ich bin wütend darüber", sagte der Landtagsabgeordnete Olaf Müller.

Ramelow wird sich im Februar der Ministerpräsidentenwahl im Landtag stellen. Die AfD als zweitgrößte Fraktion im Landtag will ebenfalls einen Ministerpräsidentenkandidaten aufstellen, wie ihr umstrittener Fraktions- und Parteichef Björn Höcke angekündigt hat. Höcke selbst will aber nicht antreten.

Bei der Abstimmung über die neue Doppelspitze entfielen 80 Stimmen auf die 26 Jahre alte Bohm-Eisenbrandt. Für den 56-jährigen Stengele, der Mitbewerber hatte, gab es 58 Stimmen. Die bisherigen Landessprecher Stephanie Erben und Denis Peisker hatten erklärt, sie wollten einer personellen Erneuerung nicht im Wege stehen.