Kiew/Moskau. Kiew fordert unter dem Druck des russischen Angriffskriegs immer mehr schwere Waffen. Aber nicht nur Deutschland hat Vorbehalte gegen die Abgabe westlicher Flugzeuge. Die wichtigsten News im Überblick.

Die Ukraine stößt mit ihrer Forderung nach Kampfjets nicht nur in Deutschland auf Vorbehalte. Die USA würden keine F-16-Jets liefern, stellte Präsident Joe Biden klar. Bundeskanzler Olaf Scholz warb in Brasilien um Munition für die an Kiew abgegebenen Flugabwehrpanzer Gepard, holte sich aber eine Absage. In Berlin schloss die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann eine Rückkehr zur Wehrpflicht nicht aus.

Russland hatte die Ukraine vor mehr als elf Monaten angegriffen. Moskau meldete neue militärische Erfolge - die vollständige Einnahme des Dorfs Blahodatne im Gebiet Donezk. Der Ort liegt nördlich der derzeit besonders umkämpften Stadt Bachmut.

Die Ukraine fordert vom Westen dringend schwere Waffen, um den Vormarsch der russischen Truppen zu stoppen und besetzte Ortschaften zu befreien. Erst in der Nacht zum Dienstag bekräftigte Präsident Wolodymyr Selenskyj, nötig sei ein vollständiger Sieg über den „russischen Terror“. Wenige Tage nach der deutschen Entscheidung zur Lieferung von Kampfpanzern verlangt Kiew nun unter anderem Kampfjets. Doch hat nicht nur Bundeskanzler Scholz Vorbehalte.

Biden sagt: „Nein“

US-Präsident Biden beantwortete die Frage einer Reporterin „Werden die USA der Ukraine F-16 zur Verfügung stellen?“ in Washington mit „Nein“. Bislang hatte es geheißen, dass die US-Regierung kein bestimmtes Waffensystem ausgeschlossen habe und die Unterstützung nach dem ausrichte, was die Ukraine brauche.

Offener zeigte sich der französische Präsident Emmanuel Macron mit Blick auf Kampfflugzeuge. „Prinzipiell ist nichts verboten“, sagte Macron in Den Haag. Zunächst müsse Kiew eine „offizielle Anfrage“ stellen. Zudem dürften die Waffen nicht eskalierend wirken und keinen russischen Boden berühren, sondern nur zur Abwehr benutzt werden. Auch dürfe die französische Armee nicht geschwächt werden.

Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda plädierte hingegen klar dafür, bisherige „rote Linien“ zu überschreiten. Die von der Ukraine geforderten Kampfflugzeuge und Raketen mit größerer Reichweite seien eine „unverzichtbare militärische Hilfe“. Im Krieg stehe ein Wendepunkt bevor. Es sei „wichtig, dass wir unverzüglich handeln“, sagte der Staatschef dem litauischen Fernsehen.

Scholz in Brasilien

Auf den Weg gebracht hat das US-Militär nach eigenen Angaben die zugesagten 60 Schützenpanzer Bradley für die Ukraine. Frankreich und Australien wollen der Ukraine gemeinsam Artilleriemunition liefern. Deutschland tut sich hingegen schwer, Munition für die bereits an die Ukraine abgegebenen 30 Gepard-Flugabwehrpanzer aufzutreiben. Eine neue Fabrik des Rüstungskonzerns Rheinmetall zur Herstellung dieser Munition in Niedersachsen wird wohl erst im Juni starten.

Brasilien will die Zwischenzeit nicht mit Munition aus Vorräten überbrücken, wie Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei einem Besuch von Kanzler Scholz klarstellte. Lula sagte: „Brasilien ist ein Land des Friedens. Und deswegen will Brasilien keinerlei Beteiligung an diesem Krieg - auch nicht indirekt.“ Stattdessen schlug er eine Friedensinitiative vor und brachte Brasilien und China als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine ins Spiel.

Scholz betonte, dass es keinen Frieden über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben könne. Die Ukraine lehnt Verhandlungen ab, solange die russischen Truppen sich nicht vollständig von ukrainischem Gebiet zurückgezogen haben - inklusive der Krim. Die russische Führung hatte nach der westlichen Entscheidung für Panzerlieferungen ebenfalls Abstand von Friedensverhandlungen genommen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow beklagte am Dienstag in Ägypten eine zunehmende militärische Gefahr in der Ukraine durch die Waffen aus Nato-Staaten.

Wieder Wehrpflicht in Deutschland?

Zur möglichen Reaktivierung der Wehrpflicht in Deutschland sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann der „Süddeutschen Zeitung“: „Grundsätzlich gilt das Ende der Dienstpflicht ausschließlich in Friedenszeiten. Im Spannungs- oder Verteidigungsfall kann sie wieder aktiviert werden.“ Noch vor einem Jahr sei sie strikt dagegen gewesen. Doch findet sie jetzt: „Ein einfaches Ja oder Nein ist zu kurz gesprungen“.

Vor einer Wiedereinführung müsse sich in der Bundeswehr einiges ändern. Kasernen müssten neu gebaut oder erweitert werden, es brauche mehr Ausbilder und militärische Ausrüstung. Zudem müsse die Wehrpflicht auch für Frauen gelten und auf zwölf Monate ausgeweitet werden. Das würde nicht nur sehr viel Zeit kosten, „sondern auch zweistellige Milliardenbeträge, um das System wieder in Gang zu setzen“, sagte Strack-Zimmermann.

In der vergangenen Woche hatte der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 als Fehler bezeichnet. Die Linke sieht die Entscheidung von damals hingegen als zivilisatorischen Fortschritt.