Paris. Frankreich wertet es als Erfolg im Anti-Terrorkampf: Seine Truppen haben in der Sahelzone den Anführer eines IS-Ablegers getötet.

Französische Streitkräfte haben den Chef eines bedeutenden Ablegers der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Westafrika getötet.

Der Anführer des Islamischer Staats in der Sahelzone (ISGS), Adnan Abu Walid al-Sahrawi, sei nach einem Luftangriff im August gestorben, sagte Verteidigungsministerin Florence Parly am Donnerstag. Präsident Emmanuel Macron twitterte bereits in der Nacht: "Dies ist ein weiterer großer Erfolg in unserem Kampf gegen terroristische Gruppen in der Sahelzone."

Der IS-Ableger wird vor allem für Anschläge in den Sahel-Staaten Niger, Burkina Faso und Mali verantwortlich gemacht. Die Sahelzone erstreckt sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer. Hier sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv, einige haben dem IS oder Al-Kaida die Treue geschworen. Parly machte den IS-Ableger für 2000 bis 3000 Tote in der Region seit 2013 verantwortlich.

"Wir verlassen die Sahelzone nicht und setzen den Kampf gegen den Terrorismus fort", kündigte die Verteidigungsministerin an. Ziel sei es zu verhindern, dass der IS und Al-Kaida die Sahelzone als Rückzugsraum nutzten. Frankreich werde seine militärischen Kapazitäten aber der Bedrohungslage anpassen; einen langfristigen Teilrückzug von Truppen hatte Macron bereits im Juli angekündigt.

Frankreich geht auch mit Kampftruppen in der Sahelzone gegen Islamistenmilizen vor. Aktuell sind etwa 5100 Soldaten in Mali und vier weiteren Sahel-Staaten im Einsatz. Die Bundeswehr ist am UN-Stabilisierungseinsatz Minusma und am EU-Ausbildungseinsatz EUTM mit insgesamt etwa 1200 Bundeswehrsoldaten in Mali beteiligt, stellt aber keine Kampftruppen. Die Lage in der Sahelzone sollte am Donnerstagabend auch Thema des Gesprächs Macrons mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Paris sein, wie es aus Elyséekreisen hieß.

Besorgt zeigen sich Frankreich und Deutschland über den möglichen Einsatz von Truppen der russischen Söldnerfirma Wagner in Mali. "Wenn diese Beratungen zu einer effektiven Zusammenarbeit von Mali mit der Firma Wagner führen, wäre dies überhaupt nicht kompatibel mit der Art unseres erfolgreichen Einsatzes", sagte Parly am Donnerstag. Nach Informationen aus Bamako geht es der durch einen Putsch an die Macht gekommenen malischen Führung vor allem um den eigenen Personenschutz.

Die Gewalt in Mali hat derart zugenommen, dass sie nach einem Bericht des UN-Experten für die Menschenrechtslage in Mali, Alioune Tine, die Existenz des Staates gefährdet. Die malischen Streitkräfte haben wegen Übergriffen auf Zivilisten bei Einsätzen auch in Teilen der eigenen Bevölkerung wenig Rückhalt. Tine nannte es in einem Bericht vom August verstörend, dass die Zivilbevölkerung unter der Gewalt des Militärs leide, das sie beschützen solle. Nach Angaben der Internationalen Vereinigung für Menschenrechte FIDH wurden 2020 im Sahel mehr Zivilisten Opfer der Sicherheitskräfte als von terroristischen Anschlägen.

Der Afrika-Analyst der Sicherheitsberatungsfirma Verisk Maplecroft, Alexandre Raymakers, nannte die Ausschaltung Abu Walids einen wichtigen taktischen Erfolg des französischen Anti-Terror-Einsatzes. Es sei aber dennoch unwahrscheinlich, dass dies die Gruppe dauerhaft lahmlegen werde.

Der IS äußerte sich zunächst nicht zum Tod Abu Walids. Dieser gehörte zu den weltweit am meisten gesuchten Terroristen. Die USA hatten auf ihn ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar (etwa 4,2 Millionen Euro) ausgesetzt. Abu Walid stammte aus der Westsahara und gehörte einst zur dortigen Unabhängigkeitsbewegung Polisario. Später schloss er sich dem Terrornetzwerk Al-Kaida an, in deren Reihen er aufstieg. 2015 leistete er dem damaligen Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, den Treueeid. Trotz ähnlicher Ideologie sind Al-Kaida und der IS verfeindet.

Als Kopf des regionalen Ablegers Islamischer Staat in der Groß-Sahara soll Abu Walid für etliche Terrorakte im Grenzgebiet von Mali und Niger verantwortlich sein. So reklamierte die Gruppe eine Angriff für sich, bei dem 2020 sechs Franzosen und zwei Nigrer getötet wurden. Zugeschrieben wird dem IS-Ableger zudem ein Überfall auf nigrische Soldaten im Mai 2019 mit 28 Toten. Er bekannte sich auch zu einem Angriff auf eine amerikanisch-nigrische Patrouille im Jahr 2017. Dabei wurden neun Soldaten getötet, darunter vier Amerikaner.

Die französische Armee hatte bereits Ende Juli zwei führende Mitglieder eines IS-Ablegers in Mali außer Gefecht gesetzt. Kurz zuvor hatte Macron eine Neuausrichtung der französischen Militärpräsenz in der Sahelzone angekündigt. Langfristig solle die Truppenstärke in der Region um mehr als 2000 Soldaten verringert werden.

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